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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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wickelte den kleinen Wuckel in einen warmen Pullover, nur der Kopf schaute noch raus. Ich hatte sie so lieb, dass es wehtat. So ist es mit der Liebe, wenn man über das Jetzt hinausdenkt. Ich versuchte schnell zurückzukehren in den Augenblick und landete in der Zukunft. Ein langes, glückliches Leben stand uns bevor.
    »Du wirst doch wieder gesund?«, fragte ich sie dennoch.
    Sie gähnte ausgiebig und zeigte mir ihre blendend weißen Milchzähne. Dann kuschelte sie sich in den Pullover und schlief ein. Am nächsten Tag war der Husten nur noch eine Erinnerung, die ich nie vergaß. Luna war »nur« ein Hund. Wenn sie ein Kind, mein Kind wäre. Wenn ich als Mutter zusehen müsste, wie mein Kind leidet, nicht bloß an einem Husten, an einer schlimmen Krankheit, wenn es Schmerzen hat und ich sie ihm nicht abnehmen kann, wenn es ganz allein ist und ich hilflos nur da sein, aber nicht wirklich lindern kann … Die Große bei einem Hund zu sein erscheint als leichte Übung im Gegensatz zu der Aufgabe, diese Stelle bei einem Kind einzunehmen.

Brosamen Jetzt
    E s stand noch eine letzte Impfung an, ich nutzte die Gelegenheit, Lunas Lunge abhören zu lassen, keine Tonspur mehr von einem Husten.
    »Kerngesund«, sagte die Tierärztin und empfahl mir ein Mittel gegen Zecken, damit Luna das auch bliebe. Zur Information bekam ich einen Flyer in die Hand gedrückt. Dort las ich, wie ich eine Zecke entfernen sollte. Mit der Zeckenzange den Körper packen und sie drehend herausziehen. Ekelhaft! Nein, das würde ich nicht schaffen. Ein Jahr später sollte ich ein gutes Dutzend Zecken aus dem Hundeleib gezogen haben, viele ohne Zange mit den Fingern. Ja, Hundebesitzer sind ein seltsames Volk, ich merkte es nicht nur an mir.
    »Wissen Sie eigentlich, wer Ihr Hund ist?«, fragte mich die Frau, die auf ihren Pudel wartete, der sterilisiert worden war, und ließ sich von Luna die nackten Waden abschlecken.
    »Äh, wie?«, fragte ich.
    »Welche Seele in ihm inkarniert hat«, erläuterte sie ungeduldig.
    Ich wusste nicht, was ich erwidern sollte. Sah man mir die Witwenschaft an?
    »Also in meinem Nico, da ist mein verstorbener Mann drin.«
    »Ach ja?«
    Ihr prüfender Blick traf zuerst Luna, dann mich.
    »Am Anfang war ich mir nicht sicher. Gewünscht hätte ich es mir schon. Aber man weiß es halt nicht.«
    »Man weiß so wenig«, hielt ich mich bedeckt.
    Die Frau lächelte mich an. »Und bei Ihnen?«, fragte sie und kraulte Lunas seidenweiche Ohren. »Gerade so ein Welpe. Der ist ja noch ganz dicht dran am Jenseits. Haben Sie denn keine Verstorbenen, die Ihre Nähe suchen?«
    Das Gespräch wurde mir unangenehm. Wieso quatschte sie ausgerechnet mich an? Es gab doch noch andere Warten de, die, obwohl sie sehr vertieft in Zeitschriften und ihre Haus tiere taten, die Ohren spitzten. Dann fiel mir auf, dass ihre Frage auch bedeuten konnte, dass die Verstorbenen meine Nähe mieden. Wo blieb mein Zeckenschutz?
    »Also ich bin ganz sicher«, ließ mich die Frau wissen. »Man spürt es. Hier!« Sie klopfte sich auf die Brust. »Wahre Liebe lässt sich nicht durch eine veränderte Gestalt täuschen.«
    »Sie meinen also«, fasste ich zusammen, »dass verstorbene Menschen in Tieren wiedergeboren werden?«
    »Durchaus«, sagte die Frau. »Wenn die Liebe sehr tief ist.«
    »Weiß der Hund, dass er Ihr Mann ist?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein, das kann er nicht wissen.«
    »Aber was haben Sie dann davon? Sie hätten doch nur etwas davon, wenn der Hund sich daran erinnern könnte!«
    »Hauptsache, ich kann meinen Mann weiter lieben. Und außerdem stellen Sie sich die schreckliche Situation vor, er wollte sich verständlich machen, könnte es aber nicht, da ihm als Hund die Fähigkeit zu sprechen fehlt.«
    »Da ist es besser, Hund bleibt Hund.«
    Die Frau sah mich mit einem Blick an, der mich an den Blick erinnerte, mit dem ich Menschen mustere, die mein Mitgefühl verdienen, weil sie nicht erkennen, was mir klar scheint. In diesem Moment öffnete sich die Tür, und ein Paar kam herein, ohne Tier. Vor sich her schob es eine Welle der Trauer, die drückte alle Wartenden an die Wand. Das Paar war alt, über siebzig. Es ging Hand in Hand zur Anmeldung, die Frau weinte leise, der Mann hielt sich krampfhaft an der Hundeleine in seiner Hand fest. Wieder spitzten alle die Ohren, diesmal auch ich. Ich verstand nur Wortfetzen: Auto und morgens tot im Korb.
    Ich hob die kleine Luna auf meinen Schoß. Das konnte sie nicht ausstehen, aber ich brauchte das

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