Lustvolles Erwachen
Sein Herz schlug schneller. »Du?«
Sie nickte. »Ein Mensch, der sozusagen in der Kavallerie groß geworden ist, muss sein Vieh kennen. Meine Epona würde haargenau zu Gadzooks passen.«
»Sag nichts – sie hat ein fürchterliches Hohlkreuz und ist auf einem Auge blind.«
Wieder lachte Grace leise, und Diccan konnte nicht anders, als zurückzulächeln. »Sie ist eine robuste schwarze Schönheit, die mein Vater mir in Spanien zum Geburtstag gekauft hat. Kennst du Andalusier?«
Diccans Herz hätte beinahe einen Schlag lang ausgesetzt. Ob er Andalusier kannte? Seit Jahren wünschte er sich ein solches Pferd – mit diesem großartigen gebogenen Hals, der muskulösen Brust und den klugen Augen. »Aber ohne das Einverständnis des Königs dürfen echte Rassepferde nicht aus Spanien hierhergebracht werden.«
Sie lächelte verschmitzt. »Mein Vater hat den Großteil der königlichen Herde vor der Einberufung zu den Französischen Dragonern gerettet. Der König war ihm sehr dankbar.«
Eine Andalusierstute. Diccan lief das Wasser im Mund zusammen. Gadzooks würde vor Freude sterben.
Er riss sich aus seinen Grübeleien. »Wir werden sehen, meine Liebe, wir werden sehen. Jetzt muss ich mich erst mal darauf konzentrieren, einen übergewichtigen Jungen im Auge zu behalten, damit er nicht unbeabsichtigt einen wichtigen Vertrag vermasselt.«
Er dachte, sie würde zurückweichen und verschwinden. Stattdessen trat sie zu ihm und zupfte seinen Mantel zurecht. Dann klopfte sie ihm kurz auf die Brust. »Ich werde zu tun haben, während du weg bist. Ich brauche eine Zofe, Garderobe und eine Liste von Häusern, die zum Verkauf stehen und die ich mir ansehen kann.«
Einen gefährlichen Moment lang musste er gegen den Drang ankämpfen, dort stehen zu bleiben, wo er war. Etwas an ihrem familiären Abschied weckte in ihm den Wunsch, sie zu umarmen.
Bevor er der Versuchung erlag, trat er mit einem knappen Nicken einen Schritt zurück. »Ich habe mich um eine Zofe für dich gekümmert. Sie kommt heute an. Was den Rest betrifft, warte auf Kate. Ich vertraue ihrem Geschmack. Sie hat ein sicheres Auge für so etwas.«
Grace wurde still. Plötzlich verunsicherte das Schweigen Diccan. »Weißt du«, sagte sie leise, »es gibt einen Unterschied zwischen einer Vorliebe und der Notwendigkeit.«
Er ertappte sich dabei, wieder zu blinzeln. »Wie bitte?«
Doch sie war bereits auf dem Weg ins Hotel. »Eine schöne Reise wünsche ich dir, Diccan. Pass auf dich auf.«
Allein auf der Straße, versuchte Diccan noch immer, seine unbegreifliche neue Frau zu verstehen, als Gadzooks ihm einen Stoß versetzte. »Ja, also gut. Lass uns losreiten.« Diccan funkelte sein Pferd an. »Wenn es dir nichts ausmacht, dass ich auf dir Platz nehme.«
Gadzooks schnaubte, und Diccan schoss es unwillkürlich durch den Kopf, wie sehr ihn das an Biddles Schniefen erinnerte.
Es wäre leichter für Grace gewesen, wenn Diccan nicht so schnell nach ihrer Ankunft verschwunden wäre. Oder wenn er nicht so erleichtert ausgesehen hätte, dass er gehen konnte. An dem Abend, als sie das Pulteney erreicht hatte, war sie schon aufgeregt genug gewesen. Selbst die Fürsorge der erstklassigen Bediensteten hatte sie nicht beruhigen können, auch wenn sie ihre körperlichen Schmerzen gelindert hatten. Der Arzt hatte erklärt, ihre Wunde sei nicht so dramatisch, und die Dienstmädchen hatten ihr geholfen, ungefähr drei Pfund Schlamm aus ihrem Haar zu waschen. Sie hatte durchgeschlafen und war dann bereit gewesen, sich der Aufmerksamkeit ihres Mannes zu widmen. Aber er hatte sich bereits im Aufbruch befunden.
Sie kannte ihre Pflicht. Sie versuchte, ihn voller Mitgefühl und Unterstützung zu verabschieden, und er bedankte sich dafür, indem er ihren Geschmack, ihr Urteilsvermögen und ihre Fähigkeiten infrage stellte. Die Enttäuschung wurde unvermeidlich zu Wut, und sie verbrachte den ersten Tag damit, seine edle Abstammung in sechs Sprachen anzuzweifeln.
Und um alles noch schlimmer zu machen, erschien ihre neue Zofe. Als Grace Barbara Schroeder die Tür aufmachte, nahm ihr ohnehin schon schwaches Selbstbewusstsein noch weiter ab. Die Frau sah eher wie eine Zofe aus als Grace wie die Gattin eines Diplomaten. Dem Jugendalter schon entwachsen, war Barbara Schroeder kurvig, blond und mit großen blauen Augen gesegnet, in denen immer ein Lachen zu stehen schien.
»Mein Ehemann hat Sie angestellt?«, war die einzige Frage, die Grace einfiel.
»O ja, Ma’am«, antwortete
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