Lustnebel
landet im Topf“, erwiderte sie, machte kehrt und wandte sich dem Herd zu. „Bereite Euch daraus ein Dinner, Mylord Dämon.“
„Die gute Myrtle ist ein wenig seltsam, aber harmlos“, erklärte Chayton Rowena, die sich Hilfe suchend bei ihm eingehakt hatte. Sie starrte ihn irritiert an.
War sie in einer Irrenanstalt gelandet? Rowena mochte gar nicht darüber nachdenken. Ein missgebildeter Butler und eine geisteskranke Köchin. Konnte es noch schlimmer kommen? Sie hoffte inständig, dass die anderen Dienstboten allenfalls Faulheit als Makel besaßen.
Chayton führte sie über die schmale, knarrende Dienstbotentreppe hinauf in den ersten Stock. Auch dort war es schmutzig und verwahrlost, doch nicht in dem Maße wie in der Halle.
„Die anderen Dienstboten sind hoffentlich nicht ganz so ungewöhnlich wie Cain und Myrtle?“, äußerte sie schüchtern.
Chayton, der gerade die Tür zu einem Schlafzimmer öffnete, wandte sich ihr zu und warf ihr einen undeutbaren Blick zu. „Gewiss nicht“, gab er zur Antwort. und Rowena atmete erleichtert auf. „Es gibt keine weiteren Dienstboten.“
Rowena stieß zischend Luft aus.
„Warum?“, begehrte sie zu wissen, als sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte.
Chayton zuckte mit den Schultern und schob sie in das Schlafgemach. Zu Rowenas großer Erleichterung war wenigstens dieser Raum sauber und aufgeräumt. Offensichtlich legte jemand Wert darauf, die Privatgemächer in Ordnung zu halten. Rowena steuerte die Verbindungstür an und öffnete sie, ehe Chayton sie zurückhalten konnte. Sie machte einen Satz rückwärts, als sie das Chaos in diesem Raum erkannte. Das Gemach der Marchioness war ebenso wüst wie die Halle, und zudem blies durch die vernagelten Fenster der kühle Abendwind. Rowena presste ihre Hand vor den Mund und drängte die Tränen zurück, die nun in ihr aufstiegen und sich nicht mehr zurückhalten ließen. Heiße Tropfen rollten über ihre Wange und den Handrücken. Sie versuchte, ihre Gefühle zu sortieren, doch sie merkte, dass es ihr nicht gelang und dass sie es auch nicht wollte. Rowena wirbelte herum und blitzte Chayton aufgebracht an. „Du verschleppst mich hierher in diese Ruine inmitten der Wildnis und erwartest, dass ich hierbleibe? Hältst du mich für schwachsinnig? Ich will nach London zurück!“ Chayton ließ die Taschen zu Boden plumpsen.
„Auf keinen Fall“, bestimmte er.
„Für wen hältst du dich? Ich bin deine Ehefrau, nicht deine Gefangene!“
„Ein Umstand, der sich ändern lässt“, gab Chayton ruhig zur Antwort.
Rowenas Verzweiflung explodierte. Eine Scheidung? Sie wäre ruiniert! Ihr Ruf dahin, und das nur, weil sie nicht umsichtig genug gewesen war und so in dieses ganze Schlamassel gestürzt war.
„Du bist eindeutig hysterisch“, fuhr Chayton fort. Dafür, dass er kein Engländer war, hatte er sich die männlich-englische Überheblichkeit gut einverleibt. Seine Züge spiegelten jene Herablassung, die jeder Ehemann der, in seinen Augen, hysterischen Gattin zukommen ließe. Er kehrte auf dem Absatz um und eilte aus dem Raum. Verwirrt starrte Rowena auf die zuschlagende Tür und riss die Augen auf, als sie hörte, wie der Schlüssel von außen im Schloss herumgedreht wurde.
Sie machte einen Satz zur Tür und rüttelte an der Klinke. Chayton hatte sie eingesperrt! Er hatte nicht von Scheidung gesprochen, sondern von Geiselhaft! Dieser barbarische Tyrann! Rowena verschränkte ihre Arme vor der Brust und fixierte die Tür mit einer Mischung aus Zorn und Unglauben. Chayton konnte sie nicht ewig gefangen halten, und dann wäre der Moment für ihre Rache gekommen. Er würde dafür büßen, dass er sie eingesperrt hatte, und sie würde sich eine Strafe ausdenken, die der Tat angemessen war. Er würde bereuen, was er ihr angetan hatte. Bitter bereuen.
Rowena hatte ihre Taschen ausgepackt, als ihr klar wurde, dass sie nicht entkommen konnte und dass auch keine Zofe oder sonstige Dienstboten als Unterstützung auftauchen würden. Nun saß sie am Fenster und stickte. Gelegentlich warf sie finstere Blicke nach draußen, in der Hoffnung, Chayton möge zu ihr hinaufsehen und aufgrund ihrer Wut zur Salzsäule erstarren. Oder Mitleid bekommen und sie befreien. Stattdessen beschäftigte er sich damit, Stangen in die Erde zu rammen und darüber Planen und Decken auszubreiten, bis das Gebilde fest und sicher auf dem Rasen stand.
Rowena ließ ihr Stickzeug sinken und beobachtete Chayton und seine Bemühungen interessiert. Sie fragte
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