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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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Seine Opfer zu vernichten. Er kennt keine Gnade, denn Seine Seele ist
verbrannt.«
    »Ich
kenne diese Geschichten«, erwiderte Maria ernst. Plötzlich war ihr spanischer
Akzent deutlich ausgeprägt und klar erkennbar. Wahrscheinlich war das auf ihre
Aufregung zurückzuführen. »Und ich weiß sehr wohl, dass es nicht einfach wird.
Aber wir können doch auch nicht die Hände in den Schoß legen und nichts tun!«
    »Vor
fast zwanzig Jahren haben wir versucht, uns gegen Ihn zu wehren, doch
was hat uns das gebracht?«, mischte sich ein blonder junger Mann ein. Beifallheischend
sah er sich in der Menge der Umstehenden um. »Was hat uns das gebracht?«,
wiederholte er mit erhobener Stimme. »Außer Tod, Leid und Schmerz?«
    »Es
hat mir das Leben gebracht«, schnappte die Mexikanerin. »Meine Eltern
haben nicht einfach die Augen zugepresst und darauf gehofft, dass bald alles
von selbst zu Ende geht. O nein, sie haben gekämpft und ihr Leben so teuer wie
möglich verkauft – und das meine dabei gerettet!«
    »Sie
hätten auch ihr eigenes retten können, wenn sie den klugen Weg gewählt und sich
vor Ihm verborgen hätten!«, wetterte der Blonde.
    Unvermittelt
färbte Marias ohnehin von Natur aus dunkles Gesicht sich noch finsterer. »Hüten
Sie Ihre Zunge! Ich warne Sie, wenn Sie meine Familie beleidigen ...«
    »Beruhigen
Sie sich bitte, Señora«, versuchte der Redner sie zu beschwichtigen. »Wir sind
doch alle hier, um über unsere schwierige Situation zu beratschlagen, und ich
bin sicher, wir werden zu einem Ergebnis kommen, das jeden zufriedenstellt.«
    Maria
schnaubte verächtlich und knurrte etwas in ihrer Muttersprache, vermutlich ein
wenig damenhafter Fluch, den sie bevorzugte, nicht mit den anderen zu teilen.
    »Der
junge Mann hat recht«, sagte die ältliche Dame vorsichtig, die Maria auch schon
zuvor widersprochen hatte. »Diesem Wahnsinn ist mit gewöhnlichen Mitteln nicht
beizukommen. Wir werden nur wieder unsere Geliebten verlieren, wenn wir
versuchen, dem Schrecken mit Gewalt Einhalt zu gebieten. Vielleicht wäre es
besser, wenn wir uns zurückziehen. Wieder dorthin zurückgehen, wo wir hergekommen
sind. Die Zeichen einfach nicht deuten. Das könnte zahlreiche
unschuldige Leben retten.«
    »Zurückziehen?«,
echote eine rothaarige, voluminöse Frau erregt. Sie hatte einen ausgeprägten
russischen Akzent und ihren riesigen Körper in ein grellrotes Seidenkleid
gepresst, dessen Ärmel sichtbar an ihren Oberarmen spannten. »Aber wohin denn?«
Sie schüttelte heftig den Kopf, dass ihr rotes Haar flog und die goldenen
Kettchen und Ringe, die sie an allen nur erdenklichen Körperstellen verteilt
hatte, hörbar klimperten. Feine Schweißperlen traten auf ihre Oberlippe, als
sie erregt und in rasender Geschwindigkeit fortfuhr. »Begreifen Sie denn nicht,
dass es kein Entrinnen gibt? Unsere heutige Situation ist nicht einmal im
Ansatz mit den Vorfällen der Vergangenheit zu vergleichen!«
    Ein
Wispern und Raunen ging durch die Menschenmenge, einige vereinzelte Rufe der
Zustimmung oder des Zornes wurden in Richtung der Russin geworfen. Geballte
Fäuste wurden in den Himmel gereckt, Köpfe ungläubig und missbilligend
geschüttelt.
    »Ist
das wahr?«, rief der Blonde über die allgemeine Unruhe hinweg. »Ist Er nicht die einzige Bedrohung, um die wir uns Sorgen machen müssen?«
    Von
einer Sekunde auf die andere waren alle Augen auf den Mann mit der grauen Strähne
im Haar gerichtet, und auf dem in tiefes Rot getauchten Hügel kehrte Grabesstille
ein.
    »Es
ist … wahr«, stimmte er widerwillig zu. »Hier sind Kräfte am Werk, die selbst
unsere gewaltigen Horizonte sprengen, eine Macht, die nicht einmal Er selbst unter seine Kontrolle zwingen könnte. Gewiss hat ihr Erwachen Ihn angelockt, Ihn aus Seinem Versteck gescheucht, aber was uns
tatsächlich bevorsteht …«
    Plötzlich
hielt er mitten im Satz inne. Mit noch immer halb erhobener Hand drehte er sich
einmal um seine eigene Achse und betrachtete die Reihe seiner Zuhörer eingehender.
Seine Stirn legte sich in Falten.
    »Verzeiht,
dass ich unsere Unterhaltung unterbrechen muss«, sagte er langsam, »aber ich befürchte,
wir sind nicht mehr unter uns.«
    Ein
erregtes Raunen ging durch die Menge, und in den bisher wie erstarrt liegenden
Kreis kam Bewegung. Köpfe wandten sich um, Menschen taten vorsichtige Schritte
zurück und betrachteten eingehend den Boden unter ihren Füßen. Auch Taoyama tat
es ihnen gleich, von dem Einfluss der Gruppe mitgerissen, obwohl er

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