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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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erzählte mir die nachfolgende wahre Begebenheit, die mich sehr beeindruckte:
    Als die neunzigjährige Frau nach ihrer fröhlichen Geburtstagsfeier bei der Verabschiedung ihrer Liebsten an der Haustür plötzlich zusammenbrach, gab es unter vierzehn Enkeln, vier Kindern, zahlreichen Nichten und Neffen nur eine Einzige, die einen kühlen Kopf bewahrte, weil sie in einem medizinischen Beruf tätig war und wusste, was folgen würde. »Nein, wir warten, bis wir den Notarzt rufen. Sonst reanimiert der sie und dann? Was glaubt ihr, wie Tante Elsbeth gerne sterben würde? Gäbe es einen schöneren Zeitpunkt als diesen, wo wir alle da sind? Los, wir tragen sie in die Wohnung, legen sie auf das Sofa und setzen uns zu ihr.«
    Bei der Arbeit an einem Buch über die Reinkarnation habe ich erfahren, dass der Zeitpunkt der Geburt von enormer Bedeutung sei. Viele Menschen, die per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen seien, hätten später große Probleme, ihren Lebensweg zu finden, da ihnen falsche astrologische Voraussetzungen in die Wiege gelegt worden wären.
    »Aber kann man das nicht vorher regeln?«, fragte ich das Medium, für das ich dieses Buch schrieb. »Kann man nicht bei der Planung seines neuen Lebens wissen, dass man per Kaiserschnitt auf die Welt kommen wird, und das mit einkalkulieren?«
    Ich erhielt keine Antwort und gab sie mir selbst, so wie man sich die Antworten in den entscheidenden Fragen immer selbst geben muss.
    Bei unseren Haustieren entscheiden wir vieles, ohne uns Gedanken darüber zu machen, ob wir das dürfen, ob ihnen das recht wäre. Manche Tiere müssen viel über sich ergehen lassen, weil sich ihre Besitzer nicht von ihnen trennen können. Wer sich mit dem Abschied auseinandersetzt, wird sein Tier nicht quälen, sondern spüren, wann die Zeit ist, es gehen zu lassen. Auch wenn dieses Einfühlen sehr wehtun kann – es ist die Voraussetzung für einen gelungenen Abschied, Teil unserer Verantwortung. Loslassen zeugt von Liebe.
    Die berührendsten Momente sind immer jene, in denen uns die Vergänglichkeit bewusst ist – sonst wären sie ja nicht einzigartig. Das Bewusstsein der Vergänglichkeit kann uns anspornen, unser Leben so zu gestalten, dass wir an seinem Ende feststellen: Es war ein schönes, erfülltes Leben. Spätestens im Rückblick wird deutlich, dass Leben nicht eine Frage der Quantität ist, sondern eine der Qualität. Ein intensiv gelebtes Jahr kann viele verschlafene Jahre aufwiegen.
    Den gelingenden Abschied gestalten wir Tag für Tag, Stunde um Stunde. Indem uns das bewusst ist, wird das Leben bunter, tiefer und spürbarer. Jede Sekunde ist einzigartig. Man lebt anders, wenn man loslassen übt und sich mit Abschieden auseinandersetzt. Die Sterbenden, die wir begleiten, können ein Ansporn für unser Leben sein, es in andere Bahnen zu lenken. Insofern schenken sie uns unendlich viel. Im Grunde genommen gehen sie nur voraus.
    Nach dem Tod Leanders waren auch die kleinen, alltäglichen Abschiede für mich sehr wichtig. Ich achtete darauf, die Menschen, von denen ich mich verabschiedete, bewusst wahrzu nehmen. Wenn wir uns umarmten, machte ich das nicht hoppla- hopp, sondern vergegenwärtigte mir unsere Begegnung, Berührung. Es könnte das letzte Mal sein. Ich fand das nicht belastend, sondern bereichernd – eine Erinnerung an die Kost barkeit unserer Beziehung. Was Johannes betrifft, ist dies bis heute so geblieben. Wenn er das Haus verlässt, begleite ich ihn oft bis zur Tür, und wenn er nach Hause kommt, gehe, manchmal laufe ich ihm entgegen. Da bin ich wie Luna: Das Herrchen ist da. Wedel, wedel!

Der Sprung
    D ie Trauer um einen geliebten Menschen ist nicht befristet auf einen bestimmten Zeitraum. Jeder Mensch trauert anders und unterschiedlich lang. Manche verschenken in der ersten Woche nach dem Tod ihres Ehepartners dessen Kleidung, andere betreten sein Zimmer nie mehr, nichts darf dort verändert werden. Das erste Jahr ist eine Bewährungsprobe für die Zukunft – Frühling, Sommer, Herbst und Winter, Feier- und Geburtstage ohne den geliebten Menschen zu er- oder überleben. Das erste Silvester, Ostern, Weihnachten ohne dich. Mein Geburtstag ohne dich, dein Geburtstag ohne dich. Dein erster Todestag. Als ich das erste Jahr überstanden hatte, war ich schon tief in den Tunnel vorgedrungen und hatte zahlreiche kleinere und größere Lichter wahrgenommen, manchmal sogar eine Sternschnuppe. Daran orientierte ich mich und lief, vielleicht wies Leander mir die Richtung, in

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