Lukianenko Sergej
obendrein legte er prompt die Hand an den
Streithammer.
Der Ritter reckte im Gegenzug stolz den Kopf, sodass
sein Bart nach oben aufragte, und fasste seinerseits nach
dem Schwert.
Einen ausgedehnten Moment lang sahen die beiden
einander schweigend an.
Dann zog der Barbar den Hammer aus dem Gehänge
und streckte Paclus den Griff entgegen. Trix dachte
schon, der Barbar böte dem Ritter die Waffe an, damit
dieser sie begutachte. Doch weit gefehlt! Mit seinem langen dreckigen Fingernagel markierte der Barbar den
Griff des Hammers, als wolle er ein handtellergroßes
Stück abmessen.
Paclus schnaubte, holte sein Schwert heraus und zeigte
die Einkerbung an seinem Griff.
Der Barbar hielt den Hammer gegen das Schwert und
verglich die beiden Abschnitte. Der des Ritters war länger.
»Hm«, brummte der Barbar. Dann hielt er dem Ritter
erneut den Griff des Streithammers hin. Daraufhin hielt
der Ritter dem Barbaren den Schwertknauf hin. Sie legten die Waffen aneinander und verglichen sie aufmerksam.
Der Schwertgriff war dicker.
Nun wurde der Barbar nervös. Er legte sich den
Hammer in die Hand und stieß ihn drei Mal hoch in die
Luft. Und nach kurzem Zögern sogar ein viertes Mal.
Paclus lachte. Munter salutierte er in besagter Weise
mit seinem Schwert sechs Mal hintereinander.
»Das kann nicht sein!«, schrie der Barbar.
»Das ist, wenn ich nicht in Form bin«, gab sich Paclus
bescheiden.
»Unmöglich!«
»Zwergenblut!«, gestand der Ritter mit gedämpfter
Stimme.
In den Blick des Barbaren schlich sich Respekt. »Tritt
ein, ruhmreicher Mann«, sagte er und verneigte sich.
Trix und Paclus betraten das Theater. »Was war das?«,
fragte Trix, der vor Neugier platzte. »Ein Barbarenbrauch?«
»Ja«, antwortete Paclus. »Die Barbaren sind ein sehr
hitziges und stolzes Volk. Wenn sie jedes Mal einen
Streit mit der Waffe austragen würden, wäre schon bald
keiner mehr von ihnen übrig. Deshalb existiert seit Langem der Brauch, die Waffen zu vergleichen. Ich habe die
Überlegenheit meiner Waffe bewiesen – und damit meine
über ihn.«
»Ihr seid also stärker als dieser Schrank!«, rief Trix
begeistert.
»Die Barbaren sind ein sehr hitziges, stolzes und argloses Volk«, antwortete Paclus nebulös. »Also … wo
steckt dein Kapitän Bambura?«
Sie durchquerten den Zuschauersaal, wo zwei wackere
alte Frauen den dreckigen Boden mit dreckigen Scheuerlappen, die sie in regelmäßigen Abständen in Eimer mit
dreckigem Wasser tauchten, bearbeiteten. Solche alten
Frauen leben in allen Welten zu allen Zeiten. Einige Magier vermuten sogar, es handle sich bei ihnen nicht um
Menschen, sondern um Sauberkeitsfeen, eine besondere
Spezies von Wesen, die schon alt und mit Lappen und
Eimer in der Hand auf die Welt kommen. Ihr besonderes
Merkmal sind geheime Sätze und Bräuche, an denen sie
einander erkennen.
»Kommt ja jenner und henner …«, sagte die eine Alte,
als Trix an ihr vorbeiging, und fuhr ihm mit dem Lappen
über die Stiefel.
»Kommt und prompt …«, erwiderte die andere. »Hat
er nichts Besseres zu tun, oder was? Kommt und prompt
saut er alles ein.«
Leider wusste Trix nicht, dass die Antwort auf diesen
geheimnisvollen Gruß darin bestand, zweimal auf dem
linken Bein zu hüpfen und zu rufen: »Wo kömmt man
denn da hin? Jenner latscht überall rein, henner immer
geradenwegs durchs Nasse!« Hätte er das gewusst, dann …
ja, dann hätten sich die beiden Alten sofort in wunderschöne Feen verwandelt, ihn in die Arme geschlossen
und ihm jeden Wunsch erfüllt. Zum Beispiel den, zum
Schiff der Vitamanten zu fliegen, mit Schrubbern alle
lebenden Toten zu erschlagen und Tiana nach Dillon zu
bringen. Dann … ja, dann wäre unsere Geschichte ganz
anders ausgegangen!
All das wusste Trix jedoch nicht, sodass er sich
schuldbewusst an den beiden brabbelnden Alten vorbeizwängte. Ihm folgte mit stolz vorgerecktem Bart der Ritter,
den auszuschimpfen die Feen sich nicht trauten, hatten
sie die althergebrachte Feindschaft zu den Zwergen doch
nicht vergessen.
Sie fanden den kühnen Kapitän Bambura in seiner
Garderobe. Er und Krakritur aßen Hühnchen. Ihnen leistete ein kleiner dicker Mann in fortgeschrittenem Alter
Gesellschaft.
»Trix«, sagte Bambura erstaunt und leckte sich die
Finger ab. »Du bist ja unter die Zauberer gegangen!«
»Willst du Huhn?«, fragte Krakritur unerschüttert.
»Und wen bringst du da mit?«
Unter dem Tisch bellte Albi, empört darüber, dass sich
die Zahl der Esser so erhöht
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