Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Schmerzen krümmen würde.
Aber er wich ihr noch rechtzeitig aus. Sein Gesicht lief rot an und glich einer wutverzerrten Maske.
»Was soll das, du Schlampe«, fauchte er, schob sie an der Tür hoch und legte ihr eine Hand um den Hals. Er drückte zu.
Sie sah ihm in die Augen, die blank wie Stahl waren. Bemerkte die Handschuhe. Er trug ein Paar schwarze Lederhandschuhe. Er war ihr so nahe, dass sie seinen Geruch wahrnahm. Schweiß und zu viel Rasierwasser. Sie konnte nichts tun. Wo war Christoffer?
»Ich lasse erst los, wenn du mir gesagt hast, wo er ist! Stell dich nicht dumm!«
Sie öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass er die Falsche erwischt hatte, sie hatte nichts mit Teppichen zu tun. Er hatte es auf Annelie abgesehen.
Aber die Worte stauten sich, nur ein Gurgeln war zu hören, weil er sie würgte. Ihr war übel, und sie zuckte unkontrolliert. Er drückte mit seinen Daumen von beiden Seiten auf ihren Kehlkopf, und es fühlte sich an, als würde ihr der Kopf abgetrennt.
»Her mit dem Teppich, verdammt! Hörst du!«
Sie hörte ein Rauschen in den Ohren. Ihr wurde abwechselnd rot und schwarz vor Augen, und sie rang nach Luft. Ihre Knie wurden weich. Sie konnte nicht antworten. Nicht einmal eine Lüge kam ihr über die Lippen. Sie versuchte, seine Hände von ihrem Hals zu lösen, aber er ließ nicht los. Drückte fester zu, als würde ihm das Spaß machen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Dann sah sie nichts mehr, spürte nur, wie sie langsam vom Fußboden abhob, und wusste nicht, ob sie fiel oder flog.
32
Veronika und Klara sangen während der Autofahrt. Nora schlief satt und zufrieden im Babysitz auf dem Beifahrersitz. Die Sonne stand noch recht hoch, obwohl es schon Abend war. Veronikas Busen schmerzte unter dem Sicherheitsgurt. Sie sang und merkte, wie falsch das klang. Aber Klara sang begeistert mit. Obwohl Klara noch klein war, traf sie die Töne einwandfrei. Wie konnte jemand, der so unmusikalisch war, ein Kind bekommen, das singen konnte?
Veronika nahm die Hauptstraße nach Bråbo, das ging am schnellsten. Dann fuhr sie die hübsche, schmale Straße nach Applekulla entlang. Felder, Gärten und Wäldchen wechselten sich an der kurvigen Straße ab. Schafe, Lämmer und Kühe weideten. Die Ackerfurchen glänzten. Die Tannen wurden wie in früheren Zeiten geschlagen, die Laubbäume ließ man stehen. Das Grün der Laubbäume war hell und frisch. Früher hatte man die Bäume im Frühjahr beschnitten und die Zweige und Blätter an das Vieh verfüttert. Das hatte Veronika von Else-Britts Mann Gösta gelernt.
Laubwälder gab es hier schon in der Steinzeit, meinte Gösta. Eiche, Ulme, Linde, Buche, Eberesche. Veronika versuchte sich die unterschiedlichen Blätter vorzustellen, war sich aber etwas unsicher. Sie wollte dazulernen. Die Natur ließ sich bewusster wahrnehmen, wenn man benennen konnte, was man sah.
Die Tanne kam relativ spät, vor circa tausend Jahren, das wusste sie jetzt. Dieser hoch aufragende Baum, den so viele Leute mit Småland verbanden, hatte erst vor relativ kurzer Zeit hier in der Gegend Wurzeln geschlagen. Ganz andere Kräutlein und Blumen wuchsen dort, wo sich die Tanne nicht ausbreiten konnte und das Licht bis auf die Erde drang. Das Laub, das zu Boden fiel, machte die Erde außerdem fruchtbarer.
Weiden und Blumenwiesen. Das klang so schön, aber bedeutete auch harte Arbeit.
Die schwedischen Blumenwiesen, dort wo es sie noch gab und wo sie gepflegt wurden, zählten zu den artenreichsten Gebieten der Welt, sagte Gösta. Eine blühende Vorratskammer. Die Wiesen wurden hier noch mit der Hand gemäht, dann blieb das Heu liegen, sodass die Gräser ihre Samen ausstreuen konnten, ehe es zusammengerecht und getrocknet wurde, um als Winterfutter zu dienen.
Sie dachte an das alte Sprichwort, »Die Wiese ist die Mutter des Ackers«. Das Heu der Wiesen ernährte das Vieh im Winter, damit später der Acker mit seinem Mist gedüngt werden konnte, der Acker gab dann wieder eine gute Ernte. Einer der vielen Kreisläufe der Natur!
Sie näherte sich Bråbo, dem Eldorado der altmodischen Weidezäune. Nirgendwo sonst gab es so viele davon. Die ergrauten Holzzäune schmiegten sich an Weiden, Hügel und Ackerflecken.
Sie fuhr langsamer und bog in das Dorf ein. Die Leute waren in ihren Gärten. Einige winkten, andere nickten nur, wieder andere waren ganz in ihre Arbeit vertieft. Sie wusste, dass auch Christoffer Daun hier wohnte, und fragte sich, in welchem Haus.
Gerade als sie an ihn dachte,
Weitere Kostenlose Bücher