Lustschreie
Illusion unendlicher Weite. Gleißende Scheinwerfer, die auf die Wasseroberfläche ausgerichtet waren, täuschten Sonnenstrahlen vor. Und inmitten dieser glitzernden Fluten schwebten die makellosen Körper zweier Meeresgeschöpfe, die einen Liebesreigen tanzten.
Die Wirkung war perfekt.
So unvermittelt die Bilder auf dem Monitor entstanden waren, so plötzlich war der Zauber wieder vorbei. Die beiden Darsteller mussten auftauchen, um Atem zu holen. Marie ließ sich weder vom Plantschen an der Wasseroberfläche noch von den Kommentaren ihrer Mitarbeiter ablenken, die die kurze Pause nutzen, um Veränderungen an der Beleuchtung und der Kameraeinstellung vorzunehmen. Wenige Augenblicke später übertrug der Monitor die nächsten Bilder von gleitenden Bewegungen, verschlungenen Gliedern und wehendem Haar. Atemlos starrte Marie auf den Bildschirm. ‹Perfekt›, dachte sie. ‹Der Werbespot wird ein Riesenerfolg.› Sie war überaus zufrieden mit dem Ergebnis der wochenlangen Vorbereitungen und konnte sich nun entspannt zurücklehnen, um die ganze Szenerie zu betrachten. Nach einer Stunde regelmäßiger Tauchgänge brauchten die beiden Wassergeschöpfe dringend eine Erholung. Als sie aus dem Becken stiegen, stand schon ein weiteres Kamerateam bereit, das ein so genanntes Making-Of filmte. Aufnahmen hinter den Kulissen und Interviews mit den Beteiligten sollten einen Eindruck von der Entstehung des Films und dem Profil des Fernsehsenders vermitteln und später ebenfalls im Programm zu sehen sein. Gerade rechtzeitig sah Marie, wie der Kameramann sie heranwinkte. Neben ihrer eleganten Erscheinung wirkten die beiden Models an Land, in dicken Bademänteln, mit Handtüchern um den Kopf wie unbeholfene Käfer. Marie stellte ihnen vor laufender Kamera einige Fragen, ließ sie von ihren Empfindungen unter Wasser berichten und quittierte die taxierenden Blicke des jungen Athleten mit einem spöttischen Lächeln. Das Team war zufrieden und zog weiter, um die Techniker zu befragen.
«Waren wir gut?» Der in Frotte eingehüllte Mann sah sie erwartungsvoll an.
«Ja. Die Bilder sind sehr überzeugend. Jetzt müssen wir mal abwarten, was der Cutter im Schneideraum daraus zaubert.»
«Und unsere Körper? Waren die nicht zu nackt?»
Marie blickte ihm verblüfft in die Augen. Auf die Nacktheit der beiden hatte sie überhaupt nicht geachtet. Ihr Augenmerk hatte allein der Gesamtkomposition von Farben und Bewegungen gegolten.
«Ich meine, konnte man irgendwas erkennen?»
Marie lachte amüsiert auf. «Keine Angst, dein Ruf wird nicht angekratzt. Am Ende werden nur eure Oberkörper zu sehen sein. Und deine Brüste», sie nickte dem Mädchen zu, «sind von den wirbelnden Haaren verdeckt.»
Marie drehte sich um. Die Enttäuschung in seinen Augen hatte sie nicht mehr bemerkt, wohl aber ihr Assistent, der ihr nun mit eiligen Schritten folgte.
«Mensch, Marie. Nun gönn ihm doch die Eitelkeit. Oder hast du wirklich nicht gesehen, was der Junge zwischen den Beinen zu bieten hat?» Er grinste seine Chefin frech an.
«Da, sieh mal genau hin.» Er zeigte auf den Bildschirm, auf dem die soeben wieder eingetauchten Körper der Models erschienen.
«An meinen reicht der zwar nicht heran, aber der ist doch ganz ordentlich für so ‘nen jungen Kerl.»
«Angeber!» Marie lächelte und knuffte ihren Mitarbeiter in die Rippen. «Du kannst dir noch so viel Mühe geben, ich geh trotzdem nicht mit dir aus.» Sie wühlte in ihrer Aktentasche, um zu verbergen, dass sie ihren Blick neugierig auf die Körpermitte des im Wasser treibenden Mannes richtete. Jetzt erst bemerkte sie, dass er sich tatsächlich sorgfältig rasiert hatte – überall. Sein Schwanz wirkte ohne die Behaarung sehr lang und kräftig. Die prallen Hoden formten zwei gleichmäßige Kugeln. Marie ertappte sich bei dem Gedanken, wie groß er wohl erigiert aussehen würde, aber schon musste der Junge wieder auftauchen.
Die nächsten Stunden zogen sich zäh dahin. Die Aufnahmen wurden endlos wiederholt, um das unter Wasser turtelnde Paar von allen Seiten und Winkeln ablichten zu können. Für den späteren Schnitt mussten die Bilder perfekt sein. Weit nach Mitternacht gab sich der Produktionsleiter endlich zufrieden. Die Models konnten vor Erschöpfung kaum noch allein aus dem Bassin steigen. Das Studio war überhitzt von den großen Scheinwerfern, aber es lag immer noch eine flirrende Anspannung in der Luft, die alle Beteiligten auf den Beinen
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