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Luegenprinzessin

Luegenprinzessin

Titel: Luegenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Miedler
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nächsten Stunden Klarheit haben.
    Die ganze Mädeltruppe machte heute einen müden Eindruck. Joe lag auf dem Bauch und tippte träge auf ihrem Handy herum, als wir wieder reinkamen. Die Quaks hatten zwar eine ziemliche Diskussion am Laufen, ich glaube, dabei ging es um Willi, doch so rau der Ton auch war, bei allen dreien klang die Erschöpfung durch.
    Vero flüsterte: »Oh, Mann. Alle drei stehen auf Willi, aber keine will es wirklich zugeben. Bin ich froh, dass wir keine Geheimnisse voreinander haben.«
    Ich fragte mich, ob da ein bisschen Ironie mitschwang. Immerhin teilte sie mit mir das kleine Geheimnis vom Beinahe-Kuss mit Felix, von dem Diana keinen blassen Schimmer hatte. Diana sah mich an. Ich wusste, dass sie an ihr Outing mir gegenüber dachte, unser Geheimnis. Sie jedoch hatte sicher keine Ahnung, was mir sonst noch durch den Kopf ging. Ich hatte so viele kleine Geheimnisse vor meinen Freunden, von denen sie nie erfahren sollten. Doch jetzt hatte ich sogar ein großes. Eines, das mich selbst erschütterte, wenn ich darüber nachdachte. Wie hatte ich das nur tun können?
    Um halb elf waren die Letzten in ihre Schlafsäcke gekrochen. Ich schob die Anfangsschicht und beschloss, die erste Zeit meines Wachdiensts dazu zu nutzen, endlich mein mitgenommenes Buch zu lesen. Agatha Christies Mord nach Maß würde es mir erheblich erleichtern, wach zu bleiben. Außerdem tat es gut, sich zur Abwechslung mal mit den Schwierigkeiten anderer Leute auseinanderzusetzen.
    »Du kannst doch nicht die Taschenlampe einschalten«, zischte Diana leise. »Du musst dich schlafend stellen.«
    »Schon klar«, murrte ich im Flüsterton zurück. »In den ersten zehn Minuten passiert sowieso nichts und länger lese ich auch nicht.«
    Dianas Brummen klang, als würde sie bereits ins Traumland hinübersegeln. Die hatte gut reden! Wie sollte ich die nächsten drei Stunden bloß munter bleiben? Schließlich war ich genauso müde wie alle anderen. Diana, die nach mir dran sein würde, hatte dann immerhin schon drei Stunden geschlafen.
    Ich begann zu lesen, registrierte nebenbei, dass die Quak-Mädels noch miteinander tuschelten, ansonsten vergaß ich alles um mich herum. Das Buch fesselte mich von der ersten Seite an und ich beschloss, die längst abgelaufenen zehn Minuten auf eine halbe Stunde auszudehnen. Die Vorstellung, dass es danach immer noch zweieinhalb Stunden waren, die ich im Schlafsack wach bleiben musste, während alles um mich herum schlief, war übel genug. Auch die Quaks hatten in der Zwischenzeit aufgehört zu quaken. Ich sah vom Buch auf und ließ meinen Blick durchs Zelt schweifen. Vielleicht schlief ja gar nicht alles um mich herum… eine von ihnen wartete womöglich mit geschlossenen Augen darauf, dass ich endlich meine Lampe ausmachte und wegpennte wie die anderen. Bei dem Gedanken schnürte sich mir die Kehle zu. Ich schluckte trocken und versuchte, mich wieder auf das Buch zu konzentrieren.
    Keine Chance. Außerdem sollte ich jetzt wirklich die Taschenlampe ausschalten. Und dann? Ich würde im Finstern liegen, mich fürchten und darauf warten, dass etwas passiert – was auch immer etwas war. Und falls dieses etwas passierte? Was sollte ich dann tun? Darüber hatten wir nicht gesprochen.
    Du führst dich wie ein Baby auf, schimpfte ich mich im Stillen. Wenn was passiert, dann schreist du einfach und schaltest die Lampe ein. Ich atmete aus, betont langsam, um mich zu beruhigen, dann legte ich das Buch zur Seite und knipste das Licht aus.
    Jetzt war es stockdunkel. Ich wartete darauf, dass meine Augen sich daran gewöhnten, aber auch nach einer geschätzten Minute sah ich kaum etwas. Trotz Brille. Ha, wenn die Psychofrau doch jemand Fremder war, dann sollte der Horror-Anblick meiner Brille genügen, um ihn in die Flucht zu schlagen. Auch wenn David sie angeblich sexy fand. Ein nervöses Kieksen entfuhr mir. Und dann noch eines. Bitte kein hysterischer Lachanfall, bitte nicht jetzt. Ich legte die Hände auf den Mund und kicherte.
    »Ruhe!«
    Ich fuhr entsetzt zusammen und war augenblicklich stumm. Wie ein Stock lag ich da, nur mein Herz klopfte wie verrückt. Scheiße, wie peinlich. Dabei wusste ich nicht mal, welches der Mädchen so laut »Ruhe« gezischt hatte.
    Wirklich, ein toller Wachdienst bist du, Mia. Das Lachen war mir wenigstens gründlich vergangen und mein Herz beruhigte sich auch allmählich. Ich aktivierte die Leuchtanzeige meiner Armbanduhr. Im Schlafsack, damit es niemand sah. Shit, gerade mal elf

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