Lust und Gefahr
Schein der Petroleumlampe blickte sie auf das Display seines Handys in ihrer Hand.
»Ich will nicht mit ihm reden«, knurrte er.
»Es ist nicht Danny. Es ist jemand namens Mendez.«
Constance Mendez, die Kollegin, die ihn vertrat. Sie würde nicht anrufen, wenn sie keinen guten Grund hätte. Also ging er zur Tür, griff sich das Telefon aus Robins ausgestreckter Hand und nahm das Gespräch an. »Ja?«
»Amendola. Entschuldigen Sie die Störung, aber ich dachte, dass es Sie vielleicht interessiert.« Ihre für gewöhnlich kühle, herbe Stimme klang gedämpft. »Geddes ist tot.«
Von allen Gefühlen, die eine solche Nachricht in einem Menschen auslösen konnte, war die unerklärliche Angst, die er verspürte, wohl am wenigsten angemessen.
»Was?«
»Er hat im Waschraum vom Desinfektionsmittel für die Hände getrunken. Es ist heute Nachmittag passiert. Es dauerte eine Weile, bis er gestorben ist. Ich habe es gerade erst erfahren.« Sein Magen zog sich zusammen. Ein galliger Geschmack breitete sich auf seiner Zunge aus. »Danke, dass Sie mir Bescheid gesagt haben.«
»Vielleicht … hilft es Ihnen, sich zu entspannen?«
»Darauf sollten Sie nicht warten«, entgegnete er. »Bis dann, Mendez.«
Er beendete das Gespräch, starrte einen Moment lang das Handy an und stellte es dann ganz aus. Keine Anrufe mehr. Er hatte genug.
Spätestens jetzt sollte er den Fall zu den Akten legen, die Endgültigkeit akzeptieren. Geddes lag im Leichenschauhaus des Gefängnisses. Endgültiger ging es kaum. Richtig? Er horchte in seine Seele, auf der Suche nach dem Gefühl, dass es zu Ende war. Doch er fand es nicht.
Robin verschränkte die Arme vor der Brust. »Schlechte Neuigkeiten?«
Er öffnete den Mund, um ihr zu sagen, dass es sie nichts anging. »Der Typ, den ich vor kurzem hinter Gitter gebracht habe«, platzte er stattdessen heraus. »Der Mistkerl hat Selbstmord begangen. Er hat einen Weg gefunden, um sich nach ein paar Tagen im Knast umzubringen.«
Sie biss sich auf die Unterlippe und sah ihn mit großen Augen an, als wollte sie etwas sagen und traute sich nicht. »Und, äh … das ist nicht gut?«
»Zu leicht!« Sein Atem ging schwer. »Viel zu leicht. Der Bastard hätte es verdient, gevierteilt zu werden! Kein verdammtes Desinfektionsmittel für die Hände, das er schluckt und sich damit ins verfluchte Jenseits verabschiedet! Scheiße! Scheiße!«
Robin blickte ihn an, ergriff seine Hand und zog ihn mit sich. Widerstandslos folgte er ihr in die Hütte. Er fühlte sich müde.
In der Küche holte sie zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank. Eine stellte sie vor ihn hin. Dankbar nahm er einen Schluck.
Das Schweigen war drückend. Er schämte sich wegen des wilden Oralsexes, seiner unangemessenen Grobheit, seines Ausbruchs – wegen all dem zusammen.
»Ich kann mich nicht erinnern, schon mal erlebt zu haben, dass du deinen Mund so lange hältst«, sagte er, nur um irgendetwas zu sagen.
Robin stützte ihren Kopf in die Hand und malte Linien auf die kalte, beschlagene Bierflasche. Gedankenverloren starrte sie vor sich hin. »Normalerweise reagiere ich übertrieben und spiele den Clown«, erklärte sie. »Es ist meine Art, Witze über Dinge zu machen, die mir Angst einjagen. Aber über so etwas kann ich keine Witze machen. Es tut mir leid, dass das passiert ist.«
Er quittierte ihre Worte mit einem knappen Nicken.
»Wer war der Kerl?«, fragte sie. »Was hat er getan?«
»Das willst du nicht wissen«, erwiderte er schroff.
»Eigentlich möchte ich es schon wissen«, entgegnete sie stur.
Er nahm einen Schluck von seinem Bier. »Er hat gern junge Frauen umgebracht. Langsam.«
»Der ›Vogelei-Mann‹?«
Überrascht schaute er sie an. »Du hast von ihm gehört?«
»Ich habe die Nachrichten gesehen. Du hast recht. Er hat keinen leichten Tod verdient.«
Robin wagte es, ihre Hand auf die seine zu legen. Sie berührte ihn kaum. Die Wärme ihrer zarten Fingerspitzen fühlte sich gut an. Mehr als gut.
Er zog seine Hand unter ihrer hervor. »Du solltest ein bisschen schlafen. Es ist schon spät.«
Sie nahm ihre Hand zurück. »Das einzige brauchbare Bett ist das Schlafsofa im Wohnzimmer. Ich habe mir die Schlafzimmer angesehen. Im ersten Zimmer ist ein Leck über dem Bett. Die Matratze ist feucht und total verschimmelt. Und im anderen Schlafzimmer hat sich irgendein Tier durch die Wand gekratzt und auf dem Bett Junge bekommen. Also nehme ich die Sofakissen und schlafe auf dem Fußboden.«
»Nein«, entgegnete er.
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