Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Er hatte den Schlüssel dabei und konnte gehen und kommen, wie ihm beliebte. Das macht er immer so … Er hätte den Pass natürlich beim Auschecken zurückbekommen.«
Ihr Blick wanderte erneut von Özen zu Merve und blieb schließlich auf Claesson ruhen.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass etwas Ernstes vorgefallen ist?«, sagte sie schließlich leise.
»Ja. Herr Olsson ist tot. Er wurde ermordet«, sagte Claesson.
»Oh!«, rief sie und schlug die Hand vor den Mund. Ihre Pupillen verengten sich. »Wie furchtbar.«
Sie holte Luft. »Seine Sachen sind hier hinten«, meinte sie. »Wir haben sie aus dem Zimmer geräumt, um dort putzen zu können. Das war vielleicht dumm? Wir haben auch versucht, ihn auf seinem Handy zu erreichen, aber er antwortete nicht. Wir haben eine Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen.«
»Olsson hat also auch schon früher hier gewohnt?«, fragte Claesson.
»Oh, yes. Many times.«
»Wie oft ungefähr?«
Sie drehte sich zur Seite, starrte an die Wand und überlegte.
»Genau kann ich das nicht sagen, aber mindestens einmal im Jahr und auch schon damals, als meine Eltern das Hotel führten. Leider sind sie tot; ich kann sie also nicht mehr fragen. Vor über zwanzig Jahren haben sie meinem Bruder und mir das Hotel überlassen, und in all diesen Jahren war Herr Olsson unser Gast. Manchmal mehrmals im Jahr. Er war fast so etwas wie ein Freund der Familie.«
»Wohnte er allein hier?«
»O ja. Er kam immer allein.«
»Hatte er denn nie seine Frau dabei?«
»Ich wusste nicht einmal, dass er verheiratet war. Danach fragen wir unsere Gäste nicht.«
»Haben Sie eine Vorstellung, was er machte, wenn er hier war?«, fragte Claesson.
»Wir kümmern uns nicht um die Pläne unserer Gäste«, sagte sie mit Nachdruck. »Herr Olsson zahlte und war ordentlich, das allein zählt. Er bezahlte meist im Voraus.«
»Wie zahlte er?«
»Mit Karte vermutlich, ich kann das überprüfen.«
»Wie lange wollte er dieses Mal bleiben?«
Sie schaute im Computer nach.
»Eine Woche.«
Claesson nickte. Olsson wollte vier Tage länger bleiben als seine Frau.
Özen sollte sich bei der Ehefrau erkundigen, ob das hin und wieder vorgekommen sei.
Sie besichtigten das Zimmer, in dem Olsson gewohnt hatte und das auf den nächsten Gast wartete. Ein schönes Zimmer, dachte Claesson. Ein winziger Schreibtisch, ein stabiler Nachttisch aus dunklem Holz, weinrote Vorhänge und ein Fernseher, der über dem Fußende des breiten Bettes in die Wand gedübelt war. Auf dem Bett lag ein Überwurf mit Tulpenmuster, das sich in der Tapete wiederholte. Es gab überhaupt viele Tulpen in der Türkei. Die Türkei war das Herkunftsland der Tulpe, hatte Claesson gelesen. Sie blühten in Parks, aber auch an den Straßenrändern. Die Straße vom Flughafen Richtung Zentrum wurde von hohen Tulpen in allen möglichen Farben gesäumt.
Das Zimmer war für einen Kriminaltechniker nicht gerade eine Goldgrube. Es hatte zwar nach Olsson niemand mehr darin gewohnt, aber das Zimmermädchen hatte ganze Arbeit geleistet, und Bettwäsche und Handtücher waren bereits aus der Wäscherei zurückgekehrt.
Sie durchsuchten die Reisetasche.
»Etwas fällt mir auf«, sagte Claesson, nachdem sie den Inhalt betrachtet hatten. »Der Kulturbeutel fehlt.«
Merve ging zu ihrem Kollegen im Streifenwagen und bat ihn, das Zimmer zu versiegeln. Die Hoteldirektorin hatte nichts dagegen einzuwenden. Merve versprach Claesson, einen Techniker zu verständigen, und ließ sich das Gästebuch aushändigen, das sie an Özen weiterreichte.
»Wonach soll ich denn nun suchen?«
Er zuckte mit den Achseln.
»Nach allem! Wenn du auf einen Gast aus Schweden oder aus Skandinavien stößt, wäre das gut. Vielleicht auch aus Deutschland.«
»Einen Deutschen?«, fragte Özen. »Warum das?«
»Weiß nicht. Fiel mir einfach so ein und ist vermutlich auch falsch«, sagte Claesson und lächelte Merve an, die sich Notizen auf ihrem Block machte. Die hat wirklich Ausstrahlung, dachte er. Ihre Ohren standen ein wenig ab, das sah etwas speziell aus und wurde dadurch unterstrichen, dass sie ihr dickes schwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden trug.
Womit beschäftigte sich Olsson, wenn er allein in Istanbul Urlaub machte? Sah er sich Teppiche an?
Nein, dachte Claesson.
Das Foto vom Kai in Yeniköy, auf dem sich alle schönen Häuser im gekräuselten Wasser gespiegelt hatten, ging ihm nicht aus dem Sinn. Das Foto, auf dem Olsson auf die Fähre zu warten schien. Mit
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