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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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auf den Beifahrersitz. Dann sagte sie: «Wenn du dich hierhin setzt, darfst du dir etwas wünschen. Was willst du haben, noch mehr Weingummi oder lieber Schokolade?»
    Er schüttelte den Kopf, nahm sie in die Arme, wartete einen Moment. Als der Protest ausblieb, küsste er sie auf die Wange.
    «Du willst ein Küsschen», stellte Patrizia fest. Sie dachte sich nichts dabei. Es war doch nur Ben. «Da musst du dich aber erst hinter den Lenker setzen.»
    Er setzte sich hinter den Lenker und hielt ihr die Wange hin. Patrizia küsste ihn. Er zog sie auf seinen Schoß, küsste sie noch einmal, rieb seine Wange an ihrer. Das übten sie dann ein paar Tage lang, ohne dass jemand etwas davon mitbekam.
    Dann kam der dritte Schritt. Er musste hinter dem Lenkersitzen, während der Motor lief. Es dauerte eine Weile, Patrizia musste den Startknopf sehr lange drücken, aber endlich sprang der Traktor an – und Ben sofort hinunter. Er zog sich einige Meter zurück. Patrizia redete ihm gut zu, demonstrierte, dass der alte Traktor weder biss noch sonst etwas Böses tat. «Guck, er macht nur Krach. Komm wieder rauf. Du kriegst auch ein richtiges Küsschen, wenn du kommst.»
    Er kannte den Unterschied zwischen richtigen und anderen Küsschen, hatte es oft genug gesehen. Dieter bekam immer die richtigen – auf den Mund. Was daran besser sein sollte, wusste er noch nicht. Ihm reichten auch die anderen. Aber er kam, langsam und mit einer Miene, als befürchte er eine Explosion.
    Patrizia lockte weiter. Inzwischen war Renate in der Küche auf das Tuckern aus der Scheune aufmerksam geworden. Bruno und Dieter wuschen sich gerade die Hände. Das Abendessen war fertig. «Das glaube ich ja nicht», sagte Renate verwundert. «Sie hat das alte Ding tatsächlich nochmal anbekommen.»
    Das Küchenfenster stand offen. Renate schaute hinaus, weil sie damit rechnete, Ben habe die Scheune längst verlassen. Draußen war niemand zu sehen. Renate wunderte sich noch mehr. «Und Ben hat nicht die Flucht ergriffen.»
    Dieter triumphierte, intelligente Menschen wie Patrizia kannten eben ganz andere Lernmethoden und verzeichneten damit auch in schwierigen Fällen Erfolge. Dann ging er hinaus, um sich den Erfolg seiner Freundin anzuschauen.
    Durchs Küchenfenster hörte Renate ihren Sohn brüllen. «Lass sie sofort los, oder ich schlag dir alle Zähne   …»
    Renate rannte ins Freie, Bruno hinterher. Ben saß hinter dem Lenkrad und hielt Patrizia auf dem Schoß. Dasrichtige Küsschen zur Belohnung hatte er schon bekommen und auch eins zurückgegeben. Glücklicherweise hatte Dieter das nicht mehr gesehen.
    Patrizia verstand die Aufregung nicht ganz. Es war doch nur Ben, mit dem sie ein bisschen schmuste, weil er so tapfer gewesen, wieder aufgestiegen war und sich sogar hinter das Lenkrad gesetzt hatte. «Er braucht das. Seine Mutter hat bestimmt auch mal mit ihm geschmust.»
    «Du bist aber nicht seine Mutter, Patrizia», sagte Renate. »Und er ist kein großes Baby. Er ist ein junger Mann. Da musst du ein bisschen vorsichtiger sein. Heute will er schmusen. Was will er morgen oder nächste Woche?»
    Patrizia war ziemlich sicher, dass er nächste Woche auch nicht mehr wollte. Er hatte sie auf den Mund nicht anders geküsst als auf die Wange. Offenbar wusste er nicht, wie man richtig küsste.
    Es war eigentlich nur ein kleiner Anlass, aber die Auswirkungen für Ben waren enorm. In die Scheune durfte Patrizia nicht mehr mit ihm, jedenfalls nicht allein. Wenn sie sein Zimmer aufräumte, musste die Tür offen bleiben. Die langen Spaziergänge mit ihr zum Friedhof wurden ganz gestrichen.
    Den wöchentlichen Gang zum Grab seiner Mutter übernahm nun Renate, die nie so viel Zeit hatte und nie das Feuerwehrauto mitnehmen wollte.
    Patrizia gab sich Mühe, ihm weiterhin die Zeit zu vertreiben, ohne dabei noch einmal Anstoß zu erregen. Da er nicht fernsehen mochte, erzählte sie ihm zur Unterhaltung Filme, aber nur solche, die sie für geeignet hielt wie «Das letzte Einhorn» oder «Dschungelbuch». Damit er etwas lernte, machte sie ihm jeden Tag zwei neue Karten, zwang ihn eine Stunde lang, Haus von Stall, Auto vonFahrrad, Scheune von Tankstelle zu unterscheiden. Manchmal brachte sie ihm ein paar Holzstückchen mit. Und weil er früher so gerne mit Puppen gespielt hatte, opferte sie ihre alte Barbie und etwas Zubehör. «Du darfst sie aber nicht kaputtmachen. Wenn du sie kaputtmachst, schenke ich dir nichts mehr.»
    Er machte sie nicht kaputt, kämmte die verfilzten

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