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Luegensommer

Titel: Luegensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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Studienanfängerin. Sie schaut ja nicht mal Krimis im Fernsehen. Doch entschieden ist entschieden, es gibt kein Zurück.
    Sie klopft. Nichts regt sich. Entweder sind Zoés Eltern nicht da oder sie haben Marit bereits gesehen. Die Bauernkate ist von flachen, duftenden Wiesen umgeben. Man sieht von Weitem, ob sich jemand nähert – und wer.
    Minuten verstreichen. Warmer Wind. Es wäre unhöflich, auf die Tür einzutrommeln. Also betrachtet sie die Kunstobjekte aus Holz und verrostetem Stahl, die im Vorgarten zwischen blühenden Dahlien, vertrockneten Stockrosen und Unkraut der Verwitterung preisgegeben sind. Manche der Holzskulpturen erinnern sie an Galionsfiguren von Segelschiffen, ganz okay, wie Marit findet, die merkwürdigen Stahlkonstrukte hingegen könnten in ihren Augen genauso gut Sperrmüll sein. Oder Weltkriegstrümmer. Sie versteht nichts davon.
    Je länger Marit warten muss, desto mehr sinkt ihr ohnehin schon kläglicher Mut. Einerseits kommt es ihr absurd vor, ungefragt bei Zoés Leuten hereinzuschneien, um ihre Suche nach der Wahrheit mit einer höflichen Bitte um Einlass zu beginnen. Andererseits: Was sollte sie sonst tun? Sie ist nun mal keine Polizistin, die mit einem Durchsuchungsbefehl herumwedeln könnte, und eine bessere Idee, als Zoés Umfeld systematisch abzuklappern, hat sie nicht.
    Im Haus bleibt alles still. Typisch, dass diese Leute keine Klingel besitzen, man könnte sie ja sonst für bürgerlich halten, was für einen Künstlerhaushalt natürlich tabu ist. Zoé hat sich ständig darüber lustig gemacht.
    Jetzt reicht es. Marit ballt die Rechte zur Faust und klopft nochmals gegen die Tür, diesmal ziemlich kräftig und ausdauernd. Die Belohnung für so viel Schneid lässt nicht lange auf sich warten: Schritte, endlich.
    »Bitte lass es nicht Rena sein«, murmelt Marit.
    Die Haustür wird geöffnet und vor ihr steht Zoés Vater, sprachlos vor Überraschung.
    Glück gehabt. Marit gibt sich keinen Illusionen hin: Bei Zoés Mutter hätte sie keine Chance gehabt. Die will Ansgar im Gefängnis sehen und misstraut mit Sicherheit seiner gesamten Familie. Auch Hardy Jespersen macht nicht gerade einen offenherzigen Eindruck, jagt sie aber immerhin nicht sofort zum Teufel.
    »Marit?«, fragt er zögerlich, als wäre er sich unsicher, ob sie wirklich so heißt. »Was willst du denn hier?«
    Sie setzt auf den Überraschungseffekt, lügt frei Schnauze drauflos: »Es tut mir leid, wenn ich störe, ich würde gern ein paar Sachen abholen, die ich Zoé geborgt hatte. Könnte ich mal kurz in ihr Zimmer?« Marit ist klar, wie pietätlos das wirken muss, so kurz nach Zoés Tod, doch ein besserer Vorwand ist ihr nicht eingefallen.
    »Was denn für Sachen?«
    Auf die Frage ist Marit gefasst. »Bücher, Schulsachen, ein Füller. So Zeug halt.«
    Jespersen reibt sich mit beiden Händen über das Gesicht, die Augen schon wieder gefährlich feucht. Anscheinend reicht allein Marits Anblick, ihn in Tränen ausbrechen zu lassen, oder er heult ohnehin den ganzen Tag, von Trauer überwältigt. Marit verspürt die vertraute Mischung aus Mitleid, Machtlosigkeit und Missfallen in sich aufsteigen. Diesmal wird sie nicht versuchen, Zoés Vater zu trösten.
    »Herrgott«, sagt Jespersen und reißt sich am Riemen. »Das brauchst du jetzt, mitten in den Ferien?«
    Auch mit dieser Frage war zu rechnen, und weil es darauf keine schlüssige Antwort gibt, belässt es Marit bei einem kaum merklichen Schulterzucken.
    »Ich könnte dir die Sachen eben holen. Wie heißen die Bücher denn?«
    Marit nennt drei Titel, von denen sie weiß, dass sie in Ansgars Klasse durchgenommen wurden, und fügt dann hinzu: »Mein Füller ist ziemlich auffällig. Rot und lila mit goldenem Blumendekor.«
    Jespersen kratzt sich am Hinterkopf. Während er versucht, eine Entscheidung zu treffen, bleibt Marits Blick an seinem braunen FC-St.-Pauli-T-Shirt mit dem Totenkopf hängen, das fleckig ist und ihm nicht richtig passt, über dem fetten Bauch spannt der Stoff, dass der Nabel sich abzeichnet. Schweißränder unter den Achseln. Dazu trägt er ausgebeulte Shorts. Keine Schuhe. Dieser Mann ist auf eine ziemlich unappetitliche Weise am Ende.
    »Und dann müssten da auch noch ein paar Hefte sein«, drängt Marit, um die Sache hinter sich zu bringen. »Also, was ist?«
    »Am besten, du suchst dir die Sachen wirklich selbst zusammen«, sagt Jespersen mit einem tiefen Seufzer und tritt einen Schritt zur Seite.
    Drinnen ist es dunkel, trotz des Sonnenscheins

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