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Lustnebel

Lustnebel

Titel: Lustnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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die finanziellen Mittel der Cuthberts nicht. Vielleicht waren sie lange nicht so wohlhabend, wie es schien, und die verletzte Haushälterin eine Ausrede, um vor dem begüterten Gast nicht als ärmlich zu gelten. Vielleicht aber hatte sich Alice Cuthbert als unangenehme Arbeitgeberin erwiesen, sodass ihr die Dienstboten davonliefen. Auch das hielt Rowena für möglich.
    Sie ließ sich auf einem der Sessel nieder und wartete auf Alices Rückkehr, während sie durch das Fenster in den Garten hinaussah. Ein Luftzug streifte ihren Nacken, den sie nicht weiter beachtete.
    Rowena erschrak, als Alices Stimme sie aus ihren Tagträumen riss.
    „Wilson, mein Lieber, hier steckst du.“
    Rowena fuhr herum und sah einen stämmigen Herrn mit weichen Gesichtszügen und gezwirbeltem Schnauzer neben sich stehen. Verwirrt musterte sie ihn und Alice. Sie hatte nicht gehört, dass Wilson Cuthbert hereingekommen war.
    Er trug eine gestreifte Weste und ein weißes Hemd zu schwarzen Hosen. In seiner Hand hielt er etwas, das er beinahe schuldbewusst in seine Hosentasche stopfte. Er verneigte sich vor Rowena und nahm ihre Hand zum Handkuss entgegen.
    „Lady Windermere, welch unvergleichliches Vergnügen, Euch in unserem Heim begrüßen zu dürfen.“ Seine Lippen waren feucht und schwammig. Rowena widerstand dem Impuls, sich den Handrücken an ihrem Rock abzuwischen.
    „Mr. Cuthbert, erfreut, Euch kennenzulernen. Eure Gemahlin war so freundlich, mich einzuladen“, begrüßte sie den Hausherrn.
    Er ließ sich ihr gegenüber in einen Sessel sinken. Dabei warf er seiner Gattin einen fast herausfordernden Blick zu, den Rowena nicht einzuordnen wusste.
    Alice stellte das Tablett auf den Tisch, schenkte aus einer einfachen Teekanne Tee in eine Tasse und reichte Rowena den Tee.
    „Vielen Dank, Mrs. Cuthbert.“ Rowena schnupperte am Tee und trank einen Schluck.
    „Oh, bitte, nennt mich Alice“, forderte Mrs. Cuthbert sie auf. Sie blinzelte und lächelte freundlich.
    Rowena machte eine bejahende Kopfbewegung. „Mit Vergnügen, Alice, aber Ihr nennt mich dann bitte Rowena.“
    Alices Strahlen verstärkte sich. „Sehr gerne, liebe Rowena“, stimmte sie zu. Sie reichte Wilson Tee und setzte sich auf einen Sessel zwischen ihren Gast und ihren Gemahl. „Wart Ihr erfolgreich mit der Suche nach Arbeitskräften, Rowena?“, erkundigte sie sich, während sie in ihrer Teetasse herumrührte.
    „Allerdings. Mein Gemahl und ich können uns wahrlich nicht beschweren“, erzählte Rowena höflich.
    Wilson richtete sich interessiert auf. „Genau, Euer Gemahl, warum habt Ihr ihn nicht mitgebracht? Ihr schämt Euch seiner hoffentlich nicht?“ Er lachte dröhnend.
    Irritiert sah Rowena ihn an und lächelte doch, da sie nicht wusste, wie sie mit der dreisten Bemerkung umgehen sollte.
    „Mein Gemahl ist ein viel beschäftigter Mann“, erwiderte sie steif.
    Alice legte ihre Hand auf Rowenas Arm. „Seid nicht verärgert, Wilson meinte es nicht böse.“ Sie sah zu ihrem Gatten. „Nicht wahr, Wilson?“
    Wilson verzog die Lippen zu einem amüsierten Grinsen. „Selbstverständlich nicht, Lady Windermere. Es lag nicht in meiner Absicht, Euch zu kränken.“
    Rowena nickte zurückhaltend. Falls Wilson Cuthbert sich einen Scherz hatte erlauben wollen, hatte er wahrlich den falschen Ton angeschlagen.
    „Wie lang seid Ihr schon im Lake District?“, wollte Alice wissen. Ihre blauen Augen fixierten Rowena neugierig.
    „Ein paar Wochen“, antwortete sie.
    “Dann habt Ihr gewiss einiges von diesem Fleckchen Erde gesehen. Es ist einfach wunderschön hier. Ihr werdet eher sterben, als von hier fortzugehen“, schwärmte Alice.
    Rowena bejahte lächelnd und lehnte sich zurück, um gleich darauf in ihre alte Stellung zurückzukehren. Die Lehne des Sessels bewies, dass nicht alles, das bequem wirkte, auch dieser Einschätzung gerecht wurde. Sie musterte Alice. Das Kropfband um ihren Hals harmonierte mit ihrer Augenfarbe, und das weiße Regencykleid betonte ihre Schlankheit auf aparte Art und Weise. Sie fragte sie, was Alice an dem plumpen Wilson fand, denn dass sie einander zugetan waren, erkannte Rowena an den Blicken und Gesten, die sich Alice und Wilson zuwarfen.
    „Wie lange seid Ihr verheiratet?“
    Wilson, der eben noch auf dem Sofa lümmelte, straffte sich und warf Alice einen fragenden Blick zu, so als wüsste er es nicht genau. Oder als wollte er um Erlaubnis bitten. Der Gedanke tauchte spontan in Rowenas Kopf auf und schien ihr so abwegig, dass sie ihn

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