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Lullaby (DE)

Lullaby (DE)

Titel: Lullaby (DE) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Nummer an, um sich an einer Sammelklage zu beteiligen.«
    Und wieder dieselbe Nummer. Oysters Nummer.
    1890, sagt Oyster, kam noch jemand auf die Idee, Gott zu spielen. Eugene Schieffelin ließ im New Yorker Central Park sechzig Exemplare von Sturnus vulgaris frei, dem europäischen Star. Fünfzig Jahre später hatten sich die Vögel bis San Francisco ausgebreitet. Heute gibt es über 200 Millionen Stare in Amerika. Und das nur, weil Schieffelin wollte, dass es in der Neuen Welt alle Vögel geben sollte, die bei Shakespeare erwähnt werden.
    Und in sein Handy sagt Oyster: »Nein, Sir, Ihr Name wird strengstens vertraulich behandelt.«
    Helen klappt ihr Handy zu, hält sich eine Hand vor Nase und Mund und sagt: »Was ist das für ein furchtbarer Gestank?«
    Und Oyster drückt sich sein Handy ans Hemd und sagt: »Massensterben der Maifische.«
    Seitdem man 1921 den Welland-Kanal erweitert hat, um den Schiffsverkehr um die Niagarafälle herum zu erleichtern, sagt er, hat das Neunauge sich in allen Großen Seen festgesetzt. Diese Parasiten saugen den größeren Fischen das Blut aus, der Forelle und dem Lachs, und töten sie dadurch. Die kleineren Fische haben dann keinen natürlichen Feind mehr, und ihre Zahl explodiert. Und sobald sie alles Plankton weggefressen haben, verhungern sie zu Millionen.
    »Die dummen gierigen Maifische«, sagt Oyster. »Erinnern die euch an irgendeine andere Spezies?«
    Er sagt: »Entweder lernt eine Spezies ihre Population zu beschränken, oder aber Krankheit, Hungersnot oder Krieg kümmern sich um das Thema.«
    Monas Stimme dringt gedämpft durch das Kissen. Sie sagt: »Hör doch auf damit. Das kapieren die ja doch nicht.«
    Und Helen macht auf dem Sitz neben sich ihre Handtasche auf. Sie öffnet sie mit einer Hand und nimmt einen glänzenden Zylinder heraus. Bei auf Hochtouren laufender Klimaanlage sprüht sie Atemspray auf ihr Taschentuch und hält es sich dann vor die Nase. Sie sprüht Atemspray ins Gebläse der Klimaanlage und sagt: »Reden wir jetzt von dem Merzlied?«
    Und ohne mich zu ihr umzudrehen, sage ich: »Du würdest das Merzlied zur Beschränkung der Bevölkerungszahl einsetzen?«
    Und Oyster lacht und sagt: »Sozusagen.«
    Mona legt das Kissen auf ihren Schoß und sagt: »Wir reden vom Grimoire.«
    Und Oyster tippt eine Nummer in sein Handy und sagt: »Wenn wir es finden, müssen wir es uns teilen.«
    Und ich sage, nein, wir müssen es vernichten.
    »Nachdem wir es gelesen haben«, sagt Helen.
    Und in sein Handy sagt Oyster: »Ja, ich warte.« Und zu uns sagt er: »Das ist mal wieder typisch. In diesem einen Auto haben wir die gesamte Machtstruktur der westlichen Gesellschaft versammelt.«
    Oyster zufolge besitzen die »Dads« alle Macht, und deswegen sind sie gegen jede Veränderung.
    Er meint mich damit.
    Ich zähle 1, zähle 2, zähle 3 ...
    Oyster sagt, die »Mamas« haben zwar auch etwas Macht, aber sie wollen noch mehr.
    Er meint Helen damit.
    Ich zähle 4, zähle 5, zähle 6 ...
    Und junge Leute, sagt er, besitzen wenig oder gar keine Macht, und deswegen wollen sie unbedingt wenigstens ein bisschen.
    Oyster und Mona.
    Ich zähle 7, zähle 8 ..., und Oyster redet immer weiter.
    Dieser Phobiker der Stille. Dieser Redesüchtige.
    Nur mit einer Mundhälfte lächelnd, sagt Oyster: »Jede Generation möchte die letzte sein.« Ins Handy sagt er: »Ja, ich möchte eine Kleinanzeige aufgeben.« Er sagt: »Ja, ich warte.«
    Mona nimmt wieder das Kissen vors Gesicht. Die roten Ranken und Schlangen ziehen sich bis an die Spitze jedes Fingers.
    Trespe, sagt Oyster. Senf. Kudzu.
    Karpfen. Stare. Fleisch säen.
    Oyster schaut aus dem Autofenster und sagt: »Habt ihr euch schon mal gefragt, ob Adam und Eva nicht bloß die Hundewelpen waren, die Gott fortgejagt hat, weil sie nicht stubenrein werden wollten?«
    Er kurbelt das Fenster herunter, und der Gestank weht herein, der stinkende warme Wind toter Fische. Er schreit gegen den Wind: »Vielleicht sind die Menschen nur die Hauskrokodile, die Gott im Klo runtergespült hat.«

24
     
    Vor der nächsten Bücherei bitte ich, im Wagen bleiben zu dürfen, während Helen und Mona hineingehen, um das Buch ausfindig zu machen. Als sie weg sind, blättere ich in Helens Terminkalender herum. Fast für jeden Tag ist ein Name eingetragen, und manche davon kenne ich sogar. Der Diktator irgendeiner Bananenrepublik oder jemand aus der Welt des organisierten Verbrechens. Und jeder dieser Namen ist mit einem kurzen roten Strich ausgestrichen. Das

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