Lukas und die gestohlene Weihnacht
gleich Jesus retten?“
„Schritt für Schritt, Lukas. Die Bräuche bringen dich erst zu ihm.“
„Aber was bringt es, wenn ich doch bisher jeden Brauch an den dunklen Mann verloren habe?“
„Es reicht ein einziges Mal zu gewinnen, Lukas, dann, wenn du es zum allerletzten Male versuchst.“
„Kommst du nicht mit?“
„Lukas, hier trennen sich unsere Wege. Von nun an bist du wieder alleine. Ich kann dir nicht mehr helfen.“
„Wieso denn nicht?“
„Du, Lukas, bist der, der hilft.“
Gabriel war verschwunden. Lukas ging aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. Im Wohnzimmer saß Rebekka. Sie war ganz in schwarz gekleidet und trug Handschuhe ohne Finger. Maria hatte ihre Lesebrille nach vorn auf die Nase geschoben und studierte die Zeitung. Lukas zog die Jacke an. Die Schneekugel steckte er ein.
„Ich geh noch kurz weg.“
„Bleib ruhig länger weg “, neckte ihn Rebekka. Doch sie zwinkerte ihm zu. Lukas sah sie an und hätte ihr am liebsten alles gesagt. Maria murmelte ohne aufzusehen:
„Rebekka, sei nicht so unfreundlich zu deinem Bruder. Und du, komm nicht so spät nach Hause.“
„Ja, Mama “, antwortete er.
Lukas wusste nicht, ob er Mama und Rebekka jemals wieder sehen würde. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch und ging die Straße hinab. Er spürte, wie die Kugel in der Jackentasche wärmer wurde. Es war wieder soweit. Er nahm sie heraus und schaute in ihr Inneres. Was war das? Ein Brot?
„Hey, was hast du da?“
Lukas schaute erschrocken auf. Vor ihm hatten sich drei halbstarke Jugendliche aufgebaut. Der, der ihn angesprochen hatte, trug eine schwarze Lederjacke und kaute auf einem Kaugummi. Mit der einen Hand fuhr er sich mit einem Kamm seine gegelten Haare nach hinten, mit der anderen Hand strich er sie hinterher glatt.
„Gib her, was da so leuchtet! Hey, grins nicht so, Opfer! Willst du Schläge?“
Doch Lukas begann sich in Raum und Zeit aufzulösen. Die drei Jugendlichen zuckten zusammen und der Anführer verschluckte seinen Kaugummi vor Schreck. Er hustete und die andern beiden lachten ihn aus.
„Hört auf zu lachen, ihr Spacken! Was war das?“
„Sorry, aber das war zu komisch!“
„Wollt ihr euch ein wenig Geld verdienen?“, sagte da der dunkle Mann zu ihnen.
„Wer bist du denn, Opi?“, fragte ihr Anführer.
„Ihr braucht nichts weiter zu tun, als diesen Jungen von eben für mich zu fangen und ihn mir zu überbringen. Schafft ihr das?“
„Wieso sollten wir das tun?“
„Weil für jeden von euch 1000 Euro drin wären.“
„Wenn dir das 1000 Lappen wert ist, dann zahlst du auch 2000, Alterchen.“
„So sei es denn. Deine Hand zur Besiegelung dieses Paktes. Gut so, du stehst mit deiner Seele für das Bringen des Jungen ein.“
„Hey, chill’ mal, klar, Opa?” Doch Frank, der Anführer sah in den rabenschwarzen Augen des dunklen Mannes, dass er besser seinen Teil des Vertrages erfüllte.
„Hier, nehmt diese Schneekugel. Sie wird euch in seine Nähe bringen.“
„Was ist das für’n abgefuckter krasser Scheiß?“
„In meiner Gegenwart redest du nur noch, wenn ich dich dazu auffordere, klar.“ Der dunkle Mann sah Frank eindringlich an.
„Ja, in Ordnung “, fügte er sich.
„Hey Frank “, mischte sich Bernd, einer seiner Begleiter ein, „Ich muss eigentlich dann gehen, tut mir leid.“
„Du kommst mit oder ich mach dich platt, Bernd! Klar?“
Sowohl Bernd, als auch Ralph, der dritte der Jugendlichen, fügten sich ihrem Anführer Frank. Sie nahmen die Kugel. Sie war ganz schwarz und kalt. Dann begann auch sie zu leuchten.
„Wohin sollen wir ihn bringen, wenn wir ihn finden?“, fragte Frank.
„Ich werde da sein“, antwortete der dunkle Mann.
Frank, Bernd und Ralph lösten sich im Leuchten der Schneekugel auf.
Lukas sah noch einen Augenblick in den blauen Himmel, ehe er sich auf den Weg machte. Es war kalt, aber die Sonne schien. Er lächelte noch immer. Fast hätten ihn diese Jugendlichen aufgemischt. Sicher hätten sie ihm die Schneekugel abgenommen, obwohl sie keine Ahnung hatten, was sie bedeutete und wozu sie da war. Und bestimmt hätten sie ihn dann eben aufgemischt und abgezogen , wie Rebekka es immer bezeichnete, wenn sie davon sprach, dass jemand verprügelt und bestohlen wurde.
Er folgte dem schneebedeckten Weg in die nächste Stadt. Nach einer halben Stunde kam er an. Die Stadtwache sah aus wie aus einem alten Ritterfilm, fand Lukas. Er vermutete, dass er sich im Mittelalter befand. Nur welches
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