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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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und sie spürte, wie die Nervosität in ihr aufstieg. Insgeheim fürchtete sie, er könne sie durchschauen, geradewegs durch sie hindurchsehen, durch ihre sehr dünne, aber steinharte Schale, zumindest jetzt noch, bevor es ihr gelungen war, sie endgültig aufzubauen.
    Sie setzte sich ganz vorn auf den Stuhl.
    »Wie ich schon sagte, so habe ich den Bericht aus dem Krankenhaus erhalten, und soweit ich daraus ersehen kann, waren Sie zwar dort, haben aber die Untersuchungen nicht weiter mitgemacht, die Doktor … hrm … Doktor Ehrenswärd Ihnen empfohlen hatte«, sagte er ohne jede Kritik in der Stimme, eher mit einer gewissen Vorsicht.
    Sie schaute ihn fiebrig an, sagte aber nichts.
    »Nun ja, wie Sie vielleicht wissen«, fuhr er fort, und sie sah, wie er nach Worten suchte. »Wie Sie wohl wissen, so befindet Doktor Ehrenswärd sich nicht mehr unter uns …«
    Er schaute in die Mappe, der weiße Kittel sah warm und steif in der Hitze aus, er spannte unter den Achseln. Sie schwieg immer noch, saß kerzengerade da, fuhr sich mit der Hand über den Haaransatz, wischte sich den Schweiß aus der Stirn, wedelte mit ihrem Pferdeschwanz, um ein wenig Luft an den klebrigen Hals zu bekommen.
    »Aber es wird Sie natürlich ein anderer Arzt betreuen. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen«, sagte er und wagte es endlich, sie anzusehen. »Haben Sie Angst?«
    »Kann sein«, sagte sie.
    »Das ist keine gefährliche Krankheit und auch keine schmerzhafte Untersuchung, das kann ich Ihnen versichern.«
    Björk ist die Freundlichkeit in Person, dachte sie. Er ist an die Schweigepflicht gebunden. Wenn sie ihm jetzt alles beichten würde, alles von der Seele redete. Es war verlockend einfach. Ein Räuspern, um die Stimmbänder zu säubern, und dann geradewegs erzählen, was sie getan hatte. Einen Menschen getötet. Peng, da war sie tot. Und sie hatte es verdient.
    »Wie geht es Ihnen im Augenblick?«
    Die Frage war freundlich, der ganze Raum atmete nur Freundlichkeit und Wohlwollen.
    »Danke, gut«, antwortete sie.
    Beide schwiegen.
    »Haben Sie jetzt kein Herzrasen mehr? Sonst kann ich Ihnen etwas verschreiben, was den Herzrhythmus etwas reduziert, das können Sie nehmen, bis die Behandlung beginnt. Vielleicht muss auch ein Teil der Schilddrüse operativ entfernt werden, und ich verstehe, dass das erschreckend klingen mag, aber auch das ist kein Grund zur Beunruhigung. Das tut man häufiger, da sind Sie weder die Erste noch die Letzte.«
    »Ich habe keine Angst.«
    »Sehr schön«, entgegnete Björk. »Aber es wäre gut … man weiß ja nie, worum es sich eigentlich handelt, bevor Sie nicht vollständig untersucht und behandelt worden sind.«
    Damit will er sagen, dass es Krebs sein kann, dachte sie. Aber sie hatte keinen Krebs in der Schilddrüse. Ihre Krankheit war selbstverschuldet, und sie musste sich da irgendwie wieder rauslavieren.
    »Aber es ist jetzt alles in Ordnung«, sagte sie. »Vielleicht ist es ja von allein weggegangen.«
    Er saß auf der anderen Seite des Schreibtisches und schaute sie durch die schmutzigen Gläser seiner Nickelbrille an, schüttelte vorsichtig den Kopf. Der Mann hatte eine Platte oben auf dem Schädel, rundherum einen Kranz mit schon seit langem ergrautem Haar. Er legte eine flache Hand auf die Papiere, als wollte er zerknittertes Papier glatt streichen, spitzte ein wenig den Mund und sah nachdenklich aus, vielleicht auch müde. Ein langer Arbeitstag lag hinter ihm, und die Hitze, die im Körper gärte, ließ vermutlich auch sein Gehirn langsamer arbeiten.
    Lena hörte in einem anderen Raum ein Telefon klingeln, ein Auto fuhr draußen auf der Straße vorbei. Das Fenster stand einen Spalt offen, aber das nützte nichts, die Luft war stickig und stand still.
    Es klopfte an der Tür. Die Sprechstundenhilfe steckte ihren Kopf herein.
    »Ich gehe jetzt«, sagte sie. »Sie schließen ab, ja?«
    »Natürlich«, sagte Björk wie ein braver Schuljunge.
    Dann waren sie nur noch zu zweit. Sie war die letzte Patientin. Die Mutter mit dem dicken Kind wollte also zu einem anderen Arzt.
    Sie hatte das Gefühl, als wären sie zwei vom Wind getriebene Gestalten auf einer einsamen Insel, warum konnte sie ihm dann nicht sagen, wie es wirklich war. Es gab nur sie und Björk und ihre klebrigen Hände und den rotierenden Strom an Gedanken, den sie aufhalten musste, wenn sie nicht verrückt werden wollte.
    »Ich kann ja erst einmal Ihren Puls messen«, sagte er, beugte sich über den Schreibtisch vor und umfasste ihr

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