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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Eisdiele gehörte Antonia Lässlers Vater und wurde seit Jahren von ihrem Bruder geführt. Für Tanja Schlösser waren beide Männer wie Großvater und Onkel. Darandachte Patrizia in dem Moment nicht, sie sah nur die Chance, ein Wiedersehen zu arrangieren.
    Schon am selben Nachmittag erfuhr Ben von seinem Glück, von dem Patrizia noch gar nicht wusste, wie sie es in Erfüllung gehen lassen könnte. Bruno oder Renate Kleu um Erlaubnis zu fragen, ersparte sie sich. Nach fast einem Jahr noch etwas zu erzwingen, wogegen Tanja sich entweder aus eigenem Empfinden oder aus Solidarität mit ihren Zieheltern sträubte, darin hätten beide keinen Sinn gesehen.
    Aber Bruno hatte am Sonntagnachmittag etwas vor, Maria wollte eine Kunstausstellung besuchen, Renate ihren Freund. Um Heiko machte Patrizia sich keine Gedanken. Von ihm ließ sie sich nicht verbieten, etwas mit Ben zu unternehmen. Dieter stellte ein kleines Problem dar, er war immer noch nicht gut auf Ben zu sprechen. Aber ihn verstand Patrizia zu überzeugen mit einem Argument, das den Tatsachen entsprach, nämlich dass Ben wohl nur mit ihr geschmust habe, weil er Tanja nicht mehr sehen dürfe.
    Leider stieg Ben nicht in Dieters Golf. Eine halbe Stunde lang versuchte Patrizia, ihn zu überreden. Nicht einmal das in Aussicht gestellte Wiedersehen brachte ihn auf den Beifahrersitz. Es war ihm zu eng, er glaubte nicht, was Patrizia versprach, wollte auch nicht neben Dieter sitzen.
    Und Dieter wollte nicht mit dem Bus fahren, weil am späten Nachmittag kein Bus mehr zurück ins Dorf fuhr. Dass der Rückweg ein schöner Spaziergang wäre, ließ Dieter sich nicht einreden. Es waren vier Kilometer. Außerdem befürchtete er Ärger mit seinem Vater, wenn bei der Hinfahrt jemand im Bus säße, der es anschließend im Dorf herumerzählte. Bei einer Busfahrt nach Lohberg hätte Bruno sofort gewusst, dass es Absicht gewesen war.Mit einem Auto könnte man es als zufälliges Zusammentreffen darstellen, wenn etwas schief ging.
    So stürmte Patrizia an einem Julisonntag 96 gegen halb drei in den Anbau und bat ihre Schwägerin, Ben einen riesigen Gefallen zu tun.
    Sie flunkerte ein wenig, behauptete, es handle sich um eine feste Verabredung mit Tanja und bat Nicole um einen großen Gefallen. «Kannst du uns nach Lohberg fahren? Für dich wären das nur zehn Minuten und für Ben so eine große Freude. Machst du es?» Nicole nickte nur.
    «Klasse», freute Patrizia sich und ging schon mal zur Garage. Um Viertel vor drei fuhren sie auf Bruno Kleus Hof. Dieter und Ben warteten vor der Tür. Patrizia stieg vom Beifahrersitz nach hinten, Dieter gesellte sich dazu.
    Ben zögerte, betrachtete misstrauisch den Mercedes und die schöne, blonde Frau am Steuer. Er kannte sie, sie war weggelaufen, als sein Freund Britta ins Haus führte. Von ihr erwartete er nichts Gutes, bestimmt nicht, wenn sie im Auto seines Freundes saß.
    «Komm», lockte Patrizia. «Steig ein, es ist Platz genug, wir fahren zu Tanja.»
    Das klang irgendwie logisch in seinen Ohren. In Lukkas Mercedes zum letzten Opfer. Er nahm zögernd auf dem Beifahrersitz Platz. Patrizia wies darauf hin, dass Nicole ihm den Sicherheitsgurt umlegen müsse. Dann fuhren sie los.
    Für Nicole war es ein seltsames Gefühl. Ben sah so anders aus als an dem Sonntagabend im August des Vorjahres, als er auf dem Weg vor Lukkas Bungalow tobte. Damals hatte sie sehr schnell von seinem Verhalten auf seine Behinderung geschlossen. Nun hatte sie von Patrizia schon tausendmal gehört, welch ein lieber Kerl er sei, ein verkannter Künstler, der mit seinem alten Springmesserwahre Wunderdinge schnitzte. Und er saß neben ihr wie irgendein junger Mann, der einer Verabredung entgegenfieberte, von der er nicht wusste, wie sie enden würde. Seine Miene war ernst und erwartungsvoll, spiegelte jedoch auch Nervosität. Er schwieg.
    Nicole sah Patrizia und Dieter im Rückspiegel miteinander flirten, und plötzlich tat es weh. Noch einmal so jung sein, alles vor sich haben, alles anders machen. Einen Kinderwagen schieben statt einen Rollstuhl.
    Miriam hatte mit ihren Scherzen über einen geeigneten Vater und dem Angebot, bei ihr könne sie ein Kind mitbringen, eine Lawine losgetreten. Seitdem hatte Nicole sich schon unzählige Male vorgestellt, wie es sein würde, wenn sie endlich ein Kind hätte. Nur wer kam als Vater infrage?
    Sie war sehr erleichtert, als sie vor der Eisdiele anhalten konnte. Die Knutscherei im Wagenfond hörte auf, Patrizia und Dieter stiegen aus.

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