Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
rief
Büttner scheinbar erfreut, „Gott sei’s gepriesen, er kann ja doch noch reden!
Und ich dachte schon, die babylonische Strafe hätte ihn ereilt!“ Er warf
Fehnkamp einen langen Blick zu, dann sagte er: „Sie haben jetzt jede Menge
Zeit, sich in Ihre Wut hineinzusteigern, Fehnkamp. Und keine Gelegenheit, diese
an Ihrer Frau auszulassen. Da bin ich doch mal gespannt, auf wen Sie jetzt Ihre
Aggressionen lenken werden, bevor Sie dran ersticken.“ Mit einem Augenzwinkern
zu seinem Kollegen fügte er hinzu: „Passen Sie gut auf sich auf, Kollege, der
beißt!“ Dann verließ er, schon deutlich besser gelaunt, den Raum.
Als David Büttner den zweiten
Vernehmungsraum betrat, vernahm er als erstes ein lautes Stöhnen, gefolgt von
einem lang gezogenen Jaaaaaa! . Verdutzt blieb er an der Tür stehen, um
seine Augen an das schummerige Licht zu gewöhnen, das lediglich von dem
Flimmern eines Bildschirms durchbrochen wurde. An die Wand gelehnt, die Arme
vor dem Körper verschränkt, standen Ben Winter, sein Assistent Sebastian
Hasenkrug sowie ein weiterer Polizist in Uniform und starrten gemeinsam auf den
vor ihnen laufenden Film. „Was ist denn hier los?“, fragte er verdattert, denn
die Befragung eines Verdächtigen hatte er sich bisher immer anders vorgestellt.
Sebastian Hasenkrug wie auch der Kollege räusperten sich verlegen, während Ben
Winter amüsiert, wenn auch nach wie vor krächzend sagte: „Stellen Sie sich zu
uns, Herr Kommissar. Ich schwöre, Sie haben noch nie so was absolut Geiles
gesehen, wie die Ravensburger in Reizwäsche, die gerade meinen Bruder vögelt,
als gäb’s kein morgen mehr.“
Büttner sah sich die Szene auf
dem Bildschirm für einen kurzen Moment mit gerunzelter Stirn an, dann drückte
er den Aus-Knopf. „Licht an!“, brummte er ins Stockdunkel hinein. Im Nu war es
im Raum wieder taghell, und er konnte die hochroten Köpfe seiner Kollegen
bewundern, die vor lauter Verlegenheit kaum wussten, wohin sie ihren Blick
richten sollten. Nur Ben Winter verharrte in gleicher Position wie zuvor, die
Arme verschränkt vor dem Körper, ein Bein angewinkelt an die Wand gestellt, und
grinste. „Geile Nummer, oder, Herr Kommissar?“
„Ich sehe keinen Grund, diesen
Schweinkram auch noch hier im Besprechungsraum abzunudeln“, brummte Büttner und
funkelte Hasenkrug böse an.
„Es ... ähm ... dient der ... ähm
... Beweisaufnahme“, stammelte Hasenkrug unbeholfen, und der Rot-Ton seines Gesichts
legte um noch eine Nuance zu.
„Ist klar“, winkte Büttner ab.
„Angesichts dieser Aufnahmen gehe ich mal davon aus, Herr Winter, dass Sie es
waren, der die Kamera im Unterrichtsraum Ihres Bruders installierte.“
„Gut erkannt, Herr Kommissar“,
nickte Ben.
„Dann waren vermutlich auch Sie
es, die Frau Rabensberg in, na ja, etwas unappetitlicher Weise auf Facebook
eingestellt haben, richtig?“ Büttner hatte angesichts der Sachlage keine Lust,
noch lange um den heißen Brei herumzureden.
„Gepostet haben“, korrigierte ihn
Ben, ohne sein Grinsen einzustellen, „auf Facebook postet man, da stellt man
nichts ein. Und sicherlich meinen Sie Frau Ravensburger.“
Büttner musste wieder Willen
lächeln. Er konnte forsche junge Menschen gut leiden. Auch wenn ihm dieser Ben Winter
ein wenig zu forsch war. „Nun, dann würde ich mal sagen, Sie sollten sich bei
Frau Ravensburger schleunigst entschuldigen. Und dann werden Sie die
strafrechtlichen Konsequenzen tragen müssen. Aber das dürfte Ihnen ja klar
sein.“ Büttner machte eine kurze Pause, dann fügte er hinzu: „Und wenn Sie mir
jetzt noch sagen, dass Sie Ihren Bruder umgebracht haben, dann könnte ich für
heute Feierabend machen.“
„Sorry, Herr Kommissar, da muss
ich Sie leider enttäuschen“, erwiderte Ben mit gespielt zerknirschtem Gesicht.
„Warum hätte ich das tun sollen, wo er mir doch so geiles Material geliefert
hat. Pornos frei Haus. Wo gibt es das schon?“
„Er könnte Sie erwischt haben!“
Ben schüttelte den Kopf. „Ach,
Herr Kommissar, nun enttäuschen Sie mich aber. Wo bleibt denn Ihr logisches
Denken? Oder meinen Sie vielleicht, die Aufnahmen kurz vor seinem Tod hätte es
noch gegeben, wenn er die Kamera entdeckt hätte? Tststs.“
„Sie könnten Sie direkt vor dem
Mord ausgeschaltet haben. Ist ja schon ein wenig seltsam, dass der Mord selber
nicht mehr zu sehen ist, finden Sie nicht?“
„Tja, Herr Kommissar, was soll
ich sagen zur Unberechenbarkeit der Technik? Speicherkarten fragen nicht
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