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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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Handgelenk, schien dann leise vor sich hinzuzählen, während seine Fingerspitzen auf ihren Adern lagen. Als sie die Wärme seiner Hand spürte, Haut auf Haut, durchzuckte es sie.
    »Ich schlafe schlecht«, sagte sie.
    »Das sieht ja schon mal gut aus«, sagte er, als hätte er gar nicht gehört, was sie gesagt hatte, und ließ sie los. »Nicht besonders schnell, eher der normale Rhythmus«, erklärte er und schaute sie an.
    Sie zuckte mit den Schultern, und er blätterte in seinen Papieren.
    »So oft kann es ja wohl kein Messfehler gewesen sein«, brummte er vor sich hin.
    »Wie bitte?«
    »Ich frage mich nur, ob es bei der Untersuchung der Blutproben, die zur Messung der Schilddrüsenhormone genommen wurden, einen Fehler gegeben haben kann. Da kommen Sie bitte morgen noch einmal her, dann ist die Schwester wieder da und kann eine Probe nehmen«, schloss er ab. »Das wär’s dann erst einmal.«
    »Ja«, sagte sie, und er nahm ein Blatt Papier und schrieb etwas darauf.
    »Sie sagten, Sie schlafen schlecht«, bemerkte er dann und hob dabei den Blick, sah sie direkt an.
    »Ja«, sagte sie wieder, wand sich und senkte den Kopf. »Es wäre schön, wenn ich etwas zum Einschlafen bekommen könnte«, brachte sie direkt zum Boden gewandt heraus.
    »Ist etwas Besonderes vorgefallen?«
    »Nein!«
    »Was kann dann der Grund sein, dass Sie schlecht schlafen?«
    »Ich weiß es nicht«, murmelte sie. »Anfang des Jahres war es ja ziemlich anstrengend für mich gewesen.«
    Er sagte nichts.
    »Mein Mann wurde angefahren … und ist gestorben.« Ihr Mund wurde schmal.
    »Ja, ich erinnere mich«, sagte er. »Sie waren ja bei mir. Und seitdem schlafen Sie schlecht?«
    Sie nickte, während sie mit Willenskraft die Tränen zurückhalten wollte.
    »Ich sehen in Ihren Unterlagen, dass Sie damals Schlaftabletten abgelehnt haben. Aber jetzt brauchen Sie sie, sagen Sie. Meistens regelt sich der Schlaf nach so einer langen Zeit von allein. Die Trauerarbeit dauert natürlich noch längere Zeit, Jahre, vielleicht das ganze Leben lang … Arbeiten Sie inzwischen wieder?«
    Sie nickte bejahend.
    »Ich kann Ihnen ein Rezept für Tabletten geben, die beim Einschlafen helfen. Probieren Sie die mal aus. Eine kleine Packung Imovane 7,5 mg, zehn Stück. Aber die sind nicht dazu gedacht, sie jede Nacht zu nehmen. Nur im Notfall.«
    Sie nahm das Rezept entgegen. Zehn Stück, auf Abruf. Brosamen von der Tafel der Reichen und dazu eine Ermahnung. Verdammt schlechte Verhandlungsvoraussetzungen. Wenn sie mehr haben wollte, musste sie wieder herkommen. Eigentlich war der Björk ja ganz in Ordnung. Und ein Arzt war nun mal wie alle anderen.
    Sie erschauderte und fühlte sich nackt, als sie wieder auf der Straße stand. Es war Viertel nach fünf, und die Luft war auf mindestens fünfundzwanzig Grad erhitzt.
     
    Während Björk diktierte, schaute er aus dem Fenster. Das tat er immer, als würden die Augen von allein vom Licht angezogen. Auch dieses Mal umfasste sein Blickfeld nur die rote Ziegelfassade des Hauses auf der anderen Straßenseite, und wie immer hatte er das Gefühl, als säße er im Gefängnis und würde sich hinaussehnen. Sein Blick wanderte geradewegs durch das Fenster, aber er sah nichts. Auf seiner Netzhaut befand sich das angespannte, blasse Gesicht der Frau, die ihn gerade verlassen hatte, vor einem halben Jahr allein zurückgelassen, als junge Witwe mit einem Körper, der nicht mit sich im Einklang zu sein schien. Wie ein gesprungener Krug. Jahre der Erfahrung mit Anzeichen für Krankheit und psychisch ungesundes Leben hatten in ihm ein gesundes Urteilsvermögen reifen lassen, und hier stimmte garantiert etwas nicht. Schilddrüsenwerte, die in die Höhe rasten und später anscheinend wieder auf dem Boden landeten, so etwas war nicht üblich. Es sei denn, es war Absicht.
    Wir werden sehen, wir werden sehen, dachte er und überlegte, ob er darauf drängen sollte, sie zur psychiatrischen Sprechstunde zu überweisen, aber es würde lange dauern, bevor sie dort einen Termin bekam, die waren da ja dauernd unterbesetzt.
    Wenn sie nur sich selbst nichts antat, denn dann würde es heißen, sie hätte Hilfe gesucht, und es hätte ihr niemand zugehört. Er gab sich viel Mühe, seinen Krankenbericht zu formulieren, er betonte, dass die Patientin die vorgeschlagenen Untersuchungen nicht gemacht hatte und dass er selbst, Doktor Gustav Björk, es gewesen sei, der die Initiative ergriffen hatte, damit sie wieder bei ihm erschien. Er wollte nur das Beste.

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