Lustschmerz
sich neben ihr zurecht, sodass sie nun Schulter an Schulter saßen. »Haben Sie bestanden?«
Samira nickte. »Mit Auszeichnung!« Sie war stolz auf sich und ihre Leistung, und das durfte auch jeder hören.
»Glückwunsch! Welche Branche?«
»Hotelfach.« Samira versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie seine Anwesenheit und Nähe genoss.
»Hotel, aha …« Er zog an seiner Zigarette und die Glut ließ sein Gesicht kurz rot aufleuchten. »Das ist kein Zuckerschlecken.«
Sie nickte. »Aber das macht mir nichts aus.«
Langsam wurde es kühl und Samira fröstelte. Unauffällig strich sie sich über ihre nackten Arme.
»Oh …« Baxter richtete sich auf und zog seinen Blazer aus, um ihn ihr über die Schultern zu legen. »Wie unhöflich von mir. Besser?«
Samira lächelte ihn dankbar an. Für einen warmen Ballsaal war ihr knappes Outfit sicher geeignet und passend. Doch hier draußen an der frischen Luft eines Frühlingsabends waren eine Samtkorsage, feine Strümpfe und Stiefel nicht die beste Wahl.
»Fein, dann können wir noch etwas zusammensitzen.« Er trat seine Zigarette aus und sah kurz in die Dunkelheit des Gartens. »Und, was haben Sie jetzt vor? Ich hoffe, ich bin nicht zu neugierig …« Er schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln.
»Nein, sind Sie nicht«, antwortet Samira leise. Allerdings war sie sich selber noch nicht darüber im Klaren. Die Ausbildung war beendet und sämtliche Bewerbungen im Sand verlaufen. Zu allem Überfluss hatte sie auch noch eine langjährige Beziehung beendet. Sie saß in einem Loch, das tiefer als ein Hasenbau war. Wahrheitsgemäß zuckte Samira mit den Schultern. »Erst mal mache ich eine Pause«, sagte sie leise, »um wieder ein wenig Kraft zu sammeln.«
»Sie klingen aber nicht sehr zufrieden«, bemerkte Baxter. »Woran mag das liegen? Eine fleißige, junge und, wie ich bemerken darf, äußerst hübsche Frau wie Sie, dürfte sich doch wohl vor Angeboten kaum retten können, oder?«
Bevor Samira es verhindern konnte, hatte sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel gelöst und lief die Wange hinunter.
Sanft wischte er die Träne weg. »Da hab ich wohl in ein Wespennest gestochen.« Sein leises Lachen klang sehr beruhigend für Samira und die kleine Geste nahm sie für ihn noch mehr ein.
»Es gab da noch eine Beziehung …« Sie wunderte sich über sich selbst, denn normalerweise gab sie nicht so viel von sich Preis, weder beim ersten Kennenlernen noch später. Sie wollte keine skeptischen Blicke ernten oder sich dafür rechtfertigen, dass sie so war, wie sie war. Sie trauerte der Beziehung, wie sie es offiziell nannte, wirklich hinterher, denn es war nicht diese typische Beziehung »Frau trifft Mann – beide verlieben sich – beide ziehen zusammen«.
Für Samira war dieses Verhältnis die Erfüllung ihrer Wünsche: Er war ihr Herr gewesen und sie seine Sklavin. Genau das war sie. Draußen vor den Türen zeigte sie sich als junge aufstrebende Karrierefrau und dahinter aber als devote und masochistische Sklavin, die es liebte, sich nackt präsentieren zu müssen.
Ihr Herr war wesentlich älter als sie, genau wie Baxter, bemerkte Samira schmunzelnd. Doch dann dachte sie daran, wie lange das schon zurücklag und wie weh es ihr tat, dass sie diese Art der Lust nicht mehr empfinden konnte.
Zunächst war er nur Gast ihres Hotels, wie jeder andere auch. Dann kam er andauernd wieder und immer häufiger sprachen sie miteinander. Samira erfuhr, dass er eine Professur an einer der hiesigen Universitäten innehatte. In ihren Gesprächen ermutigte er sie, ein paralleles Studium zu beginnen. Von Anfang an unterstützte er sie wesentlich mehr, als andere Studenten.
Samira hatte seine Art bewundert, wie er mit ihr umgegangen war. Höflich, aber bestimmt. Verehrend, aber nicht zu sehr. Dominant, aber nie unüberlegt oder aufdringlich.
Sie verliebte sich in ihren Professor. Ihr erstes geheimes Date hatte sie überglücklich gemacht. Die Gespräche danach offenbarten ihr sein Innerstes und sie stellte fest, dass es genau das war, wonach sie gesucht hatte. In ihren Freundschaften mit Gleichaltrigen hatte sie dieses gewisse Etwas immer vermisst. Auch wenn sie bis dato nicht in der Lage gewesen war, dieses Etwas zu benennen. Ihr Professor hatte es. Er konnte sie führen, in allen Lagen des Lebens. Sie war durchaus fähig, Entscheidungen zu treffen. Doch in einer Beziehung wollte sie dies nicht. Da wollte sie jemanden, der ihr in ihrem Denken ähnlich war, denn oft war sie mit
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