Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
Kieferbrüchen war auch der Boden ihrer linken Augenhöhle gebrochen. Das Veilchen war fantastisch, und sie sah doppelt, wenn sie das angeschwollene Augenlid überhaupt aufbekam. Es wurde davon gesprochen, Knochenteile aus der Hüfte zu nehmen, um die Risse auszufüllen und das zerstörte Fundament unter der Augenhöhle zu ersetzen. Das klang dramatisch, und Peter Berg machte sich ernsthaft Sorgen, wie das alles enden sollte, diese schweren Eingriffe, die sie über sich würde ergehen lassen müssen. Wie konnte er ihr helfen, wie sie beschützen? Ehrlich gesagt überhaupt nicht! Etwas optimistischer klang Erika, als sie berichtete, dass der Arzt, der sie operieren sollte, erzählt hatte, dass es ein üblicher Eingriff war. Meistens wurde alles wieder gut, auch wenn der Arzt natürlich nichts versprechen konnte, und Peter Berg hörte einen Hauch von Hoffnung in ihrer Stimme, als sie erzählte, der Arzt würde die Schnitte so ansetzen, dass die Narben später so gut wie nicht zu sehen seien. Fast keine sichtbaren Narben, wiederholte Erika. Und neue Zähne konnte man immer beschaffen, sagte sie und versuchte dabei zu lachen, und auch Peter Berg lachte und sagte, dass das schon in Ordnung gehen würde, dachte dabei aber an die schlimmeren Narben. Die inneren, die man nicht sehen konnte.
Jesper Gren hatte angerufen, erzählte sie so nebenbei, und er merkte, wie die Eifersucht in ihm brannte, die er nur mit Mühe verbergen konnte. Aber es war natürlich klar, dass Jesper von sich hatte hören lassen, es wäre eher merkwürdig gewesen, wenn er nicht angerufen hätte. Jesper und Erika waren schon seit einer ganzen Weile Arbeitskollegen, sie kannten sich gut, und außerdem war er dabei gewesen, als sie sie zusammengeschlagen und verängstigt wie ein kleines Kaninchen in dem Schuppen gefunden hatten. Er selbst war der Neue in dieser Konstellation. Was bildete er sich eigentlich ein! Außerdem erzählte Erika, dass Katarina Fritjofsson sich gemeldet hatte, aber da hörte Peter kaum mehr zu, er war voll und ganz damit beschäftigt, seine Enttäuschung darüber herunterzuschlucken, dass Jesper angerufen hatte.
Er traute sich nicht, das Gespräch auf Rickard zu bringen, und er wusste nur zu gut, warum. Über diesen Mistkerl konnte er kaum ein gutes Wort sagen. Er würde nur unkontrolliert wütend und aufbrausend werden, wenn er von ihm sprach, also schwieg er lieber. Er wollte auf keinen Fall hören, dass sie Rickard verteidigte. Sie hatte freiwillig mit ihm zusammen gewohnt, und deshalb hatte dieser Rickard wohl etwas an sich, von dem sie sich angezogen fühlte, obwohl das für ihn nur schwer zu begreifen war. Aber andererseits wusste er, wie verzwickt die Beziehung zu der Person sein konnte, von der man geschlagen wird. Eine komplizierte, nur selten stubenreine Bindung, die mit den Grauzonen des Lebens zu tun hatte. Da Peter Berg gut trainiert darin war, den Mund zu halten, ließ er am Telefon keinen Kommentar zu diesem Thema fallen. Erikas Mutter war unterwegs, erfuhr er noch, und hatte versprochen, sich um die zertrümmerte Wohnung zu kümmern.
Bevor sie das Gespräch beendeten, musste er noch anbringen, dass er sie gern besuchen wollte. Lieber später am Tag, sagte sie, dann wäre sie nicht gerade bei irgendeiner Untersuchung. Er versuchte herauszuhören, ob sie sich über seinen Besuch freute, aber das war nur schwer zu sagen.
Eigentlich wollte er abends zur Jugendgruppe der Gemeinde. Sie kümmerten sich zu zweit darum, und meistens war es richtig nett. Er würde Ellen anrufen und ihr sagen, wie es war, ein unerwarteter Krankenhausbesuch, und sie würde es verstehen und allein hinradeln. Sie war immer verständnisvoll, fast ein wenig zu verständnisvoll. Er hatte sich schon manchmal gefragt, was sie wohl von ihm erwartete und was die anderen von Ellen und ihm so dachten. Dachten sie überhaupt etwas?
Veronika hatte sich eine Weile mit ihrer Lieblingskollegin Else-Britt unterhalten und erfahren, dass es kaum etwas Neues aus der Klinik gab, abgesehen von einigen neuen Regelungen. Sie hatten auch über Johan Söderlunds Schicksal gesprochen, über das verkrampfte Klima im Allgemeinen Krankenhaus, und beide hatten erleichtert geseufzt, dass sie dort nicht arbeiten mussten. Veronika erfuhr, dass Philip Jarl sich um eine leitende Stelle an einem anderen Krankenhaus beworben hatte. Veronika hatte seine Augen auffunkeln sehen, als es keinen Zweifel gab, dass sie schwanger war und für eine Zeit die Klinik verlassen würde.
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