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Lumpenloretta

Lumpenloretta

Titel: Lumpenloretta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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holen ist, und Locke ist gerade erst gekommen, die kann man nicht gleich wieder losschicken, und von dem, was die Nachbarsbraut daheim hat, dürfte nicht einmal eine Maus satt werden, und er selber ist zu faul, um sich auf den Weg zu machen. Das hat Zecke seufzend eingesehen, hat sich ein T-Shirt übergezogen und ist zu den abgestellten Fahrrädern gelatscht.
    Die Loretta und Locke sind erst aus dem Wasser gekommen, wie Zecke samt Kühltasche und zwei prallen Tragetaschen wieder anmarschiert ist und Wurstsemmeln und Coke verteilt hat. Glatze hat gemerkt, dass Zahn mit der Liebe auf den ersten Blick wirklich nicht falsch gelegen ist. Ist ja auch nicht zu übersehen gewesen. Die Loretta hat nur noch Augen für Locke gehabt. Dicht neben ihr ist sie gesessen, hat nur mit ihr geredet. Als ob Zecke, Zahn und Glatze gar nicht da gewesen wären. Und wie Locke dann gesagt hat, dass sie heimradeln muss, weil sie zuhause sein will, wenn ihr Papa den Opa aus der Reha-Klinik, wo er drei Wochen gewesen ist, heimbringt, hat die Loretta blitzschnell ihr bisschen Badezeug zusammengepackt und ist hinter Locke her zu den Fahrrädern.
    „Die pickt wie eine Klette an Locke“, hat Zahn gemurmelt, und Zecke hat gesagt: „In diesem Alter neigen Mädchen lesbischen Tendenzen zu, aber keine Sorge, Glatze, in spätestens fünf Jahren hat sich das ausgewachsen!“
    Glatze ist bei Zecke und Zahn geblieben. Was die zwei von ihm denken, ist ihm sehr wichtig. Und das Grinsen, mit dem sie ihm nachgeschaut hätten, wäre er hinter Locke und der Loretta hergeradelt, hat er sich ausmalen können. Wie die Sonne hinter den Büschen am Ufer verschwunden ist, hat Zecke erklärt, dass er zu frieren anfängt und heimradeln will.
    „Zu dir oder zu mir, Zecke?“, hat Zahn gefragt, bevor sie auf die Räder gestiegen sind. Bei Glatze daheim zu sein, schätzen weder Zecke noch Zahn. Sie finden sich dort – wie es Zecke ausdrückt – nicht gerade herzlich umarmt. Zecke hat zu Zahn wollen. Wegen dem Tischtennis-Tisch im Garten.
    „Ohne mich“, hat Glatze erklärt. „Ich fühl mich nicht. Zu viel Sonne auf der Birne.“
    Zecke und Zahn haben so getan, als ob sie es glauben würden. Zu dritt sind sie losgeradelt, Zecke und Zahn in aller Gemütlichkeit, Glatze affenschnell. Wie er sein Rad durch den Vorgarten geschoben hat, sind Zecke und Zahn erst zwei winzige Pünktchen weit hinten auf der Landstraße gewesen.

GLATZE HAT SEIN RAD ABGESTELLT und ist in den Garten raus. Seine Mutter und die Locke-Mutter sind bei den Ribiseln gestanden und haben – über den 19er-Garten rüber – in den Locke-Garten geschaut. Zur Hollywood-Schaukel hin, auf der der Locke-Opa zwischen Loretta und Locke gesessen ist. Einen Arm um Lockes Schultern, einen um Lorettas Schultern. Und alle drei haben gelacht.
    Glatze hat seine Mutter sagen gehört: „Schick sie heim. Sie kann sich doch nicht einfach bei euch häuslich niederlassen!“
    Die Locke-Mutter hat drauf gesagt: „Das Haus gehört immer noch dem Alten. Und wer bei ihm zu Gast ist, hat er mir erklärt, geht mich einen feuchten Staub an.“
    Ohne zu grüßen ist Glatze an den Mamas vorbei über die Ribiseln und quer durch den 19er-Garten und wieder über die Ribiseln, zur Hollywood-Schaukel.
    „Schön, dass Sie wieder daheim sind!“, hat er zum Locke-Opa gesagt.
    „Sehen nicht alle so!“ Der Locke-Opa hat zu seiner Schwiegertochter gedeutet, die neben der Glatze-Mutter aus dem Glatze-Garten abmarschiert ist.
    Der Mund vom Opa ist nicht mehr schief verzogen gewesen. Ziemlich putzmunter hat er ausgeschaut, kein bisschen mehr hinfällig und angeschlagen.
    Locke ist zur Armlehne der Schaukel gerutscht, damit zwischen ihr und dem Opa ein Platz für Glatze frei wird. Glatze hat so getan, als würde er es nicht bemerken und hat sich neben der Loretta auf die andere Armlehne gesetzt.
    Die Loretta hat sich an den Locke-Opa gekuschelt und gegurrt: „Opa, erzähl noch so eine lustige Geschichte!“
    Der Locke-Opa hat den Kopf geschüttelt. Jetzt, hat er gesagt, kümmert er sich erst einmal um den verstopften Abfluss und den Durchlauferhitzer im 19er-Haus. Vielleicht kann er die Sache hinkriegen, ohne einen Installateur zu rufen. Er ist aufgestanden und ins Haus gegangen, um seinen Werkzeugkasten zu holen, und die Loretta ist hinter ihm hergejappelt.
    Glatze ist auf der Armlehne sitzen geblieben. „Wie war es denn in Salzburg?“, hat er gefragt.
    „Nicht gerade das Gelbe vom Ei“, hat Locke gesagt.
    „Und warum nicht?“

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