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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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denn sie hatten in letzter Zeit gut zusammengearbeitet, und sie befürchtete, sich zu Hause überflüssig und isoliert zu fühlen. Schließlich war sie es gewohnt, herumzuwirbeln, gewohnt, eine Aufgabe zu haben und einen Platz in einem Team, auch wenn die Unterbesetzung der letzten Wochen es ihr leichter gemacht hatte, die Klinik für eine Weile zu verlassen. Und außerdem hatte sie einen guten Grund. Trotzdem schien es, als wären sie alle nicht in der Lage, die Arbeit auf eine zufrieden stellende Art und Weise zu organisieren. Dabei überlegte sie wie viele andere auch, ob das Klima sich eigentlich verbessert hatte, seit diese nach außen hin so unschuldig wirkende Assistenzärztin verschwunden war. Natürlich ein tragischer Tod, aber sie hatte entscheidend zur Spaltung beigetragen. Sie waren immer noch, jeder auf seine Weise, überzeugte Individualisten, aber inzwischen hielten sie besser zusammen. Die beiden zuletzt eingestellten Assistenzärzte hatten auch erklärt, dass sie sich in dieser früheren »Mörderklinik« wohl fühlten.
    Sie verließ den Umkleideraum, den größten OP-Kittel über den Bauch gezogen, und trat auf den Flur hinaus. Der Patient war noch nicht eingeschlafen, wie sie erfuhr. Außerdem sollte sie noch auf Daniel Skotte warten, mit dem zusammen sie eingeteilt war. Also setzte sie sich mit einem Glas Wasser in den Aufenthaltsraum und blätterte zerstreut in einer Tageszeitung.
    Erst kam eine Narkoseschwester, dann eine der Schwesternhelferinnen und setzten sich jeweils mit einer Tasse Kaffee zu ihr. Sie fragten Veronika, wie es mit dem Bauch so ging und unterhielten sich über frühere Geburten und ihre Kinder. bis Daniel Skotte hereinkam. Er sah müde aus. Sein Blick war trübe hinter den Brillengläsern, und über dem V-Ausschnitt des grünen OP-Kittels war bleiche Haut zu sehen.
    »Das hat nicht geklappt gestern«, sagte die Narkoseschwester und drehte sich besorgt zu Daniel um.
    »Nein«, antwortete er mit belegter Stimme.
    Veronika schaute von einem zum anderen.
    »Ich war in der Notaufnahme, und gestern Abend hatten wir einen Autounfall«, erklärte Daniel. »José wurde hinzugerufen. Vielleicht darf man das nicht sagen, aber es sah nach Selbstmordkandidat aus«, fügte er hinzu und sprach endlich aus, was er die ganze Zeit gedacht hatte.
    »Oh, wie schrecklich«, sagte die Schwesternhelferin voller Mitgefühl.
    »Ich habe es auf der Morgenbesprechung berichtet«, sagte Daniel, und es schien, als wäre er nicht in der Lage, alles noch einmal zu erzählen.
    »Ich war nicht auf der Besprechung«, erwiderte Veronika und erfuhr erst jetzt von den anderen, dass Johan Söderlund in der Nacht gestorben war.
    Veronika stellte ihr Wasserglas langsam hin. Sie wusste nur zu gut, wer Johan Söderlund war, hatte die ganze tragische Geschichte, die offensichtlich einen dramatischen Schluss bekommen hatte, aber fast vergessen. Nein, vergessen hatte sie sie natürlich nicht, aber sie lag nicht gerade an erster Stelle in ihrem Gedächtnis. Sie wusste nur, dass es sich um eine der unzähligen Geschichten gehandelt hatte, die Leute verbreiten, denen es an Zivilcourage mangelt, und die sich nicht trauen, den Verleumdungen einer Gruppe entgegenzutreten.
    Johan Söderlund und sie selbst hatten ungefähr zur gleichen Zeit im Krankenhaus angefangen und im Laufe der Jahre viele Dienste und Patienten gemeinsam gehabt, sich oft miteinander beraten, er als Allgemeinmediziner und sie als Chirurgin. Ihr gefielen Leute mit Persönlichkeit, und Johan war eine Persönlichkeit. Sie hatte von dem Tratsch und den Konflikten im Allgemeinen Krankenhaus gehört, so am Rande, und eigentlich nie so recht verstanden, welche Probleme zur Debatte standen. Sie wusste, dass Johan im Finale zu einer Art Sündenbock geworden war. Hatte auch mitbekommen, dass es im Grunde genommen um die Frage ging, wer die Leitung übernehmen sollte. Viele fühlten sich angesprochen, aber nur wenige waren berufen. Vermutlich war das wieder so ein klassischer Kampf um Macht und Konkurrenz. Die hässlicheren, weniger humanen Seiten bekamen freie Hand. Ebenso elegant, wie die Arztkollegen hohen Blutdruck, Leukämie, Herzinfarkte und kranke Nieren und Lungen behandelten, ebenso elegant schien es ihnen gelungen zu sein, Johan herauszuekeln. Methodisch und zielbewusst. Und hinterher sollte alles vergessen sein, so war es zumindest geplant. Bis jetzt.
    Im Laufe des Tages kam ihr der verstorbene Kollege Johan Söderlund immer wieder in den Sinn. Man weiß

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