Luftschlösser
rastlos in seinem Wohnzimmer auf und ab, hielt das Telefon an sein Ohr gepresst und versuchte, durch Gedankenübertragung ein Freizeichen herbeizuführen. Es half nichts - Persephone hatte ihr Telefon seit Tagen nicht angeschaltet.
Er wählte die Nummer des Büros und wartete auf Trishs Begrüßung.
„Hallo, Trish. Ich versuche seit über einer Woche, Persephone zu erreichen. Kannst du sie mir bitte ans Telefon holen?” Charles war ungeduldig und klang auch so.
„Ähm, tut mir leid, Charles. Perry ist nicht da.”
Er stutzte. Trish klang ungewöhnlich zerknirscht. Sollte das heißen, dass sie ihren Boss verleugnete?
„Wo ist sie? Ich muss unbedingt mit ihr sprechen. Bitte, Trish! Es ist wichtig.” Inzwischen hatte er sich kaum noch unter Kontrolle.
Die Sekretärin seufzte mitleidig. „Sie musste weg, Charles. Ich kann nicht sagen, wann sie wiederkommt.”
„Ein neuer Auftrag?”
„Ich schätze schon. Mir sagt ja hier keiner was”, gab Trish etwas verschnupft zurück.
Charles ließ resigniert den Kopf hängen. „Okay, dann versuche ich es in ein paar Tagen noch mal. Danke, Trish.” Er konnte es nicht fassen. Persephone war vor ihm direkt zu einem neuen Auftrag geflüchtet.
Er hatte es wieder und wieder versucht, hatte Persephones Nummer gewählt und sie nicht erreicht. Hatte im Büro angerufen und immer nur Trish an die Strippe bekommen. Charles bekam Sephi einfach nicht zu fassen. Auf der Suche nach ihr hatte er sich sogar in der Stadt umgehört, um von Bekannten zu erfahren, ob irgendwer gerade einen Auftrag an Miss deWinter vergeben hatte. Nichts. Weit und breit keine Spur von Persephone.
Erst Mitte Oktober, eine gute Woche, bevor er seinen neuen Job antreten sollte, erhielt er ein Lebenszeichen von ihr. Na ja, kein richtiges Lebenszeichen, aber etwas, das dem recht nahe kam. Eine vornehme Einladung des Buchverlags bat Mr Charles Manning, bei der Vorstellung des Bildbandes „A Beach House in New York City” anwesend zu sein. Man würde sich besonders freuen, den Eigentümer des im Buch behandelten Apartments zu den Gästen zählen zu dürfen. Selbstverständlich würde Charles der Veranstaltung einen Besuch abstatten! Immerhin konnte Sephi bei diesem Ereignis nicht durch Abwesenheit glänzen. Er würde also endlich seine Chance zu einer Aussprache bekommen.
***
„Charles, hast du mir zugehört? Sind diese Konditionen für dich in Ordnung?” Jameson Fenwick musterte sein Gegenüber skeptisch. Hatte er gerade eben eine Viertelstunde lang ins Leere geredet?
„Was? Hm, ja, alles in Ordnung. Hatten wir ja sowieso schon besprochen”, antwortete Charles abwesend. Er hatte keine Ahnung, wovon sein Kumpel und neuer Boss gerade so ausschweifend erzählt hatte.
Fenwick beugte sich vornüber und senkte die Stimme zu einem vertraulichen Flüstern. „Du bist mit den Gedanken ganz weit weg, Charly, richtig? Geht’s dabei um eine Frau?”
Diese Vermutung brachte Charles dazu, sich wieder zu sammeln. „Nein, das ist es nicht, Jim. Ich habe für heute Nachmittag eine Einladung und noch keinen Schimmer, was ich anziehen soll. Wenn ich nicht ganz falsch liege, soll ich dort den Ehrengast abgeben.” Bei Frauen funktionierte die ‘Ich-habe-nichts-anzuziehen’-Ausrede immer. Bei Jameson Fenwick offenbar nicht, denn er hatte seine Stirn immer noch in Falten gelegt und wartete auf eine ehrliche Antwort.
„Du willst mich auf den Arm nehmen! Wenn ein Mann stundenlang abwesend in die Luft starrt, hat das fast immer mit einer Frau zu tun. Oder mit einem anderen Mann. Wenn du in Kanada deine sexuellen Vorlieben nicht geändert hast, kann es sich folglich nur um eine Lady handeln. Raus mit der Sprache, Charly!”
Sollte er darauf aufrichtig antworten? Charles ging kurz in sich. Seit ihrem gemeinsamen Studium hatte er Jameson vielleicht fünf Mal gesehen, immer in großen Abständen, bis er ihm vor ein paar Monaten den Job in seiner PR-Agentur angeboten hatte. Andererseits konnte es nicht schaden, die Meinung eines außenstehenden Zuhörers einzuholen. Die hatten ja für gewöhnlich einen unverstellten Blick auf die Dinge.
Er atmete einmal tief ein und wieder aus. „Hattest du schon einmal das Gefühl, an einer Trennung kaputt zu gehen?”
Fenwick kniff kurz die Augen zusammen und dachte nach. „Nein, noch nie. Wenn mir mein Mann jemals abhauen sollte, könnte das aber durchaus passieren.”
„Mir ging’s bisher auch noch nie so. Diesmal ist es anders. Seit über einer Woche versuche
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