Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
ist noch immer zu schwach, um aus dem Krankenhaus entlassen zu werden. Die
Ärzte werden dem niemals zustimmen.«
»Wir
haben eine vorzügliche Krankenstation in unserem Sektor«, gab Freudt zurück.
»Deiner Freundin wird es nicht schlecht ergehen.«
»Ein
Anwalt!«, brachte Kiro hervor. Mittlerweile stand ihm die Verzweiflung ins
Gesicht geschrieben, ein Gefühl, das ich nur zu gut nachvollziehen konnte. »Uns
steht ein Anwalt zu!«
Freudt
nickte. »Ich gebe dir recht, euch wird ein Pflichtverteidiger zugeteilt werden,
sobald wir auf dem Revier eingetroffen sind. Doch vorerst muss ich euch bitten,
mich zu begleiten.«
»Um
die Station zu verlassen, brauchen wir Doktor Hansens Einverständnis«,
klammerte Kiro sich an einen letzten Strohhalm. »Sprechen Sie mit dem Chefarzt.«
»Der
Chefarzt weiß Bescheid und hat mir längst seine Einwilligung erteilt.« Freudt
lächelte.
Kiros
Augen verengten sich zu Schlitzen, und plötzliches Misstrauen verdrängte für
kurze Zeit die Hilflosigkeit aus seinem Blick.
»Sie
lügen«, sagte er langsam.
»Warum
sollte ich das tun?«
»Das
weiß ich nicht. Sagen Sie es mir.«
Das
Lächeln wich keinen Moment lang aus Freudts Gesicht. »Mach dich nicht
lächerlich, Junge. Ich weiß, dass eure Lage im Augenblick trostlos erscheint,
doch alles ist halb so schlimm, wie es aussieht. Wenn ihr die Wahrheit sagt,
dann habt ihr nichts weiter zu befürchten. Eure strikte Weigerung, mich zu
begleiten, müsste ich allerdings im Verlauf der weiteren Ermittlungen zu euren
Ungunsten auslegen.«
Krampfhaft
biss Kiro sich auf die Unterlippe. Ich konnte ihm ansehen, wie er mit sich selbst
rang, was ich nur zu gut verstehen konnte. Auch für mich war offensichtlich,
dass hier eine Verschwörung gegen uns im Gange war, der wir nicht das Geringste
entgegenzusetzen hatten.
»Darf
ich wenigstens meine Kleider wechseln?«, fragte ich dumpf.
Freudts
gut gelauntes Lächeln richtete sich auf mich.
»Selbstverständlich.«
»Allein«,
fügte ich hinzu, als er keine Anstalten machte, sich zu bewegen.
»Ich
werde nicht hinsehen.«
»Es
wäre mir lieber, wenn Sie ganz hinausgehen würden«, beharrte ich.
Freudt
schien diesen Gedanken einen Moment im Geiste abzuwiegen, und sein Blick
streifte das Fenster gegenüber, in dem nur die Baumkronen der riesigen Eichen
zu sehen waren. Es war dieser Anblick, der ihn schließlich zu einem zögerlichen
Nicken veranlasste.
»Gut,
meinetwegen. Ich warte vor der Tür. Klopft, wenn ihr soweit seid.« Er erhob
sich und bewegte sich hinaus, wandte sich jedoch noch einmal zu uns um. »Und
versucht nicht, Zeit zu schinden. Damit strapaziert ihr nur unnötig meine
Geduld und ändert nichts an den Tatsachen. Haben wir uns verstanden?«
Ohne
eine Antwort abzuwarten, zog er die Tür ins Schloss.
Ich
stieß die Luft aus, die ich unbewusst angehalten hatte. Erst jetzt merkte ich,
dass ich am ganzen Körper zitterte und in Schweiß gebadet war.
»Geht
es dir gut, Laura?«, fragte Kiro behutsam. »Du siehst blass aus.«
»Ging
mir niemals besser.« Ich fuhr mir mit der Hand durch das feuchte Gesicht.
Plötzlich begann ich leise zu lachen.
»Was?
Was ist denn?«, fragte Kiro, der nun eindeutig beunruhigt klang.
»Ich
Idiot habe vergessen, dass ich gar keine Kleider zum Wechseln habe! Die sind
alle ... alle verbrannt ...« Nach diesen Worten brach ich in schallendes Gelächter
aus, bei dem mir die Tränen über die Wangen liefen.
Kiro
erhob sich, trat an mein Bett und ging vor mir in die Knie, um mich an beiden
Schultern zu greifen. Unsere Gesichter waren auf gleicher Höhe, und er sah mir
tief in die Augen. »Beruhige dich, Laura. Ich weiß, unsere Situation sieht
nicht besonders rosig aus, aber wir werden das hier durchstehen. Okay?«
Ich
hörte auf zu lachen, doch meine Tränen brauchten etwas länger, um zu versiegen.
»Ich glaube, ich schaff das nicht, Kiro«, sagte ich. »Ich schaff das einfach
nicht.«
»Doch,
du schaffst das. Wir beide schaffen das.«
»Dieser
Mann will uns nichts Gutes. Das spüre ich einfach. Wir dürfen auf gar keinen
Fall mit ihm gehen.«
»Ich
weiß, Laura. Ich weiß. Ich denke ja nach.«
Mein
Blick ging starr geradeaus, an Kiros Schulter vorbei und zu den Wipfeln der
Bäume, die vor dem Gebäude wuchsen. »Das Fenster«, sagte ich tonlos. »Kiro, wir
müssen durch das Fenster.«
»Abhauen?«,
versicherte Kiro sich. »Ist das dein Ernst? Das wäre praktisch ein Geständnis.«
»Das
weiß ich auch, aber wir haben keine andere Wahl.
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