Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
Vom Netzwerk:
jetzt. Wir zwei, wir waren hier am Beginn unserer Freundschaft, im Milchzahnstatus. Die ersten Impfungen, das erste Zeckenmittel, das Leben ein Abenteuerspielplatz, unbeschwert, neugierig, fröhlich. Eines fernen Tages, dachte ich, endet unsere Geschichte, von der ich bereits spürte, dass es eine Liebesgeschichte war. Und ich wusste auch, dass zehn, zwölf, vierzehn Jahre sehr schnell vergehen können, wenn man rückblickend über sie hinwegschaut. Es kommt auf die Blicke in die Ecken, Falten und Spalten an. Sie würden diese Zeit verlängern und vertiefen. Je mehr ich davon sehen, hören, riechen, schmecken, erfahren, erinnern könnte, desto länger würde die Zeit währen. In jeden Brosamen Jetzt legte ich Proviant für später an.
    Die warme Luna-Zunge schleckte über meinen Handrücken. Ekelhaft. Und wunderbar. Sagen wir vierzehn Jahre, setzte ich hoch an. Ist eine lange Zeit, wenn sie in Tage und Stunden zerfällt. In unzählige Male über die Hand lecken, Bälle apportieren, über Wiesen rennen, in Pfützen springen, schwimmen, schmusen, schlafen. Mehr kann ich nicht tun. Nicht für den Hund, nicht für mich. Das Leben feiern: da sein im Jetzt.

Rohfleisch oder Muttermilch
    S o wie viele meiner Freundinnen, bevor sie Mutter wurden, schworen, ganz anders zu werden als all die anderen Mütter, und dann genauso wurden wie sie, wurde auch ich zu jener Hundebesitzerin, die ich nie hatte sein wollen. Während ich das am Anfang noch abstritt, nahm ich es später einfach hin. Leben heißt Veränderung. Es wäre langweilig und traurig, wenn man in allen Bereichen immer derselbe Mensch bliebe. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum Personen des öffentlichen Lebens eine Meinungsänderung so oft als Charakterschwäche ausgelegt wird. Für mich ist es eine Stärke, die Meinung ändern zu können, wenn man seinen Horizont erweitert und neue Aspekte in seine Überlegungen einbezieht. Die kleine Luna schenkte mir ein ganzes Rudel interessanter Gesichtspunkte. Deshalb verbrachte ich nun auch viel Zeit mit Menschen, mit denen ich vorher keine Gemeinsamkeiten geteilt hatte. Meistens kannte ich ihre Namen nicht, und sie kannten meinen nicht. Ich war das Luna-Frauli oder -Frauchen, sie waren das Nino-, Bronco-, Hexe-Frauli oder das Toni-, Luna-, Shandra-Herrli. Allein durch unsere Hunde unterschieden wir uns, und bei ihnen wurde Wert darauf gelegt, was bei uns Unisexlern keine Rolle spielte: Manderl und Weiberl. Dem Geschlecht diente oft die erste Frage, schon von Weitem, wenn die Stellung des Hundekörpers ohne Sicht auf den Unterleib keinen eindeutigen Schluss zuließ: »Is des a Manderl oda a Weiberl?«
    Mann und Frau hatten ihr Geschlecht durch Herrli oder Frauli verloren und erhoben keinen Einspruch, denn als Herrli oder Frauli war es klar, wer im Mittelpunkt stand: Manderl oder Weiberl. Ebenso klar war, dass jedes Frauchen und Herrchen am besten Bescheid wusste über Hundekommunikation. So wie sich die Vierbeiner hintenrum beschnüffelten, manchmal mit stocksteifen Beinen Dominanz zeigten und das Nackenfell aufstellten, umkreisten sich Frauchen und Herrchen und hatten recht – ob das die autoritäre, die antiautoritäre, die freundschaftliche oder partnerschaftliche Hundeerziehung betraf, Klickertraining, Leckerli, Bonding und Calming und, und, und. Es schien Chartlisten zu geben für die Beliebtheit mancher Hundetrainer, die gern Flüsterer genannt wurden, und ihre Methoden. Kurzzeitig spielte ich mit dem Gedanken, mir einen Überblick zu verschaffen, dann schwante mir nicht nur der Zeitaufwand, sondern auch die Gefahr. Viele kriegerische Auseinandersetzungen wurden in bester Ab sicht angezettelt – auch der Krieg der Mütter gegen die Nichtmütter, der Krieg der nicht berufstätigen Mütter ge gen die berufstätigen Mütter und der der Ganztagsmütter gegen die halbtags berufstätigen Mütter. Ferner jede Menge Stellungskämpfe: Stillmütter gegen Flaschenmütter, Fertigkost mütter gegen Kochbackmütter, Wegwerfwindel- gegen Stoff windelmütter, Einzelkindmütter gegen Mehrkindmütter, Computermütter gegen Bauklötzemütter. Und das war jetzt nur mal das heilige Kapitel der Mutterschaft. Gemeinsam ist den Kriegen, dass sie mit unbarmherziger Härte und gnadenloser Intoleranz geführt werden. Wie bei Müttern, Auto fahrern, Sportbegeisterten, religiösen Fanatikern, so bei Fraulis. Das Sahnestück der Auseinandersetzungen betraf die Ernährung. Muttermilch oder rohes Fleisch, vegetarisch oder Dose, Brei oder

Weitere Kostenlose Bücher