Luegst du noch oder liebst du schon Roman
are the champions«, was ich als Zeichen werte und lauthals mitsinge. Ich lasse die alten Gemäuer der Speicherstadt hinter mir und nehme Kurs auf Eimsbüttel. Yes! Freddie Mercury und ich sind uns einig - man sollte sich niemals unterkriegen lassen!
Während der Fahrt fällt mir ein, dass es gegenüber der Buchhandlung ein portugiesisches Café gibt, das laut Qype gigantisch gute Natas machen soll, die ich jetzt zu testen gedenke, weil ich mir etwas Gutes tun will. Meter
für Meter steigt meine Laune wieder. Und passend dazu finde ich sogar einen Parkplatz direkt vor dem Café Raio Solar, was auf Deutsch Sonnenstrahl bedeutet, wenn mich meine Sprachkenntnisse aus dem Algarve-Urlaub nicht täuschen. Neugierig betrete ich das helle, freundliche Café, hinter dessen Tresen eine relativ kleine, glutäugige Frau steht und gerade die Auslage mit Dessertspezialitäten bestückt. Ich sehe mit Freude, dass es hier neben der Nata-Standardgröße auch Vanilletörtchen im Mini-Format gibt. Gut zu wissen, falls ich mal wieder eine Party gebe.
Das Café ist gut besucht, der obligatorische Fernseher an der Wand murmelt leise und wirft bunte Bilder in den Raum. Natürlich läuft der Sportkanal.
Während ich einen großen Galão zum Mitnehmen ordere, schnappe ich einen Gesprächsfetzen auf, der sofort meine Aufmerksamkeit weckt: »Vielleicht solltest du dir einen reichen Macker angeln?«, schlägt der Mann hinter mir seiner Tischnachbarin vor. Keine Frage, dass ich mich augenblicklich umdrehe, um sie ins Visier zu nehmen.
Der Dame scheint der Vorschlag furchtbar unangenehm zu sein, denn sie widmet sich ihrem Kuchen, als sei dieser ihr neuer bester Freund oder die erste Nahrung nach einem Monat Nulldiät.
Mein Blick gleitet kurz über ihre schmalen Hände, die die Gabel äußerst graziös halten. Es gibt nicht viele Frauen, denen ich gern beim Essen zusehe, aber diese hat etwas. Dabei ist sie kein klassischer Eye-Catcher, eher eine Frau auf den zweiten Blick. Der mir allerdings
nur kurz vergönnt ist, denn schließlich habe ich bereits gezahlt.
Ich steuere auf den Ausgang mit der großen Fensterfront zu. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite knutscht ein verliebtes Pärchen, an dem ich wohl vorbeimuss, wenn ich in die Krimibuchhandlung will. Doch die Ladentür ist seltsamerweise geschlossen.
Ich gehe ins Café zurück.
»Wissen Sie zufällig, wann die Krimibuchhandlung gegenüber öffnet?«, frage ich den Dunkelhaarigen, der am Tisch der Frau-auf-den-zweiten-Blick sitzt. Er verneint, und für den Bruchteil einer Sekunde kreuzt mein Blick sich mit dem der Dame. Ich schaue in ein Paar graublaue Augen und auf einen erotischen Mund, wenngleich ein herber Zug um ihre Lippen liegt. Ich grüße in die Runde und verlasse das Café mit dem dummen Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben.
Wenig später lasse ich mich auf meine Couch fallen. Ausnahmsweise ist mir heute gar nicht danach zumute, auszugehen und Party zu machen. Ich war schon Montag und Dienstag auf Achse und könnte heute gut einen extreme-couching- Abend vertragen und mir Stirb langsam 1-4 in einem Rutsch ansehen. Bruce Willis, eine schöne Flasche Rotwein und Steinofenpizza zum Aufbacken, das wäre jetzt perfekt!
Doch es nützt nichts, Dominic und Carla warten auf mich. Außerdem habe ich Baby Allegra, Maria und vor allem meinen erklärten Liebling Lucia schon ein paar Wochen nicht mehr gesehen. Lucia hat sich sogar schon
ein paarmal lautstark bei ihrem Vater darüber beklagt, Onkel Oliver ließe sich gar nicht mehr bei ihr blicken.
Ich gebe zu, dass ich nicht besonders auf das Wort Onkel stehe (es macht unnötig alt), aber ich bin eben ihr Patenonkel. Wie also sollte sie mich mit ihren sechs Jahren sonst nennen?
Über dem Gedanken an mein Patenkind muss ich wohl eingeschlafen sein, denn ich erwache irgendwann vom Klingeln des Telefons. Carla ist am Apparat.
»Die Kinder müssen gleich ins Bett, und Lucia hat sich schon den ganzen Tag auf dich gefreut«, sagt sie so vorwurfsvoll, als seien wir verheiratet. Angesichts der Tatsache, dass es tatsächlich schon halb acht ist, erspare ich mir einen bissigen Kommentar. Ein wenig benommen springe ich unter die Dusche, versuche, wach zu werden und den Traum abzuschütteln, in dem eine gewisse Patricia Hardeland eine nicht unmaßgebliche Rolle gespielt hat.
Wie Burleske-Queen Dita von Teese rekelte sie sich in einem Cocktailglas, in der Hand eine Peitsche, die sie in meine Richtung schwang und kurz vor meinem Gesicht
Weitere Kostenlose Bücher