Lustvolles Erwachen
werden mussten. Der einzige Trost war, dass Grace Kates Dienstmädchen Lizzy zu ihrer neuen Zofe machen konnte. Sie erklärte ihren Bediensteten, dass Lizzys kleine Tochter ebenfalls willkommen war. Seltsamerweise gewöhnte der Affe Mr. Pitt es sich an, wie ein Hund das Baby zu bewachen, was jeden im Haus entzückte.
Grace weigerte sich allerdings, eines zu tun: Sie ließ Schroeder nicht wieder in ihren Haushalt zurückkehren. Nicht einmal, nachdem sie von Diccan per Post eine Anordnung bekommen hatte. Sie schrieb zurück.
Du musst schon zu Hause sein, um mit mir über meine Dienstboten zu diskutieren. Viel Spaß bei den Pferderennen.
Am nächsten Tag bat sie Kit Braxton, Recherchen über ihre Verfolger anzustellen. Er teilte ihr mit, dass es sich um Agenten der Regierung handele, die geschickt worden seien, um sie zu beschützen. Sie nickte, aber die Antwort beruhigte sie nicht. Irgendetwas an der Geschichte kam ihr eigenartig vor. Ihre Beobachter wirkten zu … beiläufig. Und dann, an ihrem dritten Tag in London, glaubte sie, die Antwort gefunden zu haben. Sie machte einen Ausritt im Park und stellte sich vor, nicht in London zu sein, als sie ihren Onkel Dawes erblickte.
»Wo ist denn deine schöne Stute?«, erkundigte er sich. Sein Backenbart sträubte sich, als er sein riesiges graues Schlachtross zum Stehen brachte.
»Auf dem Land, wo sie genug Auslauf hat«, erwiderte Grace und lenkte ihren ansehnlichen schwarzen Wallach namens Barney, der Kate gehörte, neben ihn.
Sie hatte gewusst, dass sie ihrem Onkel eines Tages gegenübertreten müsste. Sie hätte sich nur gewünscht, es noch ein bisschen hinauszögern zu können.
»Wir müssen ungestört reden«, bellte der General und warf dem mondgesichtigen George, der Grace bedächtig auf einem schwerfälligen Braunen folgte, einen misstrauischen Blick zu.
»George ist der Inbegriff an Diskretion«, sagte sie und verkniff es sich, Onkel Dawes zu erzählen, dass Kates Stallbursche die Intelligenz eines Kleinkindes hatte.
Der General warf noch einen Blick zu George, ehe er sich wieder Grace zuwandte. »Und, mein Mädchen? Wie hast du dich entschieden?«
»Es tut mir leid, Onkel Dawes«, sagte sie und bedauerte wirklich, dass sie ihn enttäuschen musste, »ich werde meinen Mann nicht hintergehen.«
Einen Moment lang fürchtete sie um seine Gesundheit. Er wurde dunkelrot und so aufgeregt, dass sein Pferd erschrocken zurückwich. »Nach allem, was du gesehen hast?«
Sie wurde noch trauriger. »Wie hast du mich an diesen Ort bringen können?«, fragte sie leise. Der Schmerz saß noch immer tief. »Wie konntest du zulassen, dass ich mir das ansehen muss?«
Er polterte los, und sein Gesicht wurde noch röter. »Es war zu deinem eigenen Besten«, knurrte er. »Du musstest wissen, was er ist.«
»Ich weiß, was er ist, Onkel Dawes. Er ist alles andere als perfekt. Doch er ist kein Vaterlandsverräter.«
Der General beugte sich vor und packte Grace am Arm. Seine Miene wirkte ehrlich erschüttert. »Ist dir nicht klar, dass du dich selbst in Gefahr bringst? Er muss aufgehalten werden, mein Mädchen.«
Sie hob ihre freie Hand und tätschelte seine. »Aber nicht von mir.«
Er schüttelte weiter den Kopf, den Blick ins Leere gerichtet, die Stirn gerunzelt. Grace tat es leid, dass sie ihn so ernüchtern musste. Sie wusste, dass er es niemals verstehen würde. Seiner Meinung nach hatte sie ihn enttäuscht.
»Du weißt nicht, was du getan hast«, sagte er wie zu sich selbst. »Du weißt es einfach nicht.«
»Arbeitet der Mann wirklich für das Innenministerium?«, fragte sie und hatte mit einem Schlag seine Aufmerksamkeit. »Mr. Carver?«
Der alte Mann zog seine Hand zurück. »Jetzt beschuldigst du mich zu lügen?«
»Nein. Ich will dich nur warnen, dass vielleicht nicht alles so ist, wie es scheint.« Und als sie in sein liebes, vertrautes Gesicht blickte, das vor Sorge angespannt war, fasste sie den Entschluss, ihm von den Britischen Löwen zu erzählen. Onkel Dawes war der Typ Mensch, den sie täuschen könnten, und sie könnte es nicht ertragen zu sehen, dass man ihm wehtat. »Bist du dir ganz sicher, dass Mr. Carver derjenige ist, der er vorgibt zu sein?«, fragte sie ihn schließlich.
Einen Moment lang machte er ihr Angst. Seine Augen wirkten leer. »Bist du dir sicher, dass dein Ehemann es ist? Hast du dich je gefragt, woher er sein Geld hat? Sein Vater hat ihn vor zehn Jahren verstoßen und unterstützt ihn seitdem nicht mehr.«
»Ja, das habe ich
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