Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
stand noch mal unter B …? nein, B war ein schlechtes Beispiel. B war ja auch als Buchstabe nicht ernst zu nehmen. Ziemlich weit vorne, aber doch im Schatten des ewig Ersten, nein, es gab viel zu viele Leute, die hießen Bauer oder Berger oder Beate, mindestens fünf Beates kannte ich, auch wenn mir im Moment keine einfiel. B war zu verschmerzen. S wäre ein Unglück gewesen! Luna wedelte. Luna wusste, worauf es ankam. Ich versuchte, die Seiten mit S im Kopf zu rekonstruieren, und scheiterte. Das gab mir dann schon zu denken. Irgendwie war ich zurzeit anderweitig beschäftigt. Mit Gassigehen, Bauchkraulen, Erziehungsmaßnahmen, Frau Bärmann, Job, Johannes und Haushalt und dazwischen … immer dieses hingerissene Starren zum Körbchen. Wie sie schlief. Wie sie atmete. Wie sie zuckte. Und diese Ohren. Diese samtigen Lappen. Ich warf das Adressbuch in Lunas Körbchen und ging erst mal duschen. Hätte ich dabei wedeln können, ich hätte die ganze Kreisstadt mit Strom versorgt. Mal sehen, welche Prioritäten meine neue Lebensgefährtin setzen würde.
… Einige Monate später führte ich ein elektronisches Adress buch, und darin war verzeichnet der Kranführer Herbie mit seinem Bärli, Dagmar und Blacky aus der Hundeschule, Sybille und Socke vom Einödhof und einige mehr. Es ging bei meinen Sozialkontakten nun nicht mehr um mich, sondern darum, dass Luna Gesellschaft hatte. Manchmal redeten wir Hundehalter kaum, schauten den jungen Hunden beim Spielen zu. Zuweilen hörte ich mir aber auch Geschichten an, die mich nicht interessierten. Zum Beispiel übers Kochen oder über einen Nachbarn. Endlose Geschichten, bis das Fleisch gar, der Nachbar mürbe war. Ich übte mich in Geduld und lernte Gassi für Gassi, dass Leute, die gerne kochen, und Leute mit Nachbarn total nett sein können. So sorgte Luna für meine Herzensbildung. Sie hielt mich so lange bei diesen Zweibeinern fest, bis ich meine Lektion gelernt hatte.
… Weit voraus ist sie wieder einmal, schon bei Johannes am Strand und trägt die Tasche für die Surfklamotten stolz vor ihm her. Wir umarmen uns. Er riecht nach Wind, und in seinen Augen verglimmen die letzten Böen.
»Du, ich verabrede mich jetzt nicht mehr!«, teile ich ihm meine bahnbrechende Erkenntnis mit und fühle mich dabei aufgeregt, als würde ich eine Straftat planen.
»Wieder mal?«, fragt Johannes ohne Spott. Diesmal könnte es ja klappen. Aber ich habe vergessen, dass diesmal nicht erstmals, sondern eine Wiederholung ist.
»Diesmal wirklich«, behaupte ich und denke: Wenn es allen so geht wie mir, wovon auszugehen ist, müssen mich die anderen genauso in ihre Termine quetschen, wie ich sie in meine quetsche. Wir alle werden ganz flach, und bestimmt kann man bei diesen Quetschereien schmerzhafte Verletzungen erleiden. Das kann doch nicht gut sein.
»Hilfst du mir mal mit dem Segel?«, bittet Johannes mich.
»Ich muss erst in meinem Terminkalender nachsehen, ob was frei ist«, necke ich ihn. Dann lässt die Surferbraut ihre Tasche fallen und hält den Mast.
Die Nachfolge
P lötzlich schießt etwas Schwarzes um die Ecke. Es ist schnell, mit Fell, und dann beißt es in meine Zehen. Er schrocken lasse ich die Einkaufstasche fallen. Der Welpe springt zurück, greift wieder an. Diesmal die Plastiktüte. Lachend sinke ich in die Knie. Irgendwo ruft jemand. Da kommt Johannes aus dem Supermarkt, wo wir gerade eingekauft haben. Auch er knickt sofort ein. Luna wedelt verhalten. Der schwarze Welpe mit den Schlappohren, er könnte ihrer sein, hoppelt auf sie zu, schnuppert, quietscht, stupst sie an. Luna gibt sich freundlich, aber reserviert. Der Kleine knabbert an ihrem Vorderbein. Sie dreht sich weg. Er stellt sich auf die Hinterbeine, will ihr in die Backe beißen. Gequält schaut sie uns an. Könnt ihr das nicht abstellen?
Da taucht die Besitzerin des Welpen auf, und mit einem Schrei – Luna könnte ihn fressen – rettet sie ihn. Dann merkt sie, dass keine Gefahr von Luna ausgeht, und lässt den Hund wieder ab. Johannes und ich knien wachsweich vor dem Welpen. Unter Lunas missbilligenden Blicken kosen und knuddeln wir den niedlichen Hund. Die Besitzerin lächelt geschmeichelt, wie wir damals auch gelächelt haben, als Luna klein war und wir überallhin zu spät kamen, weil wir für fünfhundert Meter durch die Stadt eine Stunde brauchten, da uns ständig in Ahhhhs und Ohhhhs zerflossene Passanten aufhielten. Meine Güte, ist die süüüüüß! Luna ließ es sich nicht nehmen, jeden ausgiebig
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