Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
eine Konservendose, zu der noch niemand den richtigen Öffner gefunden hat, dachte sie. Doch ihr Leben war ihr zu kostbar, um an diesem Projekt zu arbeiten.
»Jedenfalls ist Tomas nach Hause gefahren«, fuhr sie fort.
»War er denn heute hier? Ich habe ihn gar nicht gesehen.« Carl-Magnus schaute sie fragend an.
»Wahrscheinlich ist Tomas direkt zur Gastrosprechstunde gegangen. Er wollte wohl keinen von uns sehen. Ich habe ihn nur zufällig vor dem Untersuchungszimmer getroffen. Er hatte einen Migräneanfall, deshalb habe ich ihn nach Hause geschickt.«
»Hast du ihn nach Dalby gefahren?«
»Nein, das musste er schon allein machen. Ich habe ihn nur nach Hause geschickt, weil er so erschöpft aussah. Ich nehme an, dass er allein gefahren ist«, erklärte Laura.
»War das denn klug?«
»Keine Ahnung. Meine Güte, was du dir für Gedanken machst«, fügte sie spitz hinzu. »Er hätte ja wohl ein Taxi nehmen oder seine Frau anrufen können, wenn er der Meinung war, dass es notwendig sei.«
»Wir kommen jedenfalls erst mal nicht weiter«, sagte Carl-Magnus und stand auf. »Ich muss los. Und du wirst wohl die Leute in der Klinik darüber informieren müssen, dass Johan tot ist, zumindest die, die sich noch an ihn erinnern. Mach das auf die angemessene Art und Weise, das kannst du doch so gut.«
»Wenn es einen gibt, an den sie sich erinnern, dann an ihn«, erwiderte sie trocken. »So eine Geschichte vergisst man nicht so schnell. Es ist schließlich erst ein knappes Jahr her, dass er seine Abfindung gekriegt hat.«
Carl-Magnus griff zur Klinke, zögerte aber noch. Unter dem Kittel trug er schwarze Jeans und ein mattgrünes Polohemd. Hübsch, dachte Laura. Er stand immer noch da.
»Was gibt es noch?«, fragte sie.
»Das da mit den Pornobildern im Computer. Stimmte das?«, fragte er.
Sie wurde rot. »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
»Aber das solltest du doch wohl wissen?«
»Ich war damals nicht seine Vorgesetzte. Vielleicht war es auch nur ein Gerücht«, antwortete sie ausweichend.
»Und wer verbreitet solche Gerüchte?«
»Keine Ahnung«, sagte sie und errötete noch mehr. »Hast du denn damals was gemacht, um dem zu widersprechen?«
Er zwinkerte ihr zu, und sie bekam ein schlechtes Gefühl. Wusste er, wie es sich eigentlich zugetragen hatte? Hatte er sich das zusammengereimt?
»Wieso?«
»Ich meine, wenn du nicht geglaubt hast, dass Johan auf nackte Kinder scharf war, sondern den Verdacht hattest, dass das Ganze nur ein widerliches Gerücht war, warum hast du dann nichts gemacht?«, stieß sie mit einem für sie ungewohnt wütenden Ton hervor.
Es war ganz offensichtlich zu erkennen, dass sie sehr aufgewühlt war.
»Was hätte denn ich machen können?«, wollte er wissen.
»Nun ja, zum Beispiel erklären, dass es nicht stimmt, erklären, dass es nur Gerüchte waren, dass es nur weiterer Dreck war, den man über eine Person kippt, die man schon häufiger mit Dreck beworfen hat.«
»Jetzt hör aber auf, Laura! Du selbst hast doch mitgeholfen, ihn loszuwerden.«
Sie kniff den Mund zusammen und schaute hinaus, drehte dann langsam den Kopf und schaute ihn mit sicherem, gleichzeitig abweisendem Blick an.
»Wir waren dazu gezwungen«, erklärte sie sachlich. »Manche passen einfach nicht dazu. Das weißt du selbst doch nur zu gut, und du warst außerdem auch sehr interessiert daran, ihn rauszuschmeißen. Genau wie Tomas. Oder etwa nicht? Er war nicht gerade unbegabt, unser Johan, nicht wahr? Besser gesagt hochbegabt. Hatte die Fähigkeiten, ein richtig guter Herzspezialist zu werden, nicht wahr?«
Er stand auf und ging zur Tür, die er aber nicht aufbekam, obwohl er wütend an der Klinke zog.
»Du musst erst aufschließen«, sagte Laura eisig, aber das hörte er nicht mehr. Er hatte bereits die Tür aufbekommen und war weg.
KAPITEL 7
Veronika saß im Umkleideraum der Operationsabteilung, beugte sich keuchend vor und versuchte sich die Stützstrümpfe anzuziehen. Die Strümpfe waren eng, sie war unbeholfen, der Bauch war im Weg und ihr Rückgrat steif. Schwanger zu sein ist zwar keine Krankheit, aber in gewissen Situationen doch eine Behinderung, dachte sie.
Es war ihr den Umständen entsprechend gut gegangen, aber jetzt reichte es so langsam. Sie kam ja kaum noch an den Operationstisch, war immer müde, schlief schlecht – Gott sei Dank begann in einer Woche ihr Mutterschaftsurlaub. Das wird schön, dachte sie und stand mit hochrotem Kopf auf. Gleichzeitig verspürte sie eine gewisse Wehmut,
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