Lustnächte
Mini-Cooper. Vielleicht sollte sie nach dem Besuch bei Mademoiselle Hélène eine kleine Fahrt durch die umliegenden Dörfer machen. Und später im Wirtshaus eine Kleinigkeit essen.
Sie setzte ihren Plan in die Tat um. Am frühen Nachmittag parkte sie den Wagen vor dem Wirtshaus in Rennes-le-Château. Auf dem zweiten Parkplatz stand ein Wagen mit bretonischem Kennzeichen. Sicher ebenfalls Touristen. Sie stieg aus und schlenderte hinein. Außer ihr gab es nur einen einzigen Gast. Eine ausgesprochen hübsche Frau saß an der Theke und unterhielt sich mit dem Wirt. Langes, blondes Haar reichte ihr fast bis zu den Hüften. Ihre endlos langen Beine steckten in modischen Overknees und ein schwarzer Mini bedeckte gerade das Nötigste. Ein wenig neidisch stellte Beatrix fest, dass die Fremde sich dieses Outfit durchaus leisten konnte. Als der Wirt Beatrix erkannte, begrüßte er sie erfreut.
„Welch ein glücklicher Zufall“, trompetete er. „Das erspart mir die Wegbeschreibung. Mademoiselle Serière sucht Sie und ihren Begleiter nämlich.“
„Mich?“, fragte Beatrix ungläubig. Sie kannte die Frau nicht.
„Nun, eigentlich suche ich eher nach Pierre, meinem Verlobten.“
„Wie bitte?“ Beatrix starrte die Frau an. „Ihr Verlobter?“
Die blonde Schönheit rutschte lasziv vom Barhocker und kam auf sie zu.
„Hat er Ihnen das etwa nicht erzählt? Wir werden in drei Wochen heiraten. Und der Gute darf sich noch einmal ausführlich bis dahin als Junggeselle aufführen. Allerdings scheint er es ein wenig zu übertreiben. Also habe ich beschlossen, einmal nachzusehen, wie lange das noch dauern soll.“
Das konnte doch nicht sein. Die Gaststube begann sich um Beatrix zu drehen. Pierre war verlobt. Pierre würde in drei Wochen heiraten. Hilflos griff sie nach einem der Stühle und ließ sich darauf fallen.
„Oh, ich sehe, er hat es Ihnen nicht gesagt. Nun, wie auch immer, dann wissen sie es jetzt. Wo steckt der Kerl eigentlich?“
Im Grunde war es Celine Serière reichlich egal, wo Pierre steckte. Hauptsache, er war nicht hier, um die Sache richtigzustellen. Sie wurde dafür bezahlt, überaus großzügig sogar, dass sie diesen Auftrag ausführte. Und ihr Auftrag lautete: Trenn die beiden und bring die Kleine allein zurück. Wozu das gut sein sollte, hatte sie nicht gefragt. Solange die Bezahlung stimmte, konnte es ihr egal sein. Und die überstieg ihr Salär als Stripperin um einiges. Sie hegte keinen Groll gegen Pierre. Die Nächte, die er mit ihr verbracht hatte, waren ausgesprochen unterhaltend gewesen. Allerdings fragte sie sich, was ein Mann wie er wohl an diesem Provinzpersönchen fand. Aber in Anbetracht der Bezahlung versagte sie sich jede noch so geartete Neugier. Und die Sache lief besser, als sie zu hoffen gewagt hatte. Ihre bloße Andeutung hatte die Kleine schon aus der Bahn geworfen. Hatte wohl nicht allzu viel Vertrauen zu Pierre. Wen wunderte es?
„Wusste er, dass Sie heute kommen würden?“, fragte Beatrix so leise, dass Celine sie kaum verstand.
„Nein“, antwortete sie wahrheitsgemäß.
Aber er musste es geahnt haben. Dieses nachdenkliche Schweigen seit gestern. Und die angekündigte Aussprache heute Abend. Er hatte es ihr heute sagen wollen. Ein Teil von Beatrix wollte es nicht glauben. Der realistische Teil ihres Ichs sagte allerdings, dass Pierre ein Macho war und ein ausgemachter Lügner. Das hatte er mehr als einmal bewiesen. Und sie dumme Schneegans war auf ihn hereingefallen. Wie hatte sie nur derart dumm sein können? Wütend wischte sie die Tränen fort, die sie nicht imstande war zurückzuhalten.
„Ich kann das nicht glauben“, stieß sie hervor.
„Nun, dann gehen Sie zu ihm zurück und lassen sich noch einmal die Taschen volllügen. An den Tatsachen ändert es nichts.“ Mademoiselle Serière schlug gekonnt die langen Beine übereinander und setzte ein mitleidiges Lächeln auf. „Sie sind nicht die Einzige, die auf ihn hereingefallen ist im Laufe der Zeit. Die Liste seiner Liebschaften ist schockierend lang. Ich hege durchaus Verständnisfür Ihre Lage. Pierre kann sehr charmant lügen. Und ich bin sicher, wenn Sie ihn zur Rede stellen, wird er einen ganzen Sack voller glaubwürdiger Ausreden erfinden.“
„Ich möchte sie mir nicht anhören. Könnten Sie mich wohl zum nächsten Bahnhof bringen?“
„Ich hätte einen besseren Vorschlag. Soweit ich weiß, steht Ihr Wagen noch in einer Werkstatt in Tréboul. Ich fahre Sie zurück. Dann können Sie ihn abholen und nach
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