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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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Mütze tief in die Stirn gezogen. Nur die Augen schauten durch einen Schlitz hervor. Er verfolgte die Scheinwerferlichter vom Stortorget zur Ordningsgatan hinunter, aber keines der Autos war das von Ewa. Was sie wohl sagen wird?, dachte er. Zwischen ihnen war es in letzter Zeit nicht besonders harmonisch gelaufen, aber jetzt brauchte er sie. Er brauchte ihre Versöhnlichkeit, ihre Nähe.
    Sie sahen sich ähnlich, das schon, aber er kann es einfach nicht gewesen sein, tröstete Tomas Bengtsson sich selbst. Ich habe mich geirrt. Es war dunkel. Die Mütze hatte er so tief ins Gesicht gezogen, dass sie nicht einmal abgefallen war. Mein Gott, hoffentlich ist er das nicht!
    Die Angst kam in Wellen. Die Gedanken wirbelten herum. Erneut fühlte er den Druck auf der Brust und schnappte nach Luft. Zum Schluss sog er mit aller Willenskraft große Mengen kalter Luft hinein, bis es den Brustkorb fast sprengte, und er spürte einen fast angenehmen Schmerz, der ihn für eine Weile ganz und gar beschäftigte. Dann atmete er wieder aus, mit einem langen, zitternden Seufzer.
    Seine Gedanken liefen in zwei Richtungen. Er wollte zur Notaufnahme fahren und wollte es gleichzeitig nicht. Der Wahrheit ins Auge sehen. Der Polizeibeamte, der mit der vernarbten Haut, hatte ihm empfohlen, nicht dorthin zu fahren. Die Polizistin, diese dunkle Schönheit, hatte das Gleiche gesagt. Der Rechtsapparat würde sich schon um den Rest kümmern. Er gewinne nichts dadurch, sich einzumischen. Sicherlich nicht zu diesem Zeitpunkt.
    Ein Körper in einer schnellen Bewegung, ein flüchtiger Schatten, der auf die Straße flog. Und dann dieses spezielle Geräusch, eine Art Kratzen, Metall gegen Fleisch, als der Mann auf den Kühler aufschlug, eine stumme Gewalt, und er dachte sofort, dass das ein Tier sein musste. Ein Hund, ein Elch, ein Hirsch oder was zum Teufel sonst, aber doch kein Mensch.
    Er hatte einen Menschen angefahren.
    Er war oft schnell gefahren, wie die meisten, aber er hatte noch nie einen Menschen angefahren. Fasane, Kaninchen und einmal auch eine Katze, auch nicht schön, aufgerissenes Katzenfell mit den Eingeweiden, die hervorquollen, aber das war nichts im Vergleich damit, einen Menschen anzufahren.
    Er spürte, wie die Tränen aufstiegen, es brannte im Hals, und er schluckte, während er die Augen zusammenkniff, um zu versuchen, den Kloß herunterzuschlucken und die Tränenflut zu unterdrücken, aber ohne Erfolg. Er konnte der Kälte die Schuld geben. Die Augen tränten wegen der Kälte.
    Einen Menschen anzufahren. Jemanden das ganze Leben lang behindert werden lassen. Oder vielleicht einen Menschen totfahren. Einen Menschen getötet zu haben.
    Ein Kratzen, und dann nichts mehr.
    Er verzog das Gesicht und schloss die Augen in dem Versuch, das Geräusch, das in seinem Kopf widerhallte, wegzudrängen. Aber es kam zurück, mal stark und mal schwach, dieses ewigliche Kratzen, bis es plötzlich vibrierend im Hinterkopf verblieb und die Übelkeit erneut an Kraft gewann. Er fror und schwitzte abwechselnd, seine Augen trieften, salzige Rinnsale auf den kalten, rauen Wangen. Er leckte sich die Lippen und spürte den Geschmack von Tränen, und plötzlich fühlte er sich wie ein Kind, das Trost suchte, einen Trost, von dem er wusste, dass es ihn nicht gab. Die Mütze kratzte, aber er nahm sie nicht ab. Er war nicht in der Lage, sich zu bewegen, es schien, als wäre das seine einzige Chance, nicht zusammenzubrechen und sich selbst zu verlieren, indem er still stehen blieb, vollkommen still. Wenn er auch nur einen Schritt machen würde oder versuchen, seine Schultern herunterzuziehen oder die Tränen wegzuwischen, dann fürchtete er zu zerspringen.
    Was hätte er denn tun sollen? Den Wagen zur anderen Seite reißen? Es hätte nichts genutzt. Er wusste nicht, was er hätte tun sollen, um dieses Kratzen zu verhindern. Es gab nichts.
    Das Kratzen, das Kratzen, das Kratzen …
    Die Bremsspur im Schnee war lang gewesen, man musste die Glätte dabei berücksichtigen. Der Körper wurde mitgerissen und rutschte dann vielleicht weiter auf der Straße. Hatte er ihn überrollt? Wie schnell war er eigentlich gefahren? Sicherlich nicht viel über der Geschwindigkeitsbegrenzung. Schließlich war es glatt. Er gehörte nicht zu denjenigen, die ein Risiko eingingen.
    Der Körper landete schließlich auf der Windschutzscheibe, die Sicht war versperrt. Er bekam eine Scheißangst und trat in die Bremse, aber da war der Mann mit den Skiern schon heruntergerollt, die Stöcke

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