Lupus - Ankunft der Woelfe
zu holen und mit den Kollegen zu telefonieren, traf er auf die freundliche Krankenschwester.
»Hat die Oberschwester jetzt doch eingesehen, dass ich hier helfen kann?«
»Die ist nicht einsichtig. Die hätte sie bestimmt schon längst rausgeworfen, aber wir hatten Schichtwechsel. Der Drachen taucht erst morgen wieder auf.«
»Oh, da habe ich aber Glück.«
»Ich auch, denn sonst müsste ich mich mehr um Frau Palmer kümmern. Aber hier ist mal wieder die Hölle los. Und alle Ärzte sind irgendwie verschollen oder in dringenden Besprechungen.«
»Wegen der genetisch Veränderten? Sind es so viele?«
Sie senkte den Blick. »Darüber darf ich eigentlich nicht reden. Aber natürlich ist es das Gesprächsthema. Wir reden über nichts anderes mehr. Und laufend bekommen wir weitere Auswertungsergebnisse der DNA-Proben. Es sind viel mehr Menschen betroffen, als vermutet.«
Der Pager an ihrem Handgelenk piepte. »Ich muss jetzt dringend weiter.«
Cube bedankte sich und ging zurück.
Als Eva am späten Nachmittag wieder einigermaßen bei Kräften war, sprachen sie über die Hintergründe.
»Die getesteten Medikamente hatten offensichtlich nur bei Chimären eine leistungssteigernde Wirkung und leider auch unerwartete Nebenwirkungen«, informierte er sie.
»Mein Vater hat mir gegenüber ebenfalls zugegeben, dass die Genveränderten bereits in den Statistiken auffielen.«
»Die Medikamente bewirkten bei ihnen Stimmungsschwankungen, Wahrnehmungsverzerrungen oder führten zur Selbstüberschätzung.«
Sie stöhnte plötzlich und schlug sich die Hand vor den Mund. »Brian Eden sagte mir, dass er eingesperrt in einem Keller neben der toten Urologin erwacht sei. Sie war zerfleischt und er blutbesudelt. Dann sei Becker dazugekommen, aber anstatt ihn zu befreien, habe er ihm ein weiteres Medikament gegeben. Danach sei alles in seinen Erinnerungen verschwommen. Eden hat behauptet, Becker habe ihn manipuliert.«
»Hat er dir gesagt, wo er eingesperrt war?«
»Nein, irgendeine Hütte im Wald.« Sie schloss einen Moment die Augen. »Glaubst du, Becker hat Eden mit Medikamenten gefügig gemacht?«
»Er war Hirnforscher. So einem traue ich das zu.« Er fasste sich an die Schläfen. Becker, du Scheißkerl! Laut sagte er: »Eden hat über Albträume geklagt. Vielleicht war er ein durchgeknallter Psychopath. Vielleicht aber stand er vor allem unter Drogeneinfluss.«
»Und was sagt Becker dazu?«
Cube biss die Lippen aufeinander.
»Verschweigst du mir etwas?« Sie öffnete die Augen.
»Eden hat auch Becker angegriffen. Wir haben ihn noch nicht befragen können.«
»So schlimm?«
Er schaute zum Fenster und schwieg erneut. Er konnte ihr doch nicht sagen, dass Becker verschwunden war und die Kripo vorsichtshalber zu ihrer Sicherheit einen Polizisten vor der Tür platziert hatte.
»Alexander?«
»Du musst dich schonen. Das ist alles noch zu viel für dich. Morgen reden wir darüber.«
Die Tür öffnete sich, und die freundliche Krankenschwester erschien. »So, Herr Cube, jetzt seien Sie aber brav, und verabschieden Sie sich für heute von Ihrer Verlobten. Sie braucht noch viel Schlaf, und die Besuchszeiten sind nun endgültig zu Ende.«
Er spürte, wie die Hitze in seine Wangen schoss, und blickte ergeben auf die Uhr. Eva lachte schwach und zog ihn zu sich heran. »Guter, uralter Trick und funktioniert immer wieder«, flüsterte sie.
Für einen Moment verlor er sich in den violetten und türkisfarbenen Sprenkeln auf ihrer grünen Iris. Dann riss er sich von dem Anblick los. »Wir sehen uns morgen. Gute Nacht!«
Draußen verscheuchte er den Polizisten, der auf dem Stuhl saß und das Krankenzimmer bewachte. »Ich übernehme die Nachtwache. Sie können jetzt gehen!«
67
Beckers Villa, Mittwoch, 10:00 Uhr
E va war versorgt und über den Berg. Cube hoffte, dass der wachhabende Polizist vor Evas Krankenzimmer die Tür auch wirklich nicht aus den Augen ließ.
Jetzt würde er Becker jagen.
»Du siehst müde aus«, sagte Henner Frantz.
»Das verfliegt gleich wieder, sobald wir hier mit der Arbeit beginnen«, entgegnete er.
Die schwere, verschnörkelte Tür zu Beckers Villa stand sperrangelweit offen. Noch immer markierte die eingetrocknete Blutlache auf dem weißen Marmor die Stelle, wo der schwerverletzte Professor gelegen hatte.
Cube setzte einen großen Schritt über den rotbraunen Fleck hinweg und blieb wartend am Eingang zum Wohnraum stehen. Das Team der Spurensicherung packte gerade Pinsel, Pinzetten, Asservatentüten,
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