Lukianenko Sergej
Herzensgüte den
Arsch versohlt bekommen!«, polterte der Bruder links
außen. »Die beiden anderen haben ständig Unfug gemacht und mich dann angefleht: ›Bruderherz, nimm du
die Schuld auf dich! Papa liebt dich, er wird dich nicht
doll schlagen!‹«
Trix sah den Zauberer stolz an. Der nickte anerkennend. Dann zwinkerte Trix dem verwirrten Paclus zu und
sagte: »Logik hilft in menschlichen Beziehungen nie
weiter. Man kann alle Tatsachen beliebig drehen und
wenden. Nein, man muss die Streithälse aus der Reserve
locken, sie dazu bringen, auf eine ungerechte Auslegung
der Fakten zu reagieren.«
»Aus ihm wird wirklich mal ein guter Zauberer«, sagte
Sauerampfer. »Was ist, Großvater, Ihr habt Mehl mitgebracht? Möge dein starker Sohn es in die Vorratskammer
bringen. Und damit Schluss für heute, die Sprechstunde
ist vorbei!«
Als der Alte mit seinen Söhnen abzog, strich sich Radion mit zufriedenem Gesichtsausdruck über seinen Arbeitsumhang und sagte: »Ein gelungener Abend. Drei
Goldstücke, sechs Silberlinge. Eine Gans, Mehl, ein Korb
mit Eiern, ein Stapel frischer Tücher, Stiefel, Samt für
einen neuen Umhang, zwei tote Hühner … he, Junge …
wie heißt du noch mal?«
»Ian, Eure Weisheit!«
Der überraschende Titel brachte Radion leicht aus dem
Konzept, trotzdem ging er nicht weiter darauf ein. »Junge
Ian, geh in die Küche, rupf die Hühner und backe sie mit
Kräutern! Kannst du das?«
»Natürlich!« Ian wollte unbedingt seine Nützlichkeit
unter Beweis stellen. »Hallenberry, hör auf, dir in der
Nase zu bohren! Wir kochen jetzt!«
»Klaro!«
»Dieser Knirps soll sich vorher die Hände waschen!
Mit Seife!«, rief der Zauberer ihnen hinterher. Er seufzte
schwer, ließ sich in den Sessel plumpsen und murmelte:
»Ich hatte wirklich gehofft, diese Kinder würden unterwegs verloren gehen.«
»Sauerampfer, das darfst du nicht sagen! Das sind
Kinder!«, tadelte Paclus ihn und setzte sich neben ihn.
»Wenn es Erwachsene wären, hätte ich sie schon
längst in einen Küchengegenstand verwandelt!«, konterte
Sauerampfer. »Übrigens … wie war die Reise?«
»Ein voller Erfolg!« Trix strahlte. »Die Für…«
»Pst, bist du wohl still!« Sauerampfer fuchtelte mit
den Armen. »Mich interessieren weder deine Verwandten noch deine amourösen Abenteuer oder die Beschwernisse der Reise. Du hattest Urlaub – wunderbar.«
Trix seufzte.
»Ist jemand ums Leben gekommen?«
»Absolut niemand«, sagte Paclus nach kurzer Überlegung. »Die Toten können ja schließlich nicht zum zweiten Mal sterben, oder?«
»Nein!« Sauerampfer schüttelte den Kopf. »Sie können nur ewige Ruhe finden. Und das ist eine ganz andere
Sache. Ich war derweil gezwungen, der Bevölkerung vor
Ort kleine Dienste zu erweisen. Ihr versteht schon …« Er
verstummte. »Man möchte ja schließlich was zu beißen
haben!«
»Die alte Achtung vor der Magie findet man heute
nicht mehr … genauso wenig wie die vor der Kunst des
Schwertkampfs«, sagte Paclus und nickte wissend. »Stell
dir vor, wir mussten unsere Heldentat in einer schrecklichen Schenke feiern! Mit Bier! Dort gab es nicht einmal
edlen Wein!«
»Trix, zum Büfett!«, befahl Sauerampfer.
Trix holte eine bauchige Flasche (offenbar hatte Sauerampfer vorhin nicht alle Gaben der dankbaren Bürger
aufgezählt) und drei Kelche aus dem Schrank. Sauerampfer entkorkte die Flasche und goss allen drei Wein ein.
»Setz dich!«, befahl er Trix.
Trix zog einen Stuhl heran und setzte sich zu den beiden.
»Also, mein junger Schüler …« Der Zauberer schnupperte am Kelch und nickte zufrieden. »Also, mein junger
Schüler, ich freue mich, dir mitteilen zu dürfen, dass du
vom einfachen Fanaticus zum Soufflöticus aufgestiegen
bist!«
»Bravo!«, sagte Paclus und nahm einen Schluck vom
Wein.
»Von nun an darfst du mir bei der Zauberei helfen,
ohne Erlaubnis eigene Zauber wirken und brauchst dich
vor anderen Zauberern nicht mehr zu verbeugen, sondern
kannst sie mit einem Kopfnicken begrüßen! Du wirst
spüren, wie dein Buch mit Zaubersprüchen wächst …«
Trix spürte in der Tat, wie sich am Gürtel etwas rührte.
Sein Eipott wurde deutlich größer.
»Und deinen Schülerzauberstab darfst du jetzt in einen
richtigen Zauberstab verwandeln.«
»Wie?«, fragte Trix begeistert.
»Was wie ? Durch einen Zauber!«
»Aber wie soll der Stock sein?«
»Ach ja, du hast ja keine Ahnung von den Rängen«,
sagte Sauerampfer. »Also, der Stab eines Fanaticus sieht
genauso aus wie der
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