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Luegensommer

Titel: Luegensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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Schreibtisch gelandet ist, überreicht von Ihrer Busenfreundin bei der Lokalzeitung, die mich mit einer Geschichte von einem anonymen Informanten zu Tode gelangweilt hat.«
    Marit muss lächeln und entschuldigt sich in Gedanken bei Helene, weil sie ihr Verrat unterstellt hat. Geht doch nichts über Teamwork.
    »Was passiert jetzt mit der Tasche beziehungsweise mit deren Inhalt?«, fragt sie, geneigt, nichts zuzugeben, bevor es ihr nicht zweifelsfrei nachgewiesen wurde. Grischa kann vieles behaupten.
    »Darum kümmern wir uns.«
    Was aus Marits Sicht alles Mögliche bedeuten kann, kriminaltechnische Untersuchung, Rückgabe an den Eigentümer, Formulierung eines Aktenvermerks fürs Protokoll, aber sie wagt nicht nachzuhaken.
    »Sie können sich auf eine Anzeige gefasst machen«, sagt Birte Varnhorn, erweckt jedoch nicht den Eindruck, als wäre sie darüber sonderlich erfreut. Eher genervt. »Wir sprechen uns noch.«
    Nach dem Telefonat hat Marit noch weniger Lust auf Ella und George Clooney und Holunder-Bionade. Noch vor einem Monat hätte die Aussicht, ernsthafte Schwierigkeiten mit dem Gesetz zu bekommen, sie in Panik zu ihren Eltern stürzen lassen. Jetzt geht sie zum Bierwagen und bestellt ein Astra. Sie probiert es zumindest. Im Gedränge hat sie Mühe, sich Gehör zu verschaffen. Hinter dem Tresen vier junge Leute, die mit den Bestellungen nicht nachkommen, da sie sich bei jedem Handgriff gegenseitig behindern, garantiert Aushilfen. Es wäre paranoid, ihnen Absicht zu unterstellen, sie kommen nicht aus demselben Dorf, und die Veranstaltungen auf der Elbfestung haben Zulauf von weit her. Trotzdem: Der Typ mit dem Ziegenbärtchen ist lange nach Marit gekommen und balanciert bereits vier randvolle Becher ihrem Bestimmungsort entgegen.
    Nachdem auch Marit endlich im Besitz eines 0 , 5 -Liter-Bechers schlecht gezapften Biers ist, entdeckt sie Franka an einem Stehtisch in der Nähe. Ihre beste Freundin. Bald werden sie sich nur noch via Skype sehen – Zufälle wie diesen wird es dann nicht mehr geben. Höchste Zeit für eine Aussöhnung.
    »Marit, meine Perle. Die Sonne geht auf.« Franka nuschelt ein wenig und ihr Lächeln geht um Haaresbreite an Marit vorbei, wirkt aber aufrichtig erfreut. Offenbar ist die Freundin ihr einige Bierchen voraus. Das kann sich ja ändern.
    »Prost.«
    »Prost.«
    Marit trinkt, während Franka formvollendet einen leeren Becher in der Luft schwenkt und anschließend ihren Nebenmann, einen unscheinbaren Typen, zum Nachschubholen schickt.
    »Hast du den angesehen? Das ist der Tommy. Ist der nicht süß mit seinen Grübchen?«
    Schulterzucken.
    »Den hab ich heute am Strand kennengelernt. Stell dir vor, der fährt ehrenamtlich Rettungswagen. Fürs Rote Kreuz oder so. Können auch die Johanniter sein. Cool, oder?«
    »Seit wann findest du denn Sanis cool?«, fragt Marit, da Franka für soziales Engagement normalerweise ungefähr so viel übrighat wie für Lieder von Rolf Zuckowski.
    »Seit dem vierten Jägermeister.«
    Sie sehen sich an, müssen beide lachen, und das fühlt sich gut und richtig an. Vertrautes Terrain. Einmal Blinzeln und ruckzuck ist ihr Lachen wie ein Zelt, in das sie sich verkriechen können. Marit merkt, dass das Bier bereits wirkt, und nimmt gleich den nächsten großen Schluck.
    Als Frankas Strandbekanntschaft mit dem Getränke-Nachschub zurückkommt, ist Marits Becher leer und sie stürzt sich auf den zweiten. Anschließend gibt es Jägermeister aus Miniflaschen. Sie stoßen zu dritt damit an, dann starren Franka und sie schweigend auf den Film, wo Salma Hayek gerade zur Musik von Tito & Tarantula mit einer ekligen gelben Würgeschlange um den Hals auf die Gecko-Brüder und ihre Geiseln zutanzt. Wieso finden bloß so viele Leute diese Biester in Kombination mit schönen Frauen erotisch? Marit hasst Schlangen und ihr Puls rast wie bei einer echten Gefahr. Dass Quentin Tarantino sich von Hayek den halben Fuß in den Mund stopfen lässt und dabei anscheinend auch noch Lust empfindet, ist hingegen einfach nur lustig. Das Lied ist das Beste. Sie wippt im Takt, genießt die Wirkung des Alkohols.
    Unterdessen hat Tommy nur Augen für Franka und weiß vor Nervosität nicht, wohin mit seinen Händen, wie Marit aus dem Augenwinkel bemerkt. Der Ärmste ist eindeutig verknallt. Wenn der wüsste, dass Franka schon fast auf dem Weg nach Australien ist. Anfangs tut er Marit leid, weil er sich vergebens abmüht, doch nach dem dritten Bier und dem zweiten Jägermeister ist ihr so

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