Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
Vom Netzwerk:
hätte sie dort eine richtige Aufgabe, ein Geschäft der außergewöhnlichen Art würde auf ihrer Tagesordnung stehen, sie müsste nicht nur zwischen Museen, Cafés und Sehenswürdigkeiten herumlaufen, sondern wäre stattdessen gezwungen, ihren Mut zu mobilisieren und Kontakt mit Personen aufzunehmen, die ihr etwas bieten konnten. Keinen Sex, keinen Schnaps, sondern eine funktionierende Waffe. Eine Urlaubsreise, die aus dem Rahmen fiel, mit Erlebnissen, die ihr wahrscheinlich so manchen Kick geben würden, die wie permanente Megaorgasmen wären, wie ein männlicher Kollege es wohl ausgedrückt hätte.
    Sie spürte die Sehnsucht, sich selbst loszuwerden, sich in eine bedrohliche Person zu verwandeln, und insgeheim schmunzelte sie über das rücksichtslose Bild, das sie von sich schaffen wollte, damit das Bild der netten, furchtsamen Bibliothekarin. die alle immer nur in ihr sahen, ersetzt wurde. Außerdem noch Witwe. Indem sie eine praktische Waffe kaufte, mit der sie umgehen konnte, die benutzt werden konnte oder die wie eine Art Sicherheitspfand einfach nur im Schrank läge, würde sie zu einer anderen Person werden.
    Tallinn sollte schön sein, wie sie gehört hatte. Die Stadt war eine Reise wert.
    Ein paar Andeutungen hier und da, Kopfschütteln, Ablehnung, neue, beharrliche Fragen, Hinweise auf andere, und zum Schluss bekam sie den richtigen Kontakt. Niemand fragte sie nach ihrem Namen. Das waren Profis.
    Sie hatte vor der Reise versucht, sich etwas anzulesen, aber in der Bibliothek gab es nicht viele Bücher über Pistolen, die meisten enthielten nur endlose Auflistungen historischer Waffen. Das einzige Buch über moderne Waffen, das nicht ausgeliehen war, war Seite für Seite mit Fotos versehen, die ihr nichts sagten. Sie musste also improvisieren und das kaufen, was ihr angeboten wurde; wenn sie dann wieder daheim war, würde sie eben rausgehen und schießen üben, überlegte sie bei ihrer Abreise.
    Und jetzt hatte sie also ihre eigene Pistole, eine russische Wettkampfpistole, sie war gar nicht so klein, sogar etwas plump, aber gut für Frauen, das hatte er gesagt, und sie wog schon einiges in ihrer Tasche, als sie durch den Zoll ging. Ihre rote, geräumige Handtasche in Lederimitation, es sollte wie Krokodil aussehen, stand demonstrativ offen. Die Pistole lag in ein Taschentuch eingewickelt auf dem Boden, Portemonnaie und Pass darauf, und sie hatte eiskalt überlegt, dass gerade eine offene Tasche nicht dazu verlocken würde, hineinzuschauen. Sie wusste, dass sie unschuldig aussah, ängstlich und ganz normal, kaum wie jemand, den der Zoll sich zur Kontrolle herausholte. Sie ging ein Risiko ein, ein offensichtliches Risiko. Die Tasche baumelte an ihrer Hand beim Gehen, hinter ihr rollte der Koffer, den sie mit der anderen Hand zog. Sie folgte dem Strom, ging weder langsamer noch schneller, sie schaute den Zöllnern in die Augen – darunter war übrigens eine Frau –, sie kam mit ihnen auf gleiche Höhe, ihr Puls erhöhte sich, sie ging schlendernd vorbei, touristenmüde wippte bei jedem Schritt ein wenig mit der Hüfte, sie kam vorbei, nichts passierte, sie war vorbei, am Zoll vorbei … und dann war sie draußen.
    Auf dem Stockholmer Hauptbahnhof ging sie auf die Toilette und legte die Pistole in den Koffer. Sie schloss sorgfältig hinter sich ab, kontrollierte, dass niemand sehen konnte, was sie da tat, dass es keine Ritze gab, und trotzdem war sie sorgsam darum bemüht, den Inhalt des Taschentuchs nicht freizulegen. Man konnte nie vorsichtig genug sein. Als sie die Waffe in der Hand hielt und wieder ihr Gewicht spürte, wurde sie von gemischten Gefühlen beherrscht, die in erster Linie Genugtuung beinhalteten, aber auch Angst. Mit ihr war nicht zu scherzen. Sie hatte für vieles eine Lösung, und das ließ sie vor sich selbst Angst bekommen.
    Daheim legte sie die Pistole und das Magazin in den Wäscheschrank hinter den Stapel mit Kopfkissenbezügen. Sie konnte sie eigentlich überall hinlegen, wenn auch nicht offen, da niemand den Verdacht hegte, sie könnte eine Waffe besitzen. Genau! Sie war eine Person, die niemand verdächtigte, und der Gedanke ließ sie schwindeln.
    Eine Pistole zwischen Großmutters Bettlaken.
     
    Das Probeschießen stellte das größte Problem dar. Sie hatte ziemlich herumfahren müssen, um einen abgelegenen Platz zu finden. Außerdem war ihr Auto auch noch rot, ein roter Mazda. Schließlich folgte sie zwei Radspuren, die direkt in den Nadelwald zu einer Rodung führten. Es war

Weitere Kostenlose Bücher