Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
Vom Netzwerk:
sie, zugegeben,
schon ziemlich alt war, bestimmt schon über zwanzig.
Er umrundete das Denkmal und strich über den
Schweif des Pferdes. Von vielen Händen ganz blank,
sollte er der Legende nach jedem, der ihn anfasste, Glück
in der Liebe bringen. Noch größeres Glück brachte allerdings eine nächtliche Begegnung mit dem Gespenst der
Fürstin, das, glaubte man den Gerüchten, in jeder Nacht
vor einer Steuererhebung über die Uferpromenade reitet
und den Herrscher lauthals zu Barmherzigkeit auffordert.
Allzu lange durfte Trix den Anblick der Fürstin freilich nicht genießen. Irgendwann zwickte ihn jemand
durch das Loch in seiner Jacke und aus der Brusttasche
flüsterte es: »Genug geglotzt! Für einen anständigen Jungen gehört es sich nicht, eine solche Schweinerei zu begaffen!«
»Ich glotze nicht!«, zischelte Trix. »Und überhaupt!
Was geht dich das an?«
»Ich bin dein Familiar! Ich bin verpflichtet … verpflichtet …« Die Fee stockte. »Ich bin verpflichtet, mir
Sorgen um dich zu machen!« Dann fügte sie noch völlig
zusammenhangslos hinzu: »Außerdem habe ich noch
nichts gegessen!«
Trix wurde verlegen. Er hatte tagsüber wirklich nicht
einmal an Annette gedacht. »Na komm, ich besorg dir
was«, versprach er.
In der Nähe des Denkmals hatten sich im Lichtkreis
einer großen Öllampe die Händler aufgebaut, deren Angebot Trix eingehend studierte: Einer verkaufte Honigküchlein, ein anderer Rosinen und Nüsse, ein dritter cremegefüllte Waffelrollen. Trix kaufte alle Süßigkeiten –
seine Taschen quollen ja über von unerlaubten Kupferlingen – und setzte sich auf eine kleine Bank unter den
Bäumen, wo es dunkler war. Vorsichtig krümelte er ein
Stückchen Honigkuchen, eine Rosine und eine Nuss, ja
sogar etwas von der Waffelrolle in die Brusttasche.
»Oh«, sagte die Fee. »Meine Flügel …«
»Was ist mit ihnen?«
»Du hast sie mit Creme beschmiert!«
»Tut mir leid!«
Eine Zeit lang herrschte Stille. Trix knabberte an seiner Waffelrolle.
»Verzeih, mein Liebster, aber sind in der Nähe nicht
vielleicht ein paar Blumen?«, fragte die Fee.
»Nein«, antwortete Trix. »Ich sehe keine. Und ich
glaube auch nicht, dass hier in der Stadt Rauschkraut
wächst!«
»Bestimmt nicht!«, sagte die Fee traurig. »Das erlaubt
man nämlich nicht.« Sie streckte den Kopf aus der Tasche und sah sich um.
Bis auf die Süßigkeitenverkäufer und vereinzelte Pärchen – der Platz mit dem Denkmal für Codiva war einer
der beliebtesten Treffpunkte von Verliebten – gab es nur
noch einen gelangweilten, mageren Jungen, der gegen
einen gewaltigen Ahornbaum gelehnt dastand und eine
unbekannte Melodie pfiff. Ob er auf seine Freundin wartete? Mehrmals hatten ihn Leute angesprochen, die kaum
älter waren als er selbst. Sie waren immer wieder schnell
abgezogen, wobei sie sich etwas in die Tasche stopften.
Deshalb hielt Trix den Jungen auch für einen Händler,
wenn auch einen sehr zaghaften und faulen.
»Liebster, ich fliege ein wenig spazieren«, verkündete
Annette.
»Du tust was?«
»Keine Angst, ich lenke alle Blicke von mir ab – alle
bis auf deinen natürlich.«
»Das kannst du?«
»Wenn ich essen will, bringe ich einiges zustande«,
brummte die Fee und kletterte aus der Tasche.
Mit stockendem Herzen beobachtete Trix, wie die Fee
über den Platz zu dem Jungen hinflog. Der kleine Körper
leuchtete sanft, ihn zu übersehen war im Grunde unmöglich.
Trotzdem achtete niemand auf Annette!
Nachdem die Fee einige Runden um den Ahorn gedreht hatte, schlüpfte sie dem Händler in die Tasche. Es
verging eine quälende Minute. Trix knabberte nervös an
seinem Honigkuchen.
Die Fee flatterte wieder aus der Tasche und kam zu
ihm zurückgeflogen – nicht mehr in gerader Flugbahn,
sondern als tanze sie in der Luft. Ab und an erklang ihr
Gelächter, dieses feine und melodische Kichern.
Die Süßigkeitenhändler sahen sich verwirrt nach allen
Seiten um und lächelten vorsichtshalber in Erwartung
von Kundschaft.
»Was soll das!«, rief Trix, als Annette auf dem Rand
der Tasche landete, die er ihr aufhielt. »Hör auf zu lachen!
Es hören dich ja alle!«
»Wenn aber doch alles so lustig ist!«, sagte die Fee,
hörte dann aber auf zu lachen. »Du … du … sei nicht
böse! Willst du einen Kuss?«
»Was hast du gegessen?«
»Allerlei. Samarschaner Auslese, den doppelten Matrosen …«
»Willst du etwa behaupten, der Junge handelt mit
Rauschkraut?«, fragte Trix entsetzt.
»Nein, mit Sägemehl!« Die Fee

Weitere Kostenlose Bücher