Lukes Verwandlung (German Edition)
junge Frau regelrecht zusammensackte. Was in diesem Fall eine sofortige Reaktion von ihm forderte, da ihr das Baby aus den Armen zu gleiten drohte.
Luke konnte sich nicht daran erinnern, jemals einen Säugling gehalten zu haben. Aber dieses Versäumnis war mit einer instinktiven Bewegung schnell aus der Welt geschafft. Vielleicht stellte er sich bei dieser ungewohnten Aufgabe nicht eben geschickt an, aber der Kleine landete zumindest nicht auf dem Fußboden wie seine Mutter. Und um die musste er sich so bald als nur möglich kümmern.
Doch zuerst einmal blickte Luke in ernste dunkle Babyaugen, die wohl sehen wollten, ob sich hier ein Freund oder ein Feind seiner annahm. Luke hielt diesem Blick stand und erwiderte ihn genauso ernst, wie er ihn auf sich spürte.
Das war jetzt sein Sohn, ein Teil seiner Zukunft. Auch wenn die Hochzeit mit der Mutter noch ausstand, so hatte er für sich schon eine Entscheidung getroffen, die bindend und unumstößlich war. Der kleine Johnny war seine Familie, so wie es auch Melissa mit ihrer Zustimmung versprochen hatte. Und das war zuerst einmal eine Verpflichtung für Luke. Eine Verpflichtung, auf seine Familie aufzupassen, sie zu beschützen. Der wichtigste Aspekt, der vor jeder anderen Verpflichtung kam. Denn er würde nicht noch einmal jemanden verlieren, der zu seiner Familie gehörte, das schwor sich Luke.
Seine neue Aufgab, sich um seine Familie zu kümmern begann damit, dass sich Luke den Weidenkorb von der Veranda holte, und das schläfrige Baby hineinlegte. Dann musste er sich um Melissa kümmern, die immer noch leise weinend auf dem Fußboden kauerte. Sie ließ sich widerstandslos in die Arme nehmen, und in den hinteren Teil des Hauses tragen, in dem die Schlafzimmer untergebracht waren. Eine Aufgabe, die Luke kaum forderte, da das Mädchen nicht nur extrem schlank war, sondern auch kaum etwas wog. Wenigstens nicht so viel, dass es für den hart arbeitenden Rancher eine Belastung darstellte. Wer tagtäglich mit Rindern zutun hatte, der war an ganz andere Kraftanstrengungen gewöhnt, als ein Mädchen in sein Schlafzimmer zu tragen.
Dass diese junge Frau nun dort hingehörte, wo er sie so sorgsam ablud, kam ihm dabei im Moment nicht einmal in den Sinn. Er machte sich mehr Gedanken darum, weshalb sie so unvermittelt die Fassung verloren hatte.
Gut, er war vielleicht nicht gerade die erstrebenswerteste Partie für ein so junges Ding. Aber er hatte zumindest das eine oder andere zu bieten. Er war wohlhabend genug, um ihr und dem Baby ein finanziell gesichertes Leben bieten zu können, und sein Ruf war durchaus in Ordnung. Auch wenn die meisten Menschen ihn für einen emotionslosen Eisblock hielten, war er doch nicht so ignorant, seine Frau damit zu beschämen, nicht auf ihre Gefühle Rücksicht zu nehmen. Er würde sich nicht in Bordellen herumzutreiben oder anderen Frauen hinterher steigen. Er ließ auch weder sich noch seine Ranch verlottern und sorgte dafür, dass seine Cowboys nicht ungebührlich über die Stränge schlugen.
Mit gutem Aussehen konnte er nicht wirklich dienen. Er war nun einmal ein Rancher und sah dementsprechend aus; Cowboyklamotten, die meist staubbedeckt waren, eine Rinderpeitsche in greifbarer Nähe, und ein von der Sonne geerbtes Gesicht. Er war gut zehn Jahre zu alt für die Kleine und das zeigte sich schon darin, dass die ersten grauen Glanzlichter sein Haar durchzogen.
Für eine junge Frau sicher ein Punkt, der von erheblicher Wichtigkeit war, wenn es nicht gar einen ausschlaggebenden Punkt für die Wahl eines Ehemannes einnahm. Hier im Westen waren Frauen Mangelware, was dazu führte, dass sie sich für den Kandidaten entscheiden konnten, der allen ihren Ansprüchen genügte. Und das Alter schien Luke in diesem Fall sein größter Nachteil zu sein.
Wenn er sich natürlich schon so kritisch sah, dann war es kein Wunder, dass das Mädchen bei diesen Zukunftsaussichten mit ihm als Ehemann die Fassung verlor. Allerdings war sie auf das Angebot eingegangen bevor sie ihn gesehen hatte, und musste damit zurechtkommen, worauf sie so blind gesetzt hatte.
Eine harte Feststellung, die Luke da für seine Braut traf. Aber Luke war auch ein harter Mann. Nicht böse oder ungerecht, sondern einfach nur hart. Ein Mann musste hier im Westen so sein, oder auch überall anders auf dieser Welt. Denn wer nicht hart war, den verschlang das Leben. Und wen das Leben verschlang, der konnte nicht für die sorgen, die zu ihm gehörten. So einfach war das.
Aber
Weitere Kostenlose Bücher