Lust kennt kein Tabu
sicher.
„Setz dich“, bat er, „lass es mich erklären.“
Jahrelang hatte sie gebraucht, um über die Trennung von Wendell hinwegzukommen. Und nun sollte sie Zeit mit ihm verbringen? Das war nun wirklich das Letzte, was sie sich wünschte … „Du warst mit einer anderen liiert. Da gibt es nichts zu erklären, die Tatsachen sprechen für sich.“
„Wirst du mich jedes Mal, wenn ich dich zusammen mit Nicholas sehe, erbost anstarren?“ Eindringlich schaute er in ihre Augen. „Diese unangenehme Atmosphäre zwischen uns will ich aus der Welt schaffen. Wenn wir einfach nur …“
Als sein Handy klingelte, verstummte er abrupt, griff in seine Hosentasche, zog es hervor und checkte das Display.
Dann hielt er es sich ans Ohr. „Hey, Alter, was ist los?“, fragte und wandte sich zur Seite.
Zienna beobachtete ihn, während er telefonierte. Zum ersten Mal seit dem Wiedersehen erlaubte sie sich, ihn genauer zu betrachten. Er trug ausgebleichte Jeans, Cowboystiefel und ein weißes, am Kragen geöffnetes Hemd. Um seinen Hals hing eine goldene Kette mit einem Talisman in der Form eines Kreuzes. Das war neu.
Interessierte er sich inzwischen für den christlichen Glauben?
Ihr Blick wanderte tiefer hinab, zu den kraftvollen Beinen, die sich unter der engen Jeans abzeichneten. Oh Gott, sein Körper war traumhaft gewesen. Daran hatte sich nicht viel geändert. Diese muskulösen Schenkel, der knackige Hintern …
Und seine unglaubliche Potenz.
Rasch schaute sie nach oben. Wendell hatte seinen Kopf kahl rasiert, ein Bart umrahmte seine vollen sinnlichen Lippen. Jetzt war er etwas schmaler gebaut als vor vier Jahren, weil er nicht mehr Football spielte. Doch er besaß immer noch einen bewundernswerten athletischen Körper.
„Alles klar“, hörte sie ihn sagen. In ihre Gedanken versunken, hatte sie sein Gespräch nicht belauscht. Erst jetzt weckte es wieder ihre Aufmerksamkeit. „Ja, ich werde da sein, wenn die Lieferung eintrifft, bis dann“, fügte er hinzu und beendete das Telefonat.
„Wer war das?“ Irgendwie gewann Zienna den beklemmenden Eindruck, Nicholas wäre am anderen Ende der Leitung gewesen.
„Dein Freund.“
„Ah, dein bester Freund“, konterte sie, als versuchte sie, bei einem Tennismatch zu punkten.
„Sogar der allerbeste . Und er scheint dich wirklich zu mögen.“
„Sehr gut, denn ich erwidere seine Gefühle.“ Nach einer kurzen Pause fragte sie: „Hast du ihm erzählt, wo du bist?“
„Nein. Wie ich soeben erwähnt habe, ist er mein bester Freund, und er hat Verständnis für meine frühere Beziehung mit dir gezeigt. Aber ob’s ihm gefallen würde, dass ich jetzt hier bin – ich weiß nicht recht …“
„Was führst du im Schilde?“
„Nichts, ich hatte nur gehofft, ich könnte etwas länger mit dir reden.“ Und dann – trotz ihrer schwarzen Hose und der langärmeligen Bluse – ließ er seinen Blick so verlangend über ihren Körper wandern, als würde sie nur Dessous tragen.
Plötzlich erinnerte sie sich an ein Geschenk, das er ihr damals ins Büro geschickt hatte, ein schönes rosa Seidenhemdchen. Auf der beiliegendenKarte hatte er sie gebeten, es anzuziehen, bevor sie sich abends sehen würden. Nach dem Dinner führte er sie in den Erie Park nahe ihrer Wohnung und bat sie, ihm das Hemd vorzuführen. Anfangs zögerte sie schüchtern und unsicher. Aber Wendells heiße Küsse erwärmten sie schon sehr bald für diese verrückte Idee. Neben dem Kinderspielplatz, nach dem Einbruch der Dunkelheit, posierte sie in ihrem neuen Hemdchen. Danach liebte er sie unter dem Klettergerüst. Nie zuvor hatte Zienna etwas so Wildes, Riskantes getan. Und der Gedanke, sie könnten ertappt werden, hatte den Reiz noch erhöht.
In die Gegenwart zurückgekehrt, schaute sie Wendell an, der sie mit einem sanften Lächeln beobachtete.
„Wann treffen wir uns?“, fragte er, genauso anmaßend wie vor fünf Jahren. Diese Taktik hatte stets funktioniert.
Aber so dumm wie früher war Zienna nicht mehr. Wendell hatte ihr eine schmerzliche Lektion erteilt. Nun wusste sie, wie gefährlich es war, einen Lügner zu lieben. Diesen Fehler würde sie nicht noch einmal machen.
„Wir werden uns nicht treffen.“ Welch eine Genugtuung, ihn abzuwimmeln, zu sehen, wie sich seine selbstgefällige Miene verdüsterte … „Nun haben wir uns nichts mehr zu sagen, was nicht schon gesagt wurde. Ich wünsche dir viel Glück mit deiner neuen Freundin und bei allem anderen, was du mit deinem Leben anfangen wirst.
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