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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Ben blieb sitzen, bis Nicole begriff, worauf er wartete. Dass sie den Sicherheitsgurt wieder löste. Sie musste ihn nicht berühren wie bei Fahrtantritt, nur auf den Knopf drücken. Der Gurt glitt von selbst zurück in die Halterung. Die Tür öffnete Dieter für ihn.
    Der rote Ford Fiesta, Achim Lässlers Auto, das auch Antonia fuhr, stand bereits am Straßenrand. Patrizia atmete erleichtert auf. «Sie sind schon da. Kannst du uns um sechs abholen?»
    «Willst du drei Stunden lang Eis essen?», fragte Dieter.
    «Nein, aber wir können noch ein bisschen spazieren gehen.»
    Ein Stück die Straße hinunter war ein kleiner Juwelierladen. Patrizia zeigte wie zufällig in diese Richtung. Nicole kannte den Laden, dort hatten Hartmut und sie die Trauringe gekauft. Und plötzlich hasste sie sich,schämte sich für die Gedankenspielereien, ihn zu betrügen, schämte sich sogar für den nagenden, hohlen Schmerz im Innern. Hartmut konnte doch nichts dafür. Er hatte mehr verloren als sie.
    Ehe Dieter weitere Einwände gegen die Zeit vorbringen konnte, sagte sie: «Sechs Uhr», und fuhr ab. Im Rückspiegel sah Nicole noch, dass Patrizia Ben bei der Hand nahm, dass Dieter sich augenblicklich dazwischendrängte und Ben vor sich herschob zwischen den Tischen durch, die im Freien aufgestellt waren.
    Auf dem Stück Gehweg vor der Eisdiele war kein Platz frei. Drinnen waren nur wenige Tische besetzt. Von Antonia Lässler und Tanja war nichts zu sehen. Patrizia steuerte auf einen Tisch nahe dem Durchgang zu den Privaträumen zu. «Wahrscheinlich sind sie oben», meinte sie.
    Sie setzten sich, Ben schaute sich suchend um, betrachtete die fremden Gesichter. Natürlich war Tanja nicht da. Er hatte auch nicht wirklich erwartet, sie sehen zu dürfen. Falsche Worte, aber Patrizia verzieh er sie wie seiner Mutter.
    Niemand schenkte ihm Beachtung. Er entspannte sich und freute sich auf sein Eis. Als die Bedienung an den Tisch kam, um die Bestellung aufzunehmen, bat Patrizia kurzerhand, man möge Tanja Bescheid sagen, dass ihre Schulfreundin da sei.
    Es war sehr hochgestapelt, von Freundschaft zwischen ihr und Tanja konnte nicht die Rede sein. Tanja wich ihr längst aus, um nicht immer wieder hören zu müssen, was für ein lieber Kerl ihr Bruder war. Aber es funktionierte. Noch ehe die Eisbecher serviert waren, wurde die Verbindungstür geöffnet und Tanja erschien.
    «Was habe ich gesagt», sagte Patrizia.
    Für Ben kam seine Schwester wie aus heiterem Himmel. «Fein», sagte er andächtig und erhob sich langsam, als wolle er jede Sekunde bis ins Letzte auskosten. Es waren auch nur ein paar Sekunden, Tanja verschwand wieder, noch ehe er um den Tisch herum war. Die Verbindungstür wurde so heftig zugeschoben, dass die wenigen Gäste erschreckt zusammenzuckten. Hinter der Tür waren noch kurz lautes Weinen und eilige Schritte zu hören.
    «Fein!», rief er, stürzte zur Tür, warf einen Stuhl um, suchte nach einer Klinke, drückte mit beiden Händen dagegen. Schiebetüren kannte er noch nicht, und in der Aufregung hatte er nicht registriert, wie es funktionierte. Dafür war es zu schnell gegangen.
    «Fein!», schrie er, schlug mit beiden Händen gegen das Holz. Dahinter war es inzwischen still geworden. Einige Leute begannen zu tuscheln. Die Bedienung kam eilig hinter der Theke hervor. Dieter fluchte: «Scheiße, das gibt Ärger.» Patrizia hob den Stuhl auf, bemühte sich, Ben zu beruhigen und zurück an den Tisch zu bringen. Aber da war nichts zu machen.
    «Fein.» Er schrie nicht mehr, bettelte nur noch – bis die Tür wieder aufgeschoben wurde. Diesmal erschien nicht Tanja, sondern Achim Lässler. Dass er dabei sein könnte, hatte Patrizia nun wirklich nicht erwartet. Für einen Moment zog Ben den Kopf ein, dann ballte er eine Faust, tippte Achim leicht gegen das Kinn und sagte: «Finger weg, Freund.»
    Dieter fluchte noch einmal: «Jetzt geht’s rund.»
    Patrizia versuchte, sich zwischen Ben und Achim zu schieben. Ben straffte die Schultern, schob Patrizia behutsam und Achim energisch zur Seite und ging durch die Tür. «Fein», rief er.
    Hinter der Tür lag ein schmaler Korridor, von dem eine Treppe in die oberen Räume führte. Achim Lässlerfolgte Ben, packte seinen Arm, wollte ihn zurück in den Gastraum ziehen. Als Ben mit einem scheinbar lässigen Griff seine Hand entfernte, beauftragte Achim die Bedienung, die Polizei zu rufen.
    Patrizia erklärte den Anwesenden rasch: «Wir brauchen keine Polizei. Er will nur seine Schwester

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