Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
war.
    Ein bisschen unsicher war Hartmut noch, aber sehr vorsichtig. Wenn er während der Fahrt den Scheibenwischer betätigen musste, steuerte er an den Straßenrand. Die rechte Hand konnte er zwar benutzen, damit greifen, am Computer arbeiten und einiges mehr. Nur den Arm konnte er nicht heben, musste die Hand immer mit der Linken in Position bringen. Und mit dem Auto ging er kein Risiko ein. Er mied Stoßzeiten und die Innenstadt, fuhr nur zum Baumarkt in der Hoffnung, er könne sich bei Andreas Lässler irgendwie nützlich machen, vielleicht mal eine halbe Stunde aufs Büro aufpassen oder eine Kasse übernehmen, während die Kassiererin Pause machte.
    Zum Computerladen fuhr er natürlich auch, um mit Winfried von Burg zu fachsimpeln – oder ihn davon zu überzeugen, dass er dringend eine Aushilfe brauchte, notfalls auf Abruf. Wenn Winfried irgendwo eine Anlage installieren musste, konnte er das nur nach Feierabend tun. So kam er nicht an große Kunden heran.
    Der Computerladen wurde in der Hauptsache von Jugendlichen frequentiert, die an Spielen interessiert waren. Damit war kein Vermögen zu verdienen. Annette Lässler, die einige Monate vorher zu Winfried gezogen war, hatte eine Anstellung in der Lohberger Apotheke gefunden. Und Winfried machte keinen Hehl daraus, dass ihr kleines, aber festes Einkommen für ihn eine gewisse Sicherheit darstellte und es ihm ersparte, Unterstützung von seinen Eltern anzunehmen. Den Laden während der Geschäftszeit zu schließen, konnte er sich nicht leisten, eine Aushilfe auch nicht.
    «Das mache ich gerne umsonst für den Anfang», sagte Hartmut Rehbach. «Übers Bezahlen können wir sprechen, wenn es richtig läuft. Und so ein bisschen Verkauf oder Büroarbeit, das kann ich.»
    Stehen und gehen konnte er auch wieder stundenweise. Den Rollstuhl benutzte er nur noch als Sitzgelegenheit am Computer und draußen, weil er damit schneller war als mit Krücken und der Prothese, die er seit Wochen den ganzen Tag trug.
    Hartmut blühte auf. Er wurde auch nicht mehr misstrauisch, wenn Nicole früh zu Bett ging. Manchmal sagte er sogar: «Du bist aber nicht sauer, wenn ich noch ein Stündchen surfe? Nachts ist es billiger.»
    Natürlich war sie nicht sauer, eher erleichtert. Und das alles hatte sie Miriam zu verdanken. Im Bungalow war Nicole inzwischen so oft gewesen, dass sie kaum noch wusste, wie sie sich beim ersten Aufenthalt dort gefühlt hatte. Es gab nur einen Grund, der sie noch zögern ließ. Im Seniorenheim hatte sie eine feste Stelle; wenn sie kündigte und sich herausstellte, dass Miriam doch nicht auf Dauer im Dorf leben wollte   …
    Walter Hambloch gab das zu bedenken. Seit Miriam nicht mehr bereit war, einen Abend zu viert beim Italienerin Lohberg zu verbringen, war er nicht mehr so gut auf sie zu sprechen.
    «Irgendwas stimmt nicht mit ihr», sagte Walter. «Sie hat keinen Mann, keinen Freund, meiner Einschätzung nach gar kein Interesse am anderen Geschlecht. Und so übel sieht sie wirklich nicht aus, wenn sie sich zurechtgemacht hat. Ich halte jede Wette, sie ist vom anderen Ufer und nur an dir interessiert, Nicole. Wenn sie merkt, dass sie die Falsche aufs Korn genommen hat, stehst du wahrscheinlich wieder auf der Straße. Oder willst du die Seiten wechseln?»
    Das hatte Nicole nicht vor. Sie glaubte auch nicht, dass Miriam lesbisch sein könnte. Es hatte bisher nicht den kleinsten Annäherungsversuch gegeben, im Gegenteil. Miriam schien sehr darauf bedacht, körperlich Abstand zu halten.
    Nicole war es egal, wie Walter Hambloch über sie und Miriam dachte. An dem Mittwochnachmittag drehten sich ihre Gedanken nur um das Kind, das sie haben könnte, wenn sie Miriams Angebot annahm, vielleicht auch um einen Mann, irgendeinen, der keine Forderungen stellte, der nur zärtlich war – und zeugungsfähig.
    Und dann stand plötzlich Ben da.

17.   September 1997
    Im Dorf kursierten ein paar Gerüchte, wer sie aufgebracht hatte, wusste niemand genau. Es hieß, Vanessa Greven sei mit einem Liebhaber durchgebrannt. Nicht alle glaubten das, aber Vanessa war eine Fremde gewesen. Um Leute von auswärts machte man sich nicht viele Gedanken.
    Nur in dem kleinen Supermarkt an der Kirche vermisste man sie schmerzlich, eine Stammkundin, die nicht auf Preise geschaut und nicht zu denen gehört hatte, die für größere Einkäufe nach Lohberg fuhren. Und dann hatte sie immer diese spezielle Teemischung verlangt, die lag nun im Regal, keiner wollte sie.
    Aber niemand dachte mehr an

Weitere Kostenlose Bücher