Lustnächte
Schatzsuche konnte dann als beendet gelten. Und dann? Beatrix würde sich in ihr komisches kleines Auto setzen und möglicherweise für immer aus seinem Leben verschwinden. Allein der Gedanke machte ihn fertig. Er wusste genau, dass sie die Frau war, für die er sein Leben grundlegend ändern wollte. Ihm blieb nur die Flucht nach vorn. Doch er war niemand, der kopflos flüchtete. Die Sache wollte gründlich durchdacht werden. Nicht der Heiratsantrag. Dass er den Rest seines Lebens mit Beatrix verbringen wollte, war keine Frage. Lediglich die Formulierung seines Vorhabens bereitete ihm einige Schwierigkeiten. So etwas war ein bisschen heikel. Seine zarten Andeutungen in dieser Richtung hatte Beatrix jedes Mal vehement abgeblockt. Ihm sollte langsam etwas Erfolgversprechendes einfallen. Leider gab es keinerlei Erfahrungswerte. Er hatte nie Schwierigkeiten damit gehabt, Frauen den Himmel auf Erden zu versprechen. Allerdings nur für die Dauer weniger Stunden. Nicht für den Rest ihres Lebens. Das stellte schon eine größere Hürde dar. Und wenn er einen Korb bekam, würde das ohne Zweifel den letzten Rest seiner Würde zunichtemachen. Vielleicht könnte er ja einfach …
„Ich habe den Eindruck, du bist ein bisschen in dich gekehrt. Woran denkst du?“
Ihre Augen schienen bis auf den Grund seiner Seele schauen zu können. Konnten sie dort nicht einfach sehen, was er so dringend von ihr wollte?
„Los komm schon. Sag es mir.“
„Ich dachte daran, was Jean-Luc heute Abend gesagt hat“, log er. Feigling! Frag sie einfach.
„Die Sache mit dem Brunnenschacht?“
Wie viel einfacher war es doch, zu lügen. Kurzerhand verschob er sein eigentliches Anliegen auf morgen früh. Ja, der Zeitpunkt war bestimmt günstiger. Ganz früh, wenn sie noch verschlafen war. Zusammen mit ein paar ausgesuchten Zärtlichkeiten sollte das die Chancen auf ein Ja erhöhen. Und nichts anderes würde er akzeptieren. Oder besser doch erst morgen Abend. Um Fehler zu machen, blieb ihm nicht genug Zeit. Sein Heiratsantrag musste absolut wasserdicht sein.
„Ich bin der Meinung, er hat recht. Wir sollten uns die Sache gleich morgen ansehen“, erklärte Beatrix und kuschelte sich dicht an ihn.
„Liebling, ich denke, es ist sinnvoller, wenn Jean-Luc und ich allein da hinuntergehen. Es könnte gefährlich werden. Du könntest das Buch zu Mademoiselle Boudet zurückbringen, okay?“
Pierre spielte mit ihrem Haar. Er wickelte sich eine ihrer Locken um den Finger. Sie waren wie Seide.
„Willst du mich etwa nicht dabeihaben?“
„Das ist Unsinn. Ich halte es lediglich für zu gefährlich. Und außerdem hatte ich den Eindruck, dass du diese unterirdischen Stollen nicht wirklich magst.“
„Ach ja? Auf einmal?“
„Falls wir dort etwas finden, bist du die Erste, die es erfährt. Einverstanden?“
„Ja, schon gut. Ich werde zu Mademoiselle Hélène fahren“, maulte Beatrix. Überzeugt klang sie nicht.
„Braves Mädchen. Und egal, ob wir den Schatz morgen dort finden oder nicht, ich habe etwas Wichtiges mit dir zu bereden.“
„Worüber?“
„Morgen Abend. Nicht jetzt.“
Pierre zog sie an sich und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Bis dahin sollte er endlich genug Mut zusammengekratzt haben, um ihr einen Antrag zu machen.
Nachdem Pierre und Jean-Luc am Morgen nach Carcassonne aufgebrochen waren, um sich die benötigte Ausrüstung zu besorgen, packte Beatrix Mademoiselle Boudets Buch ein und machte sich auf den Weg nach Rennes-les-Bains. Pierre war noch immer einwenig wortkarg gewesen und sie fragte sich langsam, ob dies allein an Jean-Lucs Anwesenheit liegen konnte. Vielleicht sollte sie ihn doch einmal grundsätzlich danach fragen. Dass er sie bei der heutigen Exkursion nicht hatte dabeihaben wollen, wunderte sie schon. Bisher hatte er sie nur ungern aus seiner Nähe gelassen. Die unterirdischen Stollen waren ihr tatsächlich nicht geheuer. Aber das hatte ihn bis jetzt auch in keiner Weise interessiert. Was meinte er damit, er hätte heute Abend etwas mit ihr zu bereden? War etwas vorgefallen? Nur was, um alles in der Welt? Auf die Idee, dass Pierre an einem Heiratsantrag feilen könnte, kam sie nicht. Sie schob ihre Grübeleien zur Seite und genoss die kurze Fahrt in Jean-Lucs Cabriolet. Sie wusste es durchaus zu schätzen, dass er ihr seinen geliebten Oldtimer überlassen hatte. Das schwarze Leder im Innenraum roch noch immer wie neu und der Turbosound war unnachahmlich. Ein unglaubliches Fahrgefühl. Ganz anders als ihr
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