Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
hier wegen Frau ... ähm
...“
„Ravensburger“, half sein
Assistent ihm auf die Sprünge.
„Genau“, nickte Büttner und schob
den Lehrer beiseite. „Darf ich fragen, wer Sie sind?“
„Frieso Gerkens. Ich bin ein
Kollege von Frau Ravensburger.“
„Wo finden wir sie?“
„Kommen Sie bitte mit.“
Frieso Gerkens führte sie in
einen kleinen Raum, in dem eine Notfallliege stand. Der Notarzt packte soeben
sein Zeug zusammen und nickte den Polizisten zu. „Schwächeanfall und eine
Prellung am Arm. Nichts Gravierendes, denke ich. Sie ist bald wieder okay. Ich
schicke gleich eine Psychologin vorbei, die sich um sie kümmern wird, sie steht
offensichtlich unter Schock.“
Büttner runzelte die Stirn. „Und
warum hat man uns dann gerufen?“, fragte er säuerlich.
Der Notarzt zeigte auf einen
älteren Herrn, der in eine Ecke des Raumes gekauert dastand und äußerst besorgt
aussah. Zwischen seinen Augen hatte sich eine tiefe Falte gebildet.
„Und Sie sind?“, fragte Büttner.
„Hermann Meenders. Ich bin der
Direktor dieser Schule.“
„Und wieso rufen Sie bei einem
Schwächeanfall gleich die Mordkommission? Finden Sie das nicht ein wenig
übertrieben?“
„In diesem Fall nicht“,
schüttelte der Direktor den ergrauten Kopf, und seine Sorgenfalte schien sich
noch tiefer in die Stirn zu graben.
„Weil?“
Hermann Meenders deutete mit
einem Fingerzeig auf Sybille Ravensburger, die blass auf der Liege lag und ins
Leere starrte. „Gut möglich, dass es einen Zusammenhang mit dem Mord an diesem
Musiklehrer gibt, diesem ...“
„Raffael“, stöhnte Sybille
Ravensburger in diesem Moment, zeigte ansonsten aber noch immer keinerlei
Regung.
„In welchem Verhältnis standen
Sie zu Raffael Winter?“, wandte sich Büttner an die Lehrerin, doch diese reagierte
lediglich mit einem nervösen Flattern ihrer Augenlider.
Der Direktor ließ ein verlegenes
Hüsteln vernehmen. „Ich habe die Schüler ihres Deutschkurses gefragt, was
vorgefallen ist. Wissen Sie, da hatte sie gerade Unterricht, als ... es
passierte.“
„Und?“
„Nun, sie hatten sich wohl einen
Scherz erlaubt und Frau Ravensburger gefragt, ob sie ein ... ähm ... sexuelles
Verhältnis zu diesem Raffael Winter hatte.“
„Und?“
„Und was?“
„Hatte sie? Ein sexuelles
Verhältnis?“
„Woher soll denn ich das
wissen?“, schnaubte der Direktor empört.
„Irgendwie müssen die Schüler ja
auf solch eine Frage gekommen sein. Welcher Kurs war das, sagten Sie?“
„Der Deutschkurs in der 13.“
„Was hat der mit Raffael Winter
zu tun?“
„Soviel ich weiß ... also, es hat
sich hier herumgesprochen ... also, man sagt, dass ...“ Dem Direktor standen
nun Schweißperlen auf der Stirn.
„Kommen Sie auf den Punkt“, raunzte
Büttner ungehalten.
„Also, ganz ehrlich, ich weiß ja
nicht, ob da wirklich was dran ist.“
„Das wäre ja das erste Mal, dass
ein Lehrer etwas nicht weiß“, knurrte Hasenkrug und erntete dafür einen
vernichtenden Blick des jungen, zerzausten Pädagogen, der nach wie vor hinter
ihm stand und neugierig zuhörte.
„Es heißt, Magdalena Fehnkamp sei
Zeugin des Mordes gewesen“, sagte Hermann Meenders fast flüsternd und mit
vorgehaltener Hand.
„So, sagt man das“, erwiderte
Büttner emotionslos. „Und diese Magdalena Fehnkamp ist in diesem Deutschkurs
von Frau Ravensburger?“
„Ja.“
„Wo ist dieser Kurs jetzt?“
„Die Schüler sind alle in der
Pause.“
„Gut, dann kümmern wir uns später
darum.“
„Moin“, hörte Büttner in diesem
Augenblick eine Stimme hinter sich, „kann ich mal durch?“
„Wenn Sie mir sagen, wer Sie
sind?“ Büttner sah die recht attraktive und augenscheinlich sportliche Frau
mittleren Alters mit blonder Lockenmähne interessiert an.
„Veronika Flessner. Psychologin.
Man hat mich hergeschickt.“
Büttner nickte knapp und reichte
ihr seine Visitenkarte. „Sobald Ihre Patientin vernehmungsfähig ist, möchte ich
mit ihr reden. Bitte geben Sie mir dann sofort Bescheid. Sie könnte eine
wichtige Zeugin in einem Mordfall sein.“
„Raffael Winter?“, fragte die
Psychologin.
„Woher wissen Sie das?“
„Wie viele Mordfälle hat Emden
denn zurzeit?“, zuckte sie mit den Schultern.
„Da haben Sie auch wieder recht“,
lächelte Büttner verschmitzt. Dann gab er allen zum Abschied die Hand und
machte sich, gefolgt von Hasenkrug, auf den Weg zum Ausgang. Die große Pause
war inzwischen vorbei, so dass seine Tochter keine Gefahr mehr lief,
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