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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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lag.
    »Es ist immer am besten, bei der Wahrheit zu bleiben«, fuhr er fort. »Sagen Sie die Wahrheit, wenn Sie behaupten, sie nicht gekannt zu haben? Sie wissen doch eigentlich nur zu gut, dass sie mitgeholfen hat, Ihren Mann Johan Söderlund zu zwingen, an der Klinik aufzuhören«, sagte er und bereute sofort, so scharf geworden zu sein. Das Wort »zwingen« hätte er sich sparen können.
    Und seine Einschätzung war richtig, sie reagierte heftig, fuhr mit so einer aggressiv geladenen Kraft vom Stuhl auf, dass dieser hinter ihr umfiel, und ihr Gesicht verzerrte sich zu etwas, was als Ausdruck von Schmerz, aber auch von Angst oder Wut gedeutet werden konnte. Sie stand da und schien zu schwanken, pumpte sich auf und wurde immer roter, ballte die Hände, drehte sich plötzlich um und lief aus der Küche hinaus.
    Er blieb sitzen und hörte, wie eine Tür schlug, und in dem Augenblick überlegte er, ob es eigentlich so schlau gewesen war, in einer Art desperatem Übermut ganz allein hierher zu kommen. Der eitle Wunsch, sich auf der Überholspur zu zeigen, konnte ihn teuer zu stehen kommen.
    Ebenso plötzlich, wie sie verschwunden war, tauchte sie wieder in der Türöffnung auf. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn wütend an. Die Hände hielt sie unnatürlich hinter dem Rücken, als spielte sie »Welche Hand willst du haben?«. Aber sie war nicht in Spiellaune, sie stand steif und etwas unbeholfen da, es zuckte in ihrem Gesicht, sie schaute ihn an, wog ab, aber die Wut in ihr, dieser mentale Druck hatte einen Siedepunkt erreicht, und jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Bevor er sich recht besinnen konnte, hatte sie eine Pistole hervorgezogen und hielt sie in beiden Händen, geradewegs auf ihn gerichtet. Sie zielte auf seinen Brustkorb, konzentrierte sich auf die Richtung des Laufs und wich seinem Blick aus.
    Er konnte noch feststellen, dass der Schalldämpfer etwas plump war, da feuerte sie schon los. Ein Fehlschuss, in die Wand. Er hatte einige Male während seiner Jahre als Polizist richtig Angst gehabt, so viel Angst, dass er sich selbst schwor, den Beruf zu wechseln, wenn er die Situation überleben würde. Und jetzt war es wieder so weit. Eine Todesangst, aber es ging darum, die eigene Furcht nicht alles überdecken zu lassen, was er noch an Sinn und Verstand besaß. Er zwang sich zum Denken, presste die Gedanken Wort für Wort hervor, schweigend Sinn um Sinn, auch wenn es ungemein schwer war. Sein Körper zuckte. Der Fluchtinstinkt zerrte an ihm, und er musste sich darauf konzentrieren, sich selbst dazu zu zwingen, vollkommen bewegungslos sitzen zu bleiben, die Hände reglos. Die kleinste Bewegung, die als Zeichen angesehen werden konnte, dass er sich verteidigen wollte, konnte die Frau vor ihm dazu bringen, einen weiteren Schuss abzufeuern, nicht eiskalt, sondern offenbar verzweifelt und von ihren Gefühlen getrieben.
    Sie hatte die Grenze überschritten. Das sah er ihr an. Für sie war jetzt nichts mehr heilig, nicht das eigene Leben und noch weniger das der anderen.
    »Du bewegst dich nicht von der Stelle«, warnte sie ihn, die Arme ausgestreckt, die Mündung mit dem ziemlich groben Schalldämpfer war immer noch direkt auf ihn gerichtet.
    Er sah, wie ihre Hände zitterten, während sie die Pistole umklammerte. Er musste versuchen mit ihr zu sprechen, sie durch seine Stimme beruhigen. Im Augenblick war das seine einzige Chance. Der Küchentisch stand zwischen ihnen, vielleicht konnte er versuchen ihn umzuwerfen, sich dann auf sie stürzen und ihr die Pistole aus den Händen winden. Sie war ja nur ein Leichtgewicht. Das konnte klappen, wenn er nur schnell genug war.
    »Du denkst, dass du stärker bist als ich«, sagte sie, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Aber da irrst du dich – das bist du ganz und gar nicht. Wie ein Tier leben zu müssen, das macht hart. Du sollst wissen, dass mein Mann von seinen Arbeitskollegen wie eine elende Kreatur behandelt worden ist. Ein Tier in einem Käfig, Alles wegen dieser boshaften Menschen. Es ist schon lange her, dass ich jede Achtung verloren habe, weißt du.«
    »Ich kann mir vorstellen, dass Sie es nicht einfach hatten«, versuchte er den Kontakt aufzunehmen.
    »Du kannst dir gar nichts vorstellen«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Und du wirst mir auch nicht glauben, wenn ich dir erzähle, was ich durchgemacht habe. Ich weiß, wie die Menschen sind. Keiner glaubt wirklich, dass es das Böse gibt, weil es so am bequemsten ist. Wenn man so tut, als ob das Böse

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