Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
einen zusätzlichen Dienst übernehmen?
Ronnys Stimme ließ jedoch auf etwas anderes schließen.
Annelie kam herein und nickte ihm zu. Sie wirkte ernst. Aber wütend?
»Ich habe heute Vormittag die operierte Galle entlassen.«
»Und?«, erwiderte Christoffer knapp, während ihn ein Gefühl des Unbehagens beschlich, was durch Annelies verbissene Miene nicht besser wurde. Offenbar hatte sie das rote zusammengeknüllte Papier entdeckt.
»Du erinnerst dich, die Patientin mit den postoperativen Magenschmerzen?«, meinte Ronny. »Anfang fünfzig. Sie hatte außerdem Kopfschmerzen, deswegen haben wir sie noch einen Tag länger behalten. Sie sollte heute entlassen werden.«
Christoffer wurde es heiß.
»Sie nahm sich gegen halb elf ein Taxi«, fuhr Ronny mit neutraler Stimme fort, die etwas zu verbergen schien.
»Und?«
Annelie begann, ihn zu umkreisen. Sie stellte zwei Tüten mit Lebensmitteln auf die Spüle und räumte die Lebensmittel in den Kühlschrank. Ihre Bewegungen waren langsam, fast träge. Sie schien seinen Blicken auszuweichen.
»Ihr Ehemann behauptet, sie starb genau eine Stunde, nachdem sie zu Hause eingetroffen war«, sagte Ronny.
Die Zeit blieb stehen.
Verdammt! Christoffer brachte keinen Ton heraus. Sein Atem stockte.
»Hörst du mich?«, fragte Ronny.
»Ja …«
»Herzinfarkt, vermuten wir«, sagte Ronny, seltsamerweise ohne Vorwurf in der Stimme.
Verdammt, dachte Christoffer. Verdammte Scheiße!
»Sie hatte in der Nacht davor Schmerzen in der Brust, habe ich später von einer Schwester erfahren. Die Nachtschwester hat das in den frühen Morgenstunden weitergegeben und im Krankenblatt vermerkt, das ich aber nicht gelesen habe. Vormittags ist es ja immer etwas chaotisch mit allen Entlassungen. Jedenfalls hat mir niemand etwas gesagt. Auch die Patientin nicht. Soweit ich mich erinnere, hast du heute Morgen auch nichts erwähnt. Aber ich kann mich schließlich auch irren.«
Seine Zunge war wie gelähmt. Dass er ausgerechnet Ronny in Schwierigkeiten gebracht hatte, machte die Sache nicht besser.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, meinte er schließlich.
»Hast du sie untersucht?«
Die Frage war unbarmherzig, aber berechtigt.
»Nein.«
Er hörte Ronny am anderen Ende einatmen.
»Hat Birgitta Olsson nicht bei dir angerufen? Im Krankenblatt steht, dass sie den Hb-Wert und Fieber gemessen, außerdem ein EKG gemacht und dich angerufen hat.«
»Letzte Nacht war viel zu tun … ich erinnere mich nicht an alle Einzelheiten. Aber vermutlich hat sie mich angerufen … Es klang dann aber nicht so, als wäre das EKG weiter beunruhigend. Aber wir hätten eine Blutprobe nehmen müssen, um einen Herzinfarkt auszuschließen. Ich hätte dafür sorgen müssen«, berichtigte er sich, als er realisierte, wer die medizinische Verantwortung trug.
Ronny erwiderte nichts.
»Okay«, meinte er dann. »Wir brauchen jetzt nicht weiter darüber zu reden. Ich wollte dich nur informieren, schließlich ist es unangenehm, wenn so ein Fall eintritt und die Betroffenen wissen nichts davon, das passiert ja leicht einmal.«
Sie wussten natürlich beide, wie das war. Hinter vorgehaltener Hand wurde getuschelt, und selbst erfuhr man nicht das Geringste.
»Wir reden später drüber. Der Kardiologe hat sich das EKG angesehen. Vermutlich war es normal, aber das ist ja immer schwer zu beurteilen. Frauen und Herz, du weißt schon. Das wird natürlich Folgen haben«, fuhr Ronny Alexandersson fort, immer noch ohne ungehalten zu klingen.
Christoffer hörte nichts mehr außer einem Rauschen im Kopf. Ronny verabschiedete sich mit der Bemerkung, dass sie sich am nächsten Tag sähen. Christoffer legte auf und blieb wie erstarrt stehen.
»Ist was passiert?« Annelie hielt inne und sah ihn forschend an. »Heute habe ich erfahren, dass …«
»Ach was«, fiel er ihr ins Wort. Er hatte keine Kraft mehr, für ihre Vorwürfe schon gar nicht. »Ich muss auf die Toilette.«
Nachdem er alles von sich gegeben hatte, betätigte er die Spülung.
»Ich muss noch rasch was holen«, sagte er zu Annelie und verließ das Haus, ohne sie anzusehen.
Die frische Luft kühlte sein Gesicht. Er atmete tief ein und dann ganz langsam aus, während er auf das Auto zuging. Es stand so, dass es vom Küchenfenster aus nicht zu sehen war. Trotzdem drehte er sich um und vergewisserte sich, dass sie ihm nicht hinterher schaute.
Er riss die Beifahrertür auf und starrte erst auf den Beifahrersitz und dann auf den Boden. Nichts, nur die
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