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Luegensommer

Titel: Luegensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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ziemlich alles egal.
    Über ihnen die Sterne. Von der Festungsmauer hat man jetzt einen tollen Blick aufs nachtschwarze Wasser und die Leuchttürme am Elbufer. Doch irgendwie ist sie an solchen Nächten in diesem Juli nie mit Jan zusammen. Hoffentlich verziehen sich Franka und Tommy nicht zum Knutschen.
    Clooney rammt einem Vampir nach dem anderen Gegenstände durch die Brust und muss selbst kaum was einstecken. Die Vampire sind echt hässlich. Blut, Blut, Jägermeister. Die Musik schwillt an, wird lauter und lauter, bis sie genauso klingt wie ein Güterzug – das Rumpeln der Waggons, das Pfeifen der Lok, das Kreischen der Bremsen. Von innen sägt etwas an ihrer Kopfhaut.
    »Harten Tag gehabt, was?«, ruft Franka.
    Marit nickt und denkt, dass er eigentlich schon begonnen hat, als in ihrem Elternhaus die Scheiben zu Bruch gingen, worüber Franka bestimmt Bescheid weiß. Was dann alles passiert ist: bei Zoés Eltern, beim Bäcker, im Freihafen – sie kann sich nicht erinnern, jemals so viel in so kurzer Zeit erlebt zu haben. Es kommt ihr unrealistisch vor, ihrer Fantasie entsprungen, weil sie zu lange in der Sonne gelegen hat. Aber sie braucht nur auf das Brennen an ihren zerkratzten Beinen zu achten, um zu wissen, woran sie ist.
    »Das war der längste Tag meines Lebens.«
    »Und er ist noch nicht zu Ende«, entgegnet die Freundin und deutet mit einer schnellen Kopfbewegung zur Seite. Jan kommt auf sie zu, zielstrebig, da er sie bereits entdeckt hat, seine steife Körperhaltung und der verkniffene Mund signalisieren, wie er darum kämpft, nicht die Beherrschung zu verlieren, denn er ist stocksauer. So erlebt Marit ihn zum Glück nur selten, und wenn, hat es immer irgendetwas mit seiner Mutter, mit Geld oder mit Alkohol zu tun.
    »Hier steckst du also.« Sein Blick gleitet über die leeren Bierbecher und Schnapsfläschchen vor ihnen auf dem runden Stehtisch, konzentriert, als würde er sie zählen.
    »Hey, Janni, auch hier? Wie nett«, flötet Franka, um Beschwichtigung bemüht, was eher nach hinten losgehen dürfte, seiner Miene nach zu urteilen. Doch Franka hat keinen Bock auf Ärger und legt sich weiter ins Zeug, indem sie Jan einen Jägermeister aufnötigt, um auf Australien anzustoßen. Der Vorrat stammt aus ihrer weiten Wildlederhandtasche und ist scheinbar unerschöpflich. Sie kann wirklich sehr zwingend sein. Marit findet das bewundernswert.
    Nachdem er getrunken hat, wendet Jan sich an Marit: »Warum hast du uns nicht kurz Bescheid gesagt, dass du mit Franka hier bist? Meine Mutter macht sich die ganze Zeit Sorgen, uns den Abend verdorben zu haben.«
    Hat sie ja auch, denkt Marit, behält es aber für sich.
    »Ihr habt deine Mutter im Schlepptau?«, fragt Tommy, der Rettungssanitäter, und schüttelt den Kopf. »Wie romantisch.«
    Jans Blick ist vernichtend. »Wer bist du denn?«
    »Jan, das ist Tommy«, sagt Franka.
    »Tommy, Jan. Er gehört zu Marit. Übrigens: Tommy fährt Rettungswagen beim Roten Kreuz. Mit Blaulicht und so. Noch einen Kurzen?«, setzt Franka weiterhin auf Konversation und Alkohol.
    Jan antwortet nicht, er sieht aus, als wolle er sich liebend gern mit Tommy prügeln.
    Der sagt: » ASB .«
    »Was?«, fragt Marit. Irgendwie glaubt sie ihm die Geschichte mit dem Rettungswagen nicht, weil er viel zu jung aussieht für so einen Job, doch das spielt hier und jetzt nun wirklich keine Rolle.
    »Ich bin beim Arbeiter-Samariter-Bund. Nicht beim Roten Kreuz, das sind Idioten.«
    »Noch besser«, sagt Franka und grinst ihrer Freundin zu, worauf Marit gleich den nächsten Lachkrampf bekommt und sich alles um sie herum zu drehen beginnt. Kein allzu unangenehmes Gefühl.
    Jan hat genug. Er packt sie am Oberarm, will gehen. »Welche Becher sind deine?«
    »Wieso?«
    »Na, wegen des Pfands.«
    »Oh Janni, du bist echt so ein Sparfuchs«, sagt Franka, die Aussprache inzwischen reichlich verwaschen. »Kannst alle Becher haben, aber deine Freundin hat natürlich nur ein klitzekleines Bier getrunken. Wenn überhaupt.«
    »Los jetzt«, zischt Jan. »Ich fahre dich in deinem Wagen nach Hause, dann komme ich zurück und hole meine Mutter.« Sein Griff an ihrem Arm unerbittlich.
    »Das ist die beste Idee, die du je hattest«, sagt Marit und merkt, dass sie auch nicht mehr ganz nüchtern klingt.
    Während auf der Leinwand die letzten Vampire vom Sonnenlicht pulverisiert werden, macht sie sich von Jan los, um ihre Freundin zum Abschied umarmen zu können. Dabei geraten sie beide bedrohlich ins Schwanken, worüber

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