Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster
wissen, wann die Beerdigung stattfinden kann. Wahrscheinlich wird es noch eine Weile dauern. Wie immer, mit anderen Worten.«
Damit war die Besprechung beendet.
Es war kurz nach dem Mittagessen. Louise Jasinski fühlte sich schläfrig, als sie den Trastvägen entlangfuhr und einparkte. Träge, obwohl sie nur einen kleinen Thunfischsalat gegessen hatte. Die Nachbarin gegenüber harkte Laub. Louise hörte das regelmäßige Schrappen des Rechens und spürte den Blick der Nachbarin im Rücken, als sie auf das Haus zuging.
Die Leute wollen mit ihren Gefühlen in Ruhe gelassen werden, wenn sie eine persönliche Katastrophe erlitten haben, dachte sie. Dann muss man sie äußerst vorsichtig behandeln. Sie selbst hatte sich nur noch auflösen und verschwinden wollen, als ihr klar geworden war, dass viele in ihrem Umfeld gewusst hatten, dass Janos mit einer jüngeren Kollegin ein Verhältnis hatte. Außerdem hatten die anderen das lange vor ihr gewusst. Alle anderen, nur sie nicht! Es spielte keine Rolle, dass das die klassische Situation war. Sie hatte sich total bloßgestellt gefühlt und hatte unglaublich viel Trost gebraucht. Sie hatte nur ihre engsten Freunde um sich haben wollen, liebevolle und warmherzige Menschen und nicht die, die gelogen hatten. Es war ihr schwergefallen, die Schande auszuhalten und die Neugier, die ihr entgegenschlug.
In einer Kleinstadt wurde es leicht mal zu eng.
Was jetzt passiert war, war natürlich viel schlimmer. Ein Tod ließ sich nicht rückgängig machen.
In der Auffahrt stand ein BMW. Schwarz, größeres Modell, ein Fünfer, sah sie im Vorbeigehen. Ein Rentnerschlitten, passend für einen Fabrikanten. Der Lack glänzte frisch poliert.
Ein Kiesweg führte zum Haus. Der Kies knirschte heimelig unter den Schuhsohlen. Hinter der großen Villa lag ein kleines Rasenstück, vor der Haustür war eine überdachte Veranda mit einer Bank. Die Tür wurde geöffnet, Harald Eriksson schien auf sie gewartet zu haben.
Die Diele war bedrückend dunkel, aber das Wohnzimmer wirkte heller als bei ihrem letzten Besuch. Da hatte sie Erika Ljung begleitet. Es war mitten in der Nacht, und die Ehefrau war noch am Leben gewesen. Sie war gerade operiert worden, und alle waren voller Hoffnung gewesen. Jetzt war die Lage eine andere.
Louise ging nicht davon aus, dass der Witwer sie wiedererkennen würde. Harald Eriksson schien jedoch ein gutes Personengedächtnis zu haben.
»Sie waren schon mal hier«, sagte er.
Er wirkte verbissen und blass. Auf dem Esstisch in der Ecke vor der Küche drängten sich Vasen mit Blumen. Die Sträuße waren noch in Zellophan verpackt, es waren weiße Lilien oder Rosen, womit man eben einen Witwer bedachte. Jedenfalls hatten sich die Schenker nicht lumpen lassen.
Die Couchgarnitur stand in einem Erker, vor dem eine Terrasse in südwestlicher Richtung lag. Die Tür war nur angelehnt, und Sonnenlicht fiel herein. Staubkörnchen wirbelten durch die Luft.
In dem hellen Licht sah der Mann noch mitgenommener aus.
»Ich muss mich um die Beerdigung kümmern«, sagte er mit tonloser Stimme. »Ich dachte, dass mir das erspart bleiben würde.«
Damit hat niemand gerechnet, dachte Louise Jasinski, sprach es aber nicht aus. Sie war sich nicht ganz sicher, ob Eriksson weinte, denn Männer verkniffen sich das meist.
»Ich habe ein Beerdigungsinstitut angerufen. Wann, glauben Sie, könnte das möglich sein … ja … ich meine, dass wir meine Frau beerdigen?«
»Leider werden bis dahin noch ein paar Wochen vergehen«, erwiderte Louise vorsichtig.
Er starrte sie stumm an.
»Es kann bis zu vier Wochen dauern, bis alles geklärt ist«, verdeutlichte sie. Vermutlich kam ihm das wie eine Ewigkeit vor.
Er dachte über ihre Worte nach, während er aus dem Fenster schaute und dabei die Zähne zusammenbiss, sodass sich seine Gesichtsmuskeln verspannten.
»So darf das einfach nicht zugehen!«, rief er plötzlich mit funkelnden Augen.
Sie räusperte sich.
»Das muss schneller gehen! Haben Sie gehört?«
Ja, sie hatte gehört.
»Leute so warten zu lassen. Schließlich habe ich auch noch meine Arbeit.«
»Es ist leider so, dass eine genaue Untersuchung Ihrer Frau einschließlich aller Laborproben dauert«, meinte Louise. Sie hoffte, dass ihn eine Erklärung beruhigen würde.
Sie merkte, dass es ihr schwerfiel, das Wort Obduktion auszusprechen.
»Haben Sie denn arbeiten können?«, fragte sie, um das Thema zu wechseln.
»Nicht viel«, antwortete er resigniert. Er saß zusammengesunken
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