Lukes Verwandlung (German Edition)
Ranchhaus ein und aus gehen wie es ihm passte. Denn die Möglichkeit, dass jemand dabei auf Melissa traf, die das Baby stillte, hatte sich Luke mit einem kurzen Blick gezeigt.
Eine so häusliche und intime Szene stand keinem seiner Männer zu. Denn das war seine Frau und sein Sohn, und nur er hatte ein Recht, dabei zu sein. Nicht dass er schon so ein enges Verhältnis zu dem Mädchen aufgebaut hätte, dass sie seine Anwesenheit hinnehmen würde. Aber in naher Zukunft hoffte er doch, dass er in solche Dinge mit einbezogen wurde.
Da es noch nicht so weit war, ließ Luke die Habseligkeiten seiner kleinen Familie von Benson auf der breiten Veranda abladen. Er würde ein wenig warten, bis er sein Haus betrat, und zwar alleine. Darum war er auch froh, dass sich Benson einer anderen Aufgabe widmete.
Luke hatte keine Ahnung, wie lange man dafür brauchte, um ein Baby zu stillen. Er kannte sich mit Rinden aus, wusste aber nicht, wie diese Dinge bei Menschen abliefen. Ging die Sache schnell oder brauchte so ein kleines hilfloses Wesen länger, um seine Mahlzeit einzunehmen, da es auf Unterstützung angewiesen war?
Eine gute halbe Stunde gab Luke der jungen Frau Zeit, das zu erledigen, was auch immer mit der Fütterung eines Babys zu tun hatte. Dann betrat er sein Haus mit der Zuversicht, nicht noch einmal in so eine Szene zu platzen. Allerdings hielt er sich nur an diese Zuversicht, denn er würde ganz gewiss nicht damit beginnen, an seine eigene Tür zu klopfen. Und da er annahm, dass die kleine Miss von seinem vorherigen Eindringen nichts mitbekommen hatte, schob er den Gedanken auch einfach von sich.
„Entschuldigen Sie. Ich wollte Sie nicht aus Ihrem eigenen Heim vertreiben, aber Johnny hatte Hunger nach der langen Fahrt.“
Die roten Wangen zeigten, dass Melissa verlegen war, und das sie bemerkt hatte, dass es nicht sein erster Anlauf war, sein Haus zu betreten. Aber Luke ging über die Bemerkung einfach hinweg. Sie musste sich um das Baby kümmern, und das würde eindeutig Priorität vor ihrer Verlegenheit haben. Damit konnte Luke umgehen. Auch wenn es ihn amüsierte. Wusste sie nicht, dass ihr langes Haar sie vor seinen Blicken verborgen hatte? Er hatte nicht vor, sie über diese Tatsache aufzuklären. Das was jetzt wichtig war bezog sich auf einen anderen Aspekt ihrer Begegnung.
„Ich werde mich in den nächsten Tagen darum kümmern, dass der Prediger aus Little Creek unsere Vermählung durchführt“, wollte Luke lieber eine andere Sache zum Abschluss bringen. „Wenn du nicht damit einverstanden bist, und lieber abreisen willst, werde ich dir einen Wagen zur Verfügung stellen, der dich zurück nach Grahamswill bringt. Wenn du zustimmst, wirst du mich ab sofort mit Luke ansprechen.“
Die Frage klang so nüchtern und bar jeder Romantik. Aber etwas anderes hatte Melissa auch nicht erwartet. Trotzdem hatte sie noch eine Frage, bevor sie die Entscheidung, die sie getroffen hatte aussprach.
„Ich werde Sie Luke nennen, wenn Sie mir sagen, wie das Baby Sie nennen darf.“
Ihre Zustimmung hing nicht von dieser Antwort ab, sie sollte Melissa nur helfen, mit dem weiteren Verlauf ihrer Zukunft umzugehen.
So etwas wie Spott oder vielleicht doch Zufriedenheit leuchtete kurz in Lukes unbeweglichem Gesicht auf.
„Ich bin da flexibel. Ein Baby sollte seinen Vater auch als solchen bezeichnen. Aber Dad ist auch in Ordnung.“
Die Worte waren ernst gemeint, das spürte Melissa. Das Baby würde einen Vater bekommen, wenn sie sich zu einer Heirat bereit erklärte. So viel Glück war für sie nicht zu verarbeiten. Schluchzend brach Melissa zusammen.
4
Es gab nicht viel was Luke Donavan noch überraschen konnte. Insbesondere das Verhalten anderer Menschen fand er leicht vorhersehbar. Sobald man wusste was ein Mensch sich vom Leben und von seinen Mitmenschen erhoffte, war es ausgesprochen interessant zu beobachten, wie derjenige versuchte sein Ziel zu erreichen. Was versprach den gewünschten Erfolg? Freundlichkeit, Schmeicheleien, ein verführerisches Lächeln, Tränen oder doch eher Drohungen und Erpressungsversuche? Jedes Verhalten war nur darauf ausgerichtet, seine eigenen Wünsche voranzubringen. Und stellte sich der Erfolg ein, dann sah man noch mehr hinter die Fassade der ach so braven Mitbürger. Dankbarkeit zählte nur selten zu den Reaktionen, eher Genugtuung und Triumpfgefühl.
Ein Zusammenbruch passte da irgendwie nicht in Lukes Bild eines anderen Menschen. Aber es war tatsächlich so, dass die
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