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Lullaby (DE)

Lullaby (DE)

Titel: Lullaby (DE) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Dabei blickt sie immer wieder zwischen Tastatur und Bildschirm hin und her. Oben am Bildschirm steht in großen Buchstaben: »Zusammenfassung.«
    Der Polizeifunk sagt Code neun-elf.
    Mona tippt weiter und sagt: »Keine Ahnung, warum ich euch nicht wegen Körperverletzung anzeige.«
    Weil ich und Helen ihr vielleicht am Herzen liegen, sage ich.
    Und Mona sagt: »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    Vielleicht unternimmt sie nichts, weil sie immer noch hinter dem Grimoire her ist.
    Und Mona sagt kein Wort. Sie dreht sich auf dem Stuhl und zieht ihre Bauernbluse an der Seite hoch. Die Haut über den Rippen, unter den Armen, ist weiß mit lila Flecken.
    Zähe Liebe.
    Durch die Tür zu ihrem Büro schreit Helen: »Ein anderes Wort für ›gequält‹?« Ihr Schreibtisch ist mit aufgeschlagenen Büchern bedeckt. Unter dem Schreibtisch trägt sie einen rosa Schuh und einen gelben Schuh.
    Das rosa Seidensofa, Monas geschnitzter Louis-quatorze-Schreibtisch, der Couchtisch mit den Löwenbeinen, alles ist mit Staub überzogen. Die Blumensträuße sind welk und braun und stehen in schwarzem stinkendem Wasser.
    Der Polizeifunk sagt Code drei-elf.
    Ich sage: Entschuldigung. Es war nicht recht, sie so hart anzufassen. Ich packe meine Hose an der Bügelfalte und ziehe sie hoch, um ihr die lila Flecken an meinen Schienbeinen zu zeigen.
    »Das ist was anderes«, sagt Mona. »Ich habe mich verteidigt.«
    Ich stampfe ein paarmal mit dem Fuß auf und sage, die Entzündung sei aber schon stark zurückgegangen. Ich sage: Danke.
    Und Helen schreit: »Mona? Ein anderes Wort für ›geschlachtet‹?«
    Mona sagt: »Wenn wir gehen, müssen wir uns mal unterhalten.«
    Helen beugt sich in ihrem Büro über ein aufgeschlagenes Buch. Ein Hebräisch-Wörterbuch. Daneben liegt ein Leitfaden für klassisches Latein. Darunter ein Buch über Aramäisch. Daneben eine Abschrift des Merzliedes. Der Papierkorb neben dem Schreibtisch ist voller Pappbecher.
    Ich sage: He.
    Und Helen blickt auf. Sie hat einen Kaffeefleck auf dem grünen Kragen. Das Grimoire liegt aufgeschlagen neben dem Hebräisch-Wörterbuch. Und Helen blinzelt einmal, zweimal, dreimal und sagt: »Mr. Streator.«
    Ich frage, ob sie essen gehen will. Ich muss mir noch John Nash vornehmen, ihn zur Rede stellen. Ich hatte gehofft, sie würde mir dafür etwas mitgeben können. Einen Zauber, mit dem ich mich unsichtbar machen kann. Oder mit dem ich anderer Leute Gedanken beherrschen kann. Oder etwas, was mich abhält, ihn umzubringen. Ich stelle mich neben sie, um sehen zu können, was sie gerade übersetzt.
    Und Helen schiebt ein Blatt Papier über das Grimoire und sagt: »Ich habe heute allerhand zu tun.« Sie wartet, in einer Hand einen Stift. Mit der anderen klappt sie das Wörterbuch zu. Sie sagt: »Musst du dich nicht vor der Polizei verstecken?«
    Und ich frage, ob sie mit mir ins Kino will.
    Und sie sagt: »Dieses Wochenende nicht.«
    Ich frage, ob ich uns Karten für die Sinfonie besorgen soll.
    Und Helen wedelt mit einer Hand und sagt: »Tu, was du willst.«
    Und ich sage: Großartig, abgemacht.
    Helen schiebt den Bleistift in das rosa Haar hinter dem Ohr. Sie schlägt ein anderes Buch auf und legt es auf das Hebräisch-Buch. Einen Finger als Lesezeichen in dem Wörterbuch, sieht Helen zu mir auf und sagt: »Es ist nicht so, dass ich dich nicht mag. Ich habe jetzt bloß wirklich ziemlich viel zu tun.«
    In den Seiten des aufgeschlagenen Grimoire steckt ein Zettel mit einem Namen. Am Rand einer Seite steht der Name von heute, das Mordopfer von heute. Da steht: Carl Streator.
    Helen klappt das Grimoire zu und sagt: »Das verstehst du doch.«
    Der Polizeifunk sagt Code sieben-zwo.
    Ich frage, ob sie mich heute Abend im Gartoller-Haus besuchen kommt. Ich stehe in der Tür zu ihrem Büro und sage, ich kann es kaum erwarten, wieder mit ihr zusammen zu sein. Ich brauche sie.
    Und Helen lächelt und sagt: »So soll es auch sein.«
    Im Vorzimmer packt Mona mich am Handgelenk. Sie nimmt ihre Handtasche, schlingt sich den Gurt um die Schulter und schreit: »Helen, ich geh jetzt essen.« Zu mir sagt sie: »Wir müssen reden. Aber draußen.« Sie schließt die Tür auf, und wir gehen.
    Auf dem Parkplatz bleibt Mona neben meinem Auto stehen, sie schüttelt den Kopf und sagt: »Du hast keine Ahnung, was sich hier abspielt, stimmt’s?«
    Ich bin verliebt. Und wenn du mich umbringst.
    »In Helen?«, sagt sie. Sie schnipst mir mit den Fingern vorm Gesicht und sagt: »Du bist nicht verliebt.« Sie seufzt.

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